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  • JossB

142 Beiträge seit 12.12.2015

Recht auf Privatkopie hier relevant?

Zunächst mal vorweg: Ich persönlich finde, dass es (auch moralisch) völlig OK ist, solche Streamripping-Services zu nutzen und anzubieten.

Aber ich bin mir nicht sicher ob das rechtlich noch in den Komplex Privatkopie fällt.

Privatkopie bezieht sich eigentlich auf das Werk, und das Werk ist bei YouTube immer ein Filmwerk, und bei Filmwerken sind urheberverwertungsrechtlich Ton- und Videospur untrennbar verbunden, auch wenn Einzelteile für sich auch urheberrechtlichen Schutz genießen. Wenn ich also das Werk runterlade, also das Video, z.B. mit YouTubeCenter oder einer Desktop-Software, dann ist das eine Privatkopie, die nach deutschem Recht völlig in Ordnung und sogar ausdrücklich erlaubt ist. Selbst wenn es einen Kopierschutz gäbe, und ich den aushebelte, wäre das, obwohl verboten, für den Privatgebrauch nicht strafbewehrt. Was ich dann damit mache, ist mein Bier, was aber in diesem Fall klar wäre: Konverter-Software starten, Download-Video laden, Tonspur in MP3 o.ä. konvertieren. Feddich abputzen. Musikindustrieverbände können mich mal.

Was aber, wenn ich von vorne herein nur die Tonspur will? Und das dann auch so mache, z.B. mit so einem YT2MP3-Service? Dann ist das ein Eingriff in das Werk, was m.E. keine Privatkopie mehr ist: Es ist mehr als nur eine format-technische Umwandlung, denn letzteres wäre z.B. MP4-Video zu AVI-Video o.ä. Hier wird ein urheberrechtlich relevanter Teil des Hauptwerkes extrahiert, was bei Filmwerken mit Standard-Copyright definitiv verboten ist, dann auch noch eine nicht genehmigte Kopie gemacht, dann auch noch ein Download usw. Das ist m.E. der Ansatzpunkt für eine erfolgreiche Klage.

Doch auch da gibt es Probleme: denn es gibt Videos auf YouTube, die unter freier Lizenz veröffentlicht sind, teilweise gemeinfrei, mit freier Musik usw., und wenn ich die haben will, dann kann ich mir natürlich auch nur den Tonspur-Teil des Werkes greifen, und dafür sind solche YT2MP3-Services genau richtig. Nur weil man damit auch (vermeintliche) urheberrechtliche Verstöße begehen kann, heißt das noch lange nicht, dass man gleich den ganzen Service verbieten muss. Oder soll man etwa auch Torrent-Client-Software verbieten? Das wäre lächerlich.

Weiterhin ist auch die Schöpfungshöhe eines Videos wichtig: Wenn ich mir in einem VEVO-Kanal das offizielle Musikvideo eines Songs anschaue, und daraus nur die Tonspur rippe, dann ist das ein Eingriff in das Werk, und somit m.E. nicht von der Privatkopie gedeckt. Aber was ist mit den I-do-not-own-the-copyright-to-this-song-no-infringement-intended-Lyrics-Videos, die von Nutzern unerlaubt hochgeladen werden? Da fehlt die Schöpfungshöhe für ein Filmwerk, und urheberrechtlich relevant ist da nur die Tonspur. Wenn ich daraus die Tonspur als MP3 rippe, kann man schwerlich von einem Eingriff in das Werk reden, und damit wäre es wiederum erlaubt im Rahmen der Privatkopie. Gut, man könnte noch argumentieren, dass man als Nutzer hätte wissen können (müssen?), dass es sich bei einem solchen Video um eine illegale Quelle handelt, also das Recht auf Privatkopie sowieso nicht besteht.

Aber das alles zeigt schon, dass es von Video zu Video unterschiedlich sein kann, auch wenn es sich um denselben Song handelt, dass es sehr wohl auch gemeinfreie Werke auf YouTube gibt, oder solche mit (halbwegs) freien Lizenzen usw.

Dann jetzt pauschal gegen eine solche Webseite vorzugehen, die einen wichtigen und guten Service anbietet, finde ich ganz schön übel.

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