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  • unbekannter Benutzer

mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2005

Nehmen wir doch mal folgendes kleine Beispiel:


(...ich nehme jetzt mal bewußt den Faden aus einem Posting irgendwo
weiter unten auf:)

Ich bin Diabetiker Typ 1 mit 50% Schwerbehinderung.

(...für alle Besserwisser hier sei dem folgendes hinzugefügt: Nein,
ich bin weder zu fett noch kann ich anderweitig etwas dafür. Und
diese Form der Diabetes läßt sich auch nicht durch eine Pille oder
Diät "heilen", sondern ist von Anfang an nur durch künstliche
Insulingaben in den Griff zu bekommen. Und ja, selbst ohne bisher
auftretende extreme Komplikationen, schränkt das die Lebensqualität
auf Grund zahlreicher "Nebenwirkungen"- zumindest in meinem Fall -
erheblich ein. Aber das kann man sich wohl, wie das immer so ist, nur
dann vorstellen, wenn man es selber hat)

Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte:

Ich kann noch laufen (bisher keine Amputationen) und verhältnismäßig
gut am normalen Leben, inkl. Arbeit, teilnehmen.

Daher wäre ich nach meiner Auffassung zur Zeit kein Kandidat für eine
solche statliche Unterstützung, wenn diese mögliche Situation
eintreten würde.

Ich habe aber auch bei mehrmaligen Krankenhausaufenthalten Menschen
mit fortschreitenden Komplikationen durch ihre(n) Diabetes kennen
gelernt, die mittlerweile ohne ihre Füße auskommen müssen, starke
Schmerzen haben, schwer depressiv sind und ihre Wohnungen
normalerweise so gut wie gar nicht verlassen können.

Man könnte jetzt ganz schlau sein und sagen, daß man die
Unterstützung für die Teilhabe am gesellschafltichen Leben ( in
diesem Fall eben das Internet, bzw. und/oder der Anschluß dafür) doch
einfach am Merkzeichen für Gehbehinderung nach dem
Schwerbehinderten-Status festmachen könnte...

Aber was ist dann, um das Diabetes-Beipiel wieder aufzugreifen, mit
den Patienten im besonders schmerzhaften "Zwischenstadium". Die Ihre
Füße gerade  noch "irgendwie" haben, aber nur unter größten
Anstrengungen und Schmerzen laufen können...? (...auch solche
Menschen habe ich zur Genüge kennengelernt)

Und was ist mit den vielen anderen kranken & behinderten Menschen,
die aus ihren individuellen Gründen nicht mehr oder nur sehr
eingeschränkt mobil sind (das Aufzählen der mir bekannten Krankheiten
erspare ich mir und Euch an dieser Stelle)?

Ein paar Gedanken möchte ich dazu noch in die Runde werfen, die mir
dazu einfallen, bzw. die ich für wichtig halte:

- Es ist doch ohne große Problem (und mit entsprechendem
Wahrheitsgehalt) möglich, einen Nachweis über die vorliegenden
Einschränkungen per ärztlicher Untersuchung/Attest zu führen
(meinetwegen auch der hochgeschätzte Amtsarzt) und dies dem
zuständigen Sozialamt einzureichen. Soweit zur Mißbrauchsfrage

- Ist es denn eine so untragbare volkswirtschaftliche Belastung,
behinderten Sozialhilfeempfängern (der oben angesprochenen)
Kategorie, eine kleine kommunikative Hilfe in ihrem oft ziemlich
beschissenen Leben zukommen zu lassen?

- Ist es nicht so, daß auch viele dieser Menschen jahrendelang
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet haben und durch
persönliche Schicksalsschläge in ihre Lebenssituation geraten sind?
Kann uns das nicht allen passieren?

- Und ist es nicht so, daß man diejenigen, die noch keine große
"Leistung" für die Gesellschaft erbracht haben, weil sie dies auf
Grund der Schwere ihrer Behinderung nie oder nur sehr eingeschränkt
konnten nach dem Solidarprinzip behandeln sollte? Oder sind wir schon
wieder im Tierreich und dem darwinistischen Prinzip angekommen?

- Ist Euch (ich meine jetzt so einige spezielle Kanditaten hier)
überhaupt klar, welches wichtige Stück Lebensqualität und Fensterchen
zur Welt das Internet für viele Behinderte bedeutet? Und wie lachhaft
die Kosten dafür im Verhältniß z.B. zum medizinischen Aufwand oder
für Heil-/Hilfsmittel (...zB. ein dämlicher Rollstuhl) sind?

- Wo sind wir mit unserem gesellschaftlichen System eigentlich
hingekommen, wenn eigentlich nur noch das individuelle
Ellenbogenprinzip gilt und das soziale Zusammenleben und die
gemeinsame soziale Verantwortung füreinander einen Scheißdreck zählt?
Wer behindert ist oder wird und nicht oder nur teilweise arbeiten
kann, hat eben Pech gehabt! Aber für 1000 andere Sachen ist immer
noch maßig Kohle da und werden die  Steuergelder verbraten. Nur nicht
für die Menschen, die in die Töpchen einzahlen, oder wie?

Abschließend möchte ich noch sagen, daß ich auch kein Freund von
Sozialschmarotzern o. ä. bin.

Aber wir sollten uns sehr genau überlegen, wie wir mit den Menschen
umgehen, die es sowieso schon am schwersten in unserer Gesellschaft
haben. Und ob das nicht sozial & gesellschaftlich wirklich gut
angelegtes Geld ist?

Ich bin der Meinung, das sollte es uns wert sein!

bO

PS: Glaubt mir: Es kann jeden treffen. Niemand ist unverwundbar.
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