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  • Jim_Bimm

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Re: Praxiserfahrung als Lehrender

nofearmaniac schrieb am 24.08.2019 22:57:

Viele Abgaben unserer Studis (auch Hausaufgaben, aber in jedem Fall alle Bachelor- und Masterarbeiten) werden bei Turnitin eingereicht. Die Software liefert dann für die jeweilige Abgabe eine Prozentzahl, wieviel des Textes potenziell verdächtig nach Plagiat ausschauen.

Die Verdachtsstellen werden von der Software markiert und die Originalquelle verlinkt bzw. benannt. Dabei wird bereits die Eigenständigkeitserklärung als potenzielle Plagiatsstelle erkannt, da der Text bereits in alten Bachelor- und Masterarbeiten enthalten ist und eine Quellenangabe fehlt. Auch Zeilen- und Seitenumbrüche oder ein Trennstrich innerhalb der Quellenangabe (Bsp. siehe [0]) bringen die Software dazu, den vorher zitierten Text als potenzielle Plagiatsstelle hervorzuheben. Neben einer abweichenden Schreibweise von AutorInnen sind ggf. auch pragmatische "Lösungen" der Studierenden (z. B. Quellenangaben gesammelt erst am Absatzende) Ursachen für weitere Verdachtsstellen. Reguläre Arbeiten haben laut der Software aufgrund der genannten Probleme immer einen Plagiatsanteil von 5-15%.

Studierende, die beim ersten Abgabetermin eine Version ihrer Arbeit abgegeben haben, die aus formalen Gründen (z. B. Wortanzahl zu gering) abzulehnen war, erreichen beim folgenden Abgabetermin einen Plagiatsanteil von 90% oder höher, weil die Arbeit nahezu wortgleich bereits im System vorhanden ist.

Fazit: Das Tool hilft, da ich nur noch die Verdachtsstellen einzeln prüfen muss, aber bisher haben sich diese ausnahmslos als Falschmeldungen herausgestellt.

Disclaimer: Ich sehe meine Studis, die an einer Bachelor- oder Masterarbeit arbeiten, ca. alle 4 Wochen und bespreche den aktuellen Stand sowie das weitere Vorgehen. Zudem bin ich im technischen Bereich, so dass das Auffinden aktueller Quellen für die Studis relativ einfach ist und mindestens 50% der Arbeit einen praktischen sowie empirischen Charakter haben. Die Studis nutzen neben Google Scholar auch fleißig SciHub und Libgen und geben die PDFs der Quellen zusammen mit dem LaTeX-Quelltext der Arbeit sowie dem praktischen Implementierungsteil und den Rohdaten der empirischen Untersuchung als Git-Repo ab. Allein anhand der Commit-Historie kann oft ein Plagiat nahezu ausgeschlossen werden.

Fazit2: Mit den beschrieben organisatorischen Maßnahmen zur Betreuung und Abgabe ist die Software zur Plagiatsprüfung nur eine einzelne Maßnahme und Vielen.

Grüße und so

[0] Beispiel mit Zeilenumbruch
(AutorIn1 und
Autorin2 JAHR)

Ich bin nicht sicher, ob im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich, allgemein bei empirischen Arbeiten das Plagiat eine große Rolle spielt. Hier kann man schlecht auf Interpretationen anderer zurückgreifen. So man die Daten selber erhoben hat, ist man auch der erste, der diese interpretiert.
Hier befürchte ich eher Datenfälschungen oder absichtliche Fehler bei der Interpretation.

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