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  • nicht_aufregen

mehr als 1000 Beiträge seit 11.05.2003

Warum es gut ist, dass die Urheberrechte auch nach dem Tod noch weitergelten

Warum es gut ist, dass die Urheberrechte auch nach dem Tod des Autors
noch weitergelten:

Zum einen gibt es Künstler, die vor Ihrem Tod nicht sehr bekannt
waren, aber ein bedeutendes Werk hinterlassen haben. Franz Kafka ist
so ein Beispiel. Würden die Urheberrehte mit dem Tod des Künstlers
erlöschen, würde sich kein Verlag die Mühe machen, aus dem Nachlass
die Werke zu sichten, zu lektorieren und in eine Druckbare Form zu
bringen, wenn sofort nach der Veröffentlichung andere Verlage das
Werk ohne Kosten nachdrucken können. Der Nachlass würde also mit
einer gewissen Wahrscheinlichkeit gar nicht veröffentlicht werden,
denn die Werke von einem unbekannten Autor zu verlegen ist immer ein
Risiko und im Erfolgsfall könnte das Werk sofort von anderen Verlagen
nachgedruckt werden, die dann null Kosten und maximalen Propfit
hätten bei minimalem Risiko.

Zum zweiten, wenn ein sehr bekannter Künstler, nehmen wir mal als
fiktives Beispiel Bertold Brecht, einige Theaterstücke hinterlassen
hätte, könnten diese nach dem Tod sofort kostenfrei von jeder
beliebigen Bühne aufgeführt werden. Also auch hier würden sich, wie
im ersten Beispiel bei Veröffentlichung, andere Leute dumm und
dämlich verdienen, während die Erben des Urhebers leer ausgehen. Wenn
also immer argumentiert wird, die 70 Jahres-Frist nach dem Tod sei
nur zum Absahnen der unbeteiligten Erben da, das Gegenteil ist
richtiger: Wenn das Urheberrecht sofort mit dem Tod erlischt, können
andere völlig Unbeteiligte, also zum Beispiel ein Verlag oder ein
Theater, hemmungslos absahnen während die Nachkommen des Urhebers
fast leer ausgehen.

Ein drittes Beispiel: Komponist K. war zu Lebzeiten mäßig
erfolgreich, nach seinem Tod steigt seine Popularität aber an. Er hat
eine wunderhübsche Melodie komponiert. Nun kommt eine rechtsradikal
angehauchte Band und dichtet einen entsprechenden Text zu der
Melodie. Das Lied wird in den entsprechenden Kreisen ein echter
Erfolg, K. hatte aber mit rechtem Gedankengut nie etwas am Hut. Die
Erben von K. können nun aber gegen die rechte Band und deren
Benutzung der Melodie von K. nichts machen, die Urheberrechte sind ja
mit dem Tod erloschen. Im schlimmsten Falle wird sogar der Ruf von K.
posthum ruiniert, da bei nicht so Interessierten der Eindruck
entsteht, das rechte Liedgut sei im Sinne des Komponisten. Mit der
steigenden Popularität nah dem Tod ist es dann auch Essig.

Um es also noch einmal zusammenfassend zu sagen, dass die
Urheberrechte nach dem Tod des Urhebers noch eine gewisse Zeit
weitergelten ist durchaus sinnvoll. Es verhindert das völlig
Unbeteiligte mit minimalem Risiko die große Kohle machen und das das
Oeuvre eines Künstlers kann auch nach dessen Tod von den Erben
gepflegt werden. Im Extremfall führt es sogar dazu (siehe Kafka),
dass uns ein großes Werk überhaupt erhalten bleibt.

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