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3 Beiträge seit 08.12.2005

Re: SIEMENS muss dringend nachbessern

Krankenhaus-Software ist ne Sache für sich:
bis vor wenigen Jahren brauchte vorwiegend nur die Verwaltung für die
Aufnahme und Patientenabrechnung eine Software. Jetzt braucht jeder
ein integriertes System, jeder heißt: der Pflegedienst (die müssen
Pflegediagnosen erfassen – Fieberkurven und am besten Fotos in der
elektronischen Patientenakte), die Ärzte, um Diagnosen und
OP-Leistungen aus einem ellenlangen Katalog ohne Ende einzutippen
sowie die Verlegungs- und Entlassungsbriefe zu schreiben. (was ja oft
gar nicht mehr die Schreibkraft sondern der Doc macht, gern auch nach
Feierabend). Das Röntgen, das Labor, die Leistungsstellen (Endoskopie
oder Bewegungstherapie etc.), alle, alle wollen – achwas: müssen das
Krankenhausinformationssystem nutzen. Und immer ist irgendwo eine
Lücke: das Hygieneprogramm hat keine Schnittstelle, das CT liefert
die Bilder nicht zum Arztarbeitsplatz, die versprochene Integration
klappt und klappt nicht und wird viel teurer als geplant.

Natürlich sollte alles vollintegriert sein, also der Stationsarzt
will das Röntgenbild sehen, die Abrechnungsstelle will das
Diagnosepaket sehen, das der Arzt geschnürt hat. Idealerweise mit
elektronischer Kommunikation zum Hausarzt. Nicht vergessen:
Patienten- und Diagnosendaten innerhalb von 3 Tagen elektronisch zur
Kasse übermitteln (§301 SGB). Frist nicht eingehalten wegen
Softwarefehler oder Organisationsproblemen im Krankenhaus? Dann gibts
5 % Abschlag auf die Rechnung.
Datenberge revisionssicher halten, auf allen Abteilungen verfügbar
machen, natürlich mit perfektem Daten- und Sichtschutz, alles
kinderleicht zu bedienen und zu administrieren. Das sind die
Anforderungen.
Die Softwarehersteller? Wirklich noch bei Siemens etliches an
16-Bit-Software! Dabei drängeln die sich in die erste Reihe mit
zugekaufter Software, die teils aus Anfang der 1990er Jahre stammt
und jetzt mühsamst auf aktuellen Stand gehoben wird (allerdings in
letzter Zeit nicht unerfolgreich – die Module sind, obwohl altbacken
inzwischen relativ stabil, ergonomisch problematisch. Ein Grund,
warum wir erstmal nicht von medico auf Soarian oder einen anderen
Hersteller wechseln werden). Soarian kommt nicht aus den Füßen und
die Assoziation SOA ... im Namen bedeutet nicht wirklich
Service-orientierte Architektur sondern nur deren Anmutung.
Aber die restlichen Hersteller? Verstecken sich ebenfalls hinter den
tollsten Ankündigungen und liefern dennoch das Abgehangene der
vergangenen Jahre unter einer neuen Oberfläche. Und migrieren? Was
ist mit den Daten der oben genannten Elektronischen Patientenakte?
Werden wohl kaum ins Neusystem übernommen. Sowieso: migrieren heißt
mindestens ein Jahr enormer Umstellungsaufwand für ein ganzes
Krankenhaus.

Und da im Krankenhaus derzeit Schmalhans Küchenmeister ist, werden
die Administratoren zu höchster Sparsamkeit und personell so knapp
wie möglich gehalten und gern unter dem Damoklesschwert des
Outsorcings, um dem Ernst der Lage Nachdruck zu geben. Daher wird so
weitergewurstelt und mit alter Software auf alter Infrastruktur
versucht, moderne integrierte Systeme vorzutäuschen.

Ich bin selbst Administrator in einem größeren Krankenhaus und weiß
wovon die Rede ist. Bin mal gespannt, wie und wann die
E-Gesundheitskarte wirklich mal richtig funktioniert.

TriDix schrieb am 8. Dezember 2005 21:00

> Uhm, wird die Software noch weiterentwickelt? Screenshots sind
> teilweise noch aus der 16-Bit Zeit...

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