1986 berichtet die c’t erstmals über Windows

Als Windows erstmalig in der c’t auftauchte, stand es klein unter "Software-Neuheiten". Mit der DOS-Erweiterung konnte Microsoft zur Konkurrenz aufschließen.

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Von
  • Rudolf Opitz

Als Microsoft die MS-DOS-Erweiterung "Windows" Ende 1985 auf den Markt brachte, waren grafische Oberflächen zwar keine Neuheit mehr, erregten aber weiterhin Aufsehen. Der Apple Macintosh hatte die Maus und die virtuelle Schreibtischoberfläche (Desktop) bekannt und Atari hatte sie mit dem ST bezahlbar gemacht. Als Eckart Steffens Windows 1.02 in der Augustausgabe 1986 testete, blieb der Vergleich zum Mitbewerb nicht aus:

"Wer Dialogboxen und Mäuschen liebt, muß sich dazu nicht unbedingt Hardware mit einem ‘A’ (Atari, Apple, Amiga) kaufen. Der einfache PC tut’s auch..."

Abgesehen vom Bedienkonzept, das bereits in den 1970er Jahren am Xerox-Forschungszentrum PARC (Palo Alto Research Center) entwickelt wurde, hat Windows 1.0 mit dem heutigen Windows-Betriebssystem nicht viel gemein. Es war, wie Steffens schrieb, "eine echte DOS-Erweiterung". Der Umfang des Software-Pakets war überschaubar:

"Windows wird auf fünf Disketten geliefert und muss zunächst installiert werden."

Falls Sie sich wundern, warum Steffens die Installation für erwähnenswert hielt: Beim Atari ST, von dem damals ein Großteil der Redaktion begeistert war, gehörte die grafische Oberfläche GEM zum Betriebssystem im ROM und war nach Einschalten des Rechners in wenigen Sekunden nutzbar. Windows musste allerdings auch damals schon verschiedene Kombinationen von Hardware berücksichtigen, was bei Macintosh und Atari ST kein Problem war.

"Generell enthält das Paket eine Vielzahl von Treibern, die eine Anpassung an die jeweils gegebene Situation ermöglichen."

Der Test beschreibt auch die Windows beiliegenden Applikationen und lobt die Tatsache, dass der Kalender im Hintergrund Termine überwacht und mit blinkendem Icon an Bevorstehendes erinnert. Auch wenn es mit heutigem Multitasking nicht vergleichbar ist, damals war es für den IBM-kompatiblen PC noch etwas Besonderes. Das gilt auch für den Einsatz einer Maus. Die elektronischen Nager kosteten 1986 für den PC noch 300 DM und mehr.

"Obwohl es wegen des großen Arbeitsgeschwindigkeitsverlustes, besonders bei Applikationen wie Paint, nicht ratsam ist, ohne Maus zu arbeiten, so bleibt dennoch das Gesamtpaket auch mauslosen Computerbesitzern zugänglich."

Mit Arbeitsgeschwindigkeit meint Steffens die umständliche Bedienung ohne Maus. Versuchen Sie es mal, es funktioniert noch heute. Abgesehen von den Beigaben gab es kaum Software für Windows. DOS-Programme brauchten spezielle Anpassungen:

"Sollen andere Programme innerhalb Windows laufen, so muß man sie über ein PIF (Program Information File) aufrufen. Das PIF sorgt unter anderem für die richtige Speicherzuweisung."

RAM war um die Zeit noch knapp und unter MS-DOS wegen der umständlichen Verwaltung ein stetes Ärgernis. Hier behalf sich Windows mit eigenen Treibern.

Auf dem Titel der c’t 8/1986 stand Windows noch klein unter "Software-Neuheiten". Wir haben das Problem eingekreist.

"Da Windows im Gegensatz zu GEM eine Speichererweiterung um bis zu 8 MByte mit ’Above’-Boards nach Intel/Microsoft/Lotus/Ashton-Tate-Standard unterstützt, dürfte auch das gelegentliche Problem der Speicherknappheit zu bewältigen sein. Bleibt jetzt zu wünschen, daß viele gute Programme unter Windows ablauffähig sind (oder werden oder gemacht werden...)"

Ob Autor Steffens damals schon geahnt hat, dass Windows in den kommenden Jahrzehnten regelmäßig die Titelseite der c’t beherrschen wird? Heute gibt es kaum eine Software, die nicht unter Windows läuft. Geblieben ist in jedem Fall die Bedienung nach dem 1973 im Xerox PARC von seinem Erfinder Douglas Engelbart erstmals umgesetzten WIMP-Prinzip (Windows, Icons, Menüs, Pointer).

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(rop)