20 Jahre "I, Robot": Im Kino ein Hit, für Asimov-Fans ein Affront​

Vor 20 Jahren hat Will Smith im Sci-Fi-Thriller "I, Robot" die Welt vor KI gerettet. Visionär war das nicht, aber solides Popcorn-Kino.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 251 Kommentare lesen

Führen die Roboter etwas im Schilde? Del Spooner ist misstrauisch.

(Bild: 20th Century Studios)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Gerald Himmelein
Inhaltsverzeichnis

Im Jahr 2035 gehören Roboter mit künstlicher Intelligenz zum Alltag. Nur ein paranoider Cop (Will Smith) will dem Frieden nicht trauen. Das ist die Welt von "I, Robot", der vor 20 Jahren in die Kinos kam. Zu Isaac Asimovs berühmter Geschichtensammlung hat der Science-Fiction-Kracher allerdings nur losen Bezug.

Zeitgenössische Kritiker waren nicht sonderlich beeindruckt, Asimov-Fans noch weniger, doch an der Kinokasse war der Film durchaus erfolgreich. Das Thema KI hat seitdem nur an Brisanz gewonnen. Ist "I, Robot" inzwischen zu einer Vision avanciert, die aktuelle Entwicklungen voraussah? (Eher nicht.) Ist es eine gute Asimov-Verfilmung? (Eher nicht.) Aber immerhin: "I, Robot" ist weitaus besser als sein Ruf (Tomatometer: 57 Prozent). Hochspannend ist in jedem Fall die Geschichte seiner Entstehung.

Chicago, im Jahr 2035. In wenigen Tagen will der Hersteller "U.S. Robotics" seine neue Roboterserie auf den Markt bringen, den NC-5. Dann stürzt Dr. Alfred Lanning aus dem Fenster eines Bürogebäudes. Lanning war Mitgründer und maßgeblicher Ideengeber der Firma. Ausgerechnet Detective Del Spooner soll herausfinden, ob es Mord oder Selbstmord war. Spooner steht Robotern zutiefst misstrauisch gegenüber.

Obwohl alles für einen Selbstmord spricht, bleibt Spooner skeptisch. Für ihn war der Verstorbene eine Vaterfigur, was wohl auf Gegenseitigkeit beruht: Ein zurückgebliebenes Hologramm von Lanning spricht Spooner als "Sohn" an. Bei der Durchsuchung des Büros des Toten stößt der Detective auf einen Roboter, der die Robotergesetze zu missachten scheint – ein 1A-Mordverdächtiger also.

Ach ja, die Robotergesetze. Wer sie nicht kennt: 1942 postulierte der Schriftsteller Isaac Asimov die "Three Laws of Robotics":

1. Roboter dürfen Menschen weder aktiv noch durch Untätigkeit verletzen.
2. Roboter müssen von Menschen gegebenen Befehlen gehorchen, sofern das nicht Regel 1 widerspricht.
3. Roboter müssen ihre Existenz schützen, aber die anderen Regeln gehen vor.

Mit seinem Verdacht, ein Roboter habe Lanning aus dem Fenster geworfen, sticht Detective Spooner in ein Wespennest. Seine Ermittlungen könnten das Vertrauen von Menschen in Roboter beschädigen und den Produktstart der NC-5-Generation gefährden.

Die NC-5-Serie sieht humanoider aus als ihre Vorgänger und wird nachts mit Updates versorgt. Die Updates steuert eine zentale KI, "VIKI" (Virtuelle Interaktive Kinetische Intelligenz). VIKI wiederum wird von Lawrence Robertson kontrolliert, dem jetzt alleinigen Boss von U.S. Robotics.

Robotergesetze hin oder her – es wird niemanden verwundern, dass dem Detective schon bald diverse Maschinen nach dem Leben trachten. Grundsätzliche Überlegungen über Moral und Künstliche Intelligenz treten schnell in den Hintergrund. Stattdessen eskalieren die Action-Szenen kontinuierlich: Erst wird ein Roboter zerschossen, dann ein Gebäude zermalmt, dann ein Autobahntunnel zur Todesfalle, und irgendwann muss Will Smith halt mal wieder die Welt retten.

Asimov-Fans waren von "I, Robot" damals schwer enttäuscht. Abgesehen vom Titel und den Namen einiger Protagonisten hat der Film wenig mit der renommierten Kurzgeschichtensammlung "Ich, der Roboter" von Isaac Asimov gemeinsam. Besonders übel nahmen Kenner die Filmversion von Susan Calvin, in den Storys eine weitgehend gefühlskalte Robotik-Spezialistin. Im Film wird sie von der damals 33-jährigen Bridget Moynahan verkörpert, die alles andere als gefühlsarm auftritt.

Statt einer treuen Adaption der Asimov-Geschichten ist "I, Robot" ein typischer Blockbuster seiner Zeit, vollgestopft mit spektakulärer Action, sarkastischen Sprüchen, mit einem Will Smith in körperlicher Hochform. Da kommt es schon vor, dass der Detective auf einer Holztür über einen Audi hinweg in einen Swimmingpool surft, mit einer Katze im Arm. Oder er springt von seinem Motorrad nach oben, zückt in Zeitlupe zwei Schusswaffen und schießt Roboter aus der Luft in Stücke.

Dass im Abspann steht, "Suggested by Isaac Asimov's book", trifft es ganz gut: Die Handlung greift diverse Elemente aus Asimovs Geschichten auf, etwa den lügenden Androiden aus "Kleiner verlorener Roboter" und den träumenden Roboter aus "Roboterträume". Im Finale des Films finden sich auch Spuren der Geschichte "Vermeidbarer Konflikt" wieder. Was hingegen komplett fehlt, ist Asimovs Besonnenheit.

I, Robot – Figuren und Schauspieler (7 Bilder)

Die Hauptfigur des Films ist Detective Del Spooner, gespielt von Will Smith.
(Bild: 20th Century Studios)

"I, Robot" ist weniger fürs Hirn gemacht als fürs Auge. Nicht umsonst wurden die Special Effects damals für den Academy Award nominiert. Vieles ist immer noch cool anzusehen. Das Design der halbtransparenten NC-5-Roboter stammt von Patrick Tatopoulos, der ihnen eine futuristische, aber fast plausible Form mit einer unverkennbaren Apple-Optik gab.

Alan Tudyk hatte die undankbare Aufgabe, den unter Mordverdacht stehenden Androiden "Sonny" zu spielen – in einem grünen Morph Suit und Mocap-Klamotten. Seine Bewegungen und Mimik wurden per "Performance Capture" auf ein digitales Modell übertragen, das alle Emotionen des Schauspielers überzeugend wiedergibt.

Für die Visual Effects zeigten die Special-Effects-Studios Digital Domain und Weta Digital verantwortlich. Hierfür wurden für die "Herr-der-Ringe"-Trilogie entwickelte Techniken perfektioniert, die dort Gollum und Orc-Armeen zum digitalen Leben erweckt hatte. Insbesondere beeindruckt eine Straßenszene am Anfang, in der Menschen und Roboter aneinander vorbeilaufen, als sei nichts dabei: Spooner rempelt dabei sogar einen Roboter an, der sich prompt bei ihm entschuldigt.

In einigen Bereichen hat das reale 2024 das fiktive 2035 freilich schon technisch überholt: Aber vielleicht kommen Tastentelefone, klobige Headsets und Monitore mit breiten Rändern bis dahin ja wieder.

Überdeutlich ist das Product Placement von Audi: So fährt der Detective eine eigens für den Film entworfene Design-Studie (Audi RSQ); aufmerksame Augen erkennen auf den Straßen aber auch Audis der Typen A2, A6 und TT wieder, teils ganz ohne futuristische Verfremdung.

Schade nur, dass der Film trotz des sichtbar enormen Aufwands bei der Umsetzung so wenig Originalität oder Tiefe bietet. "I, Robot" reicht weder an "A.I.: Künstliche Intelligenz" (2001) noch an "Minority Report" (2002) heran; eher liegt das Niveau bei "Demolition Man" (1993).