Was Alice, Theo und Uli falsch gemacht haben

Warum bei Konzernen nicht genau so konsequent Steuern eingetrieben werden wie bei Prominenten aus Politik und Sport, fragt sich IX-Chefredakteur Jürgen Seeger.

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Von
  • Jürgen Seeger

Über 28,5 Millionen Euro zu wenig Steuern hat der Wurstfabrikant und Fußballmanager Uli Hoeneß an den Staat überwiesen und sich dafür 3,5 Jahre Haft ohne Bewährung eingehandelt. Ob dieser Beträge können die Publizisten Alice Schwarzer und Theo Sommer nur vor Neid erblassen, bei denen blieb die Steuerschuld im sechsstelligen Peanuts-Bereich. Was aber für den ehemaligen ZEIT-Chef immerhin schon eine Bewährungsstrafe nach sich zog.

„Sechsstelliger Peanuts-Bereich“? Wenn man überhaupt schon von Peanuts reden kann. Sogar die 28,5 dem Staat entgangenen Hoeneß-Millionen wirken bescheiden im Vergleich zu den Einbußen durch die kreative Steuergestaltung vieler IT- und Internet-Konzerne.

Etwa Google: Durch den Insidern unter dem schönen Namen „Double Irish with a Dutch Sandwich“ bekannten Steuertrick hat der Internet-Konzern 2012 8,8 Milliarden Euro Lizenzzahlungen auf die Bermudas verschoben, zu einem Steuersatz von 5 Prozent. In der Fachwelt wird die Ersparnis auf mindestens 2 Milliarden geschätzt.

Oder Amazon: Der Medien- und Cloud-Computing-Anbieter zahlte 2012 in Großbritannien Steuern in Höhe von 2,4 Millionen Pfund, bei einem Umsatz von 4,3 Milliarden. Obendrein erhielt die Bezos-Company 2,5 Millionen Pfund Investitionsbeihilfen.

In beiden Fällen wurde weder betrogen noch hinterzogen, die multinationalen Konzerne nutzten nur die Steuergesetze. Laut einer OECD-Untersuchung zahlen diese Multis gerade einmal 5 Prozent Steuern auf ihre Gewinne. Kleinere Firmen dagegen, vom mittelständischen Softwarehaus über das regionale Beratungsunternehmen bis hin zum Hauptstadt-Start-up, müssen laut OECD-Bericht in der Regel ein Drittel ihres Gewinns abführen. Und können ein Lied davon singen, wie gnadenlos die Finanzämter bei Liquiditätsengpässen reagieren.

Die Folge ist eine eklatante Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der kleinen und mittleren Unternehmen. Kein Wunder, wenn da das Unrechtsbewusstsein in Sachen Steuern erodiert.

Hoeneß, Schwarzer und Sommer haben wohl einfach nur nicht rechtzeitig genug Kontakt zu einem internationalen Steuerberatungsbüro aufgenommen. Für das wären zwar sogar die Hoeneß-Millionen ähnlicher Kleinkram gewesen wie die „Gestaltungsmöglichkeiten“ eines Mittelständlers. Aber ab und zu hilft der Promi-Status ja ein wenig.

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