3D-Aufnahmen vom Smartphone

Die US-Firma Mantis Vision entwickelt, in Zusammenarbeit mit Google, eine Technologie, die 3D-Scanner und -Kameras in tragbare Rechner und Mobiltelefone bringen soll.

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Von
  • Rachel Metz

Die US-Firma Mantis Vision entwickelt, in Zusammenarbeit mit Google, eine Technologie, die 3D-Scanner und -Kameras in tragbare Rechner und Mobiltelefone bringen soll.

Gur Bittan hat eine Vision: In nicht allzu ferner Zeit wird man etwa die ersten Schritte des eigenen Kindes nicht mehr nur einfach mit einem Smartphone-Video dokumentieren. Die Aufnahme wird ein 3D-Video sein, in dem Freunde und Verwandte dann das Kind von allen Seiten begutachten können. Sogar die Perspektive des Kindes soll ein Betrachter einnehmen können – vorausgesetzt, dass die Aufnahme aus vielen verschiedenen Blickwinkeln gemacht wurde.

Bittan ist CTO der israelischen Firma Mantis Vision, die an einer entsprechenden Technologie arbeitet. Sie soll irgendwann Teil der alltäglichen Smartphone-Anwendungen sein und eine „immersive“ Kommunikation ermöglichen.

Die Software- und Hardware-Entwürfe von Mantis Vision sind Teil des Project Tango von Google. Ziel ist ein Tablet-Rechner, der die Umgebung und darin enthaltene Objekte kartieren kann. Die Firma arbeitet außerdem an einem kleinen, tragbaren 3D-Scanner. Eine Unternehmensversion namens F5 hat Mantis Vision bereits in seinem Angebot.

Mantis Vision hat bereits mit dem Elektronik-Hersteller Flextronics am Tablet-Modell Aquila gearbeitet, das im September erhältlich sein soll. Die darin enthaltene Technologie soll auch in andere Geräte eingebaut werden. Mitgründer und CEO Amihai Loven will jedoch keine Details nennen. „Ich kann im Moment nur sagen, dass sie 2015 auf dem Markt sein wird“, sagt Loven.

Die Firma hat kürzlich eine Finanzierung von 12,5 Millionen Dollar gesichert. Das Geld kommt von den Investitionsabteilungen von Flextronics und Qualcomm sowie von den Firmen Sunny Optical Technology und Samsung.

Mantis Vision ermittelt die 3D-Daten, indem ein Muster aus Infrarotlicht auf die Umgebung, etwa den Teddybär eines Kindes, geworfen wird. Eine Digitalkamera und ein Tiefensensor, die mit dem Infrarotprojektor gekoppelt sind, erfassen dann die Reflexionen, die das Stofftier zurückwirft. Das Verfahren funktioniert auch in völliger Dunkelheit. In hell ausgeleuchteten Umgebungen hängt die Qualität des 3D-Bildes von der eingesetzten Hardware ab.

Bittan zeigte Technology Review den Rohscan eines Telefons. Das sieht zunächst so aus, als ob es mit einer Schicht aus miteinander verschränkten Buchstaben in verschiedenen Graustufen überzogen sei, über dem noch einmal ein Raster aus Punkten liegt. Die Software errechnet aus diesem Muster eine Tiefenkarte des Objekts.

Ein ähnliches Verfahren nutzt PrimeSense, das 2013 von Apple gekauft wurde. Mantis Vision ist aber überzeugt, die bessere Methode zu haben, weil sie detailliertere und genauere Daten liefert. Zudem funktioniert sie sowohl mit einer stehenden als auch mit einer bewegten Kamera. Als Kunden visiert das Unternehmen Tablet- und Mobiltelefon-Hersteller an, die die Technologie für Spiele, Gestenerkennung und Navigation in Gebäuden nutzen könnten.

Mantis Vision-CEO Loven präsentierte auf seinem Smartphone sogar ein – wenn auch pixeliges – 3D-Video einer sitzenden Frau, die sich vor einem schwarzen Hintergrund auf einem Stuhl zurücklehnt. Mit einem Fingerstrich über den Bildschirm drehte Loven das Video in eine andere Perspektive. Das Ergebnis ist noch fotorealistisch, es fehlt an Details, und immer wieder gibt es schwarze Flecken in der Aufnahme. Dennoch gibt es eine Vorstellung von der Technologie, die bereits beeindruckt.

Doch selbst wenn Google sie vorantreibt, ist noch nicht sicher, ob die Verbraucher darauf anspringen werden. 3D-Aufnahmeverfahren gibt es bereits seit einigen Jahren, doch bislang ist keines so ausgereift, dass es sich bereits im Kino hätte etablieren können. Loven ist jedoch zuversichtlich, dass Mantis Vision den Durchbruch schaffen könnte.

(nbo)