Amazon-Wettbewerb für geschickte Packroboter

Die Robotik macht große Fortschritte, doch selbst relativ einfache Aufgaben werden weiter von Menschen erledigt. Ein von Amazon ausgerichteter Wettbewerb soll jetzt zeigen, wie weit die Technik wirklich ist.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 6 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Will Knight

Die Robotik macht große Fortschritte, doch selbst relativ einfache Aufgaben werden weiter von Menschen erledigt. Ein von Amazon ausgerichteter Wettbewerb soll jetzt zeigen, wie weit die Technik wirklich ist.

Ein Wettbewerb mit Kekspackungen, Buntstift-Sets und quietschenden Hundespielzeugen soll in diesem Mai zeigen, wie gut Roboter wirklich schon sehen und greifen können. Dahinter steht der Online-Handelsriese Amazon, der auf diese Weise die Entwicklung von geschickteren Maschinen für das Zusammenstellen von Sendungen beschleunigen möchte.

Punkte erhalten die teilnehmenden Roboter, indem sie irgendwo in Regalen liegende Produkte lokalisieren, sie sicher fassen und dann in Kartons für den Versand legen. Punkteabzüge gibt es, wenn ein Keks zerbröselt wird oder ein Spielzeug auf den Boden fällt. Auf das Team mit den meisten Punkten wartet am Ende ein Geldpreis von 25.000 Dollar.

Einen Teil der Arbeit in seinen riesigen Logistikzentren hat Amazon bereits automatisiert. An einigen Standorten bringen Roboter Regale mit Produkten zu menschlichen Arbeitern, die dann das Herausnehmen und Einpacken übernehmen. Die mobilen Roboter dafür stammen von Kiva Systems, einem Unternehmen, dass Amazon 2012 für 678 Millionen Dollar übernommen hat. Sie sorgen dafür, dass Menschen kürzere Wege zu den benötigten Produkten zurücklegen müssen. Noch aber kann kein Roboter Produkte so schnell und zuverlässig greifen und einpacken wie Menschen. Industrieroboter, wie sie in mehreren Branchen bereits weit verbreitet sind, haben meist nur sehr präzise, repetitive Aufgaben in stark kontrollierten Umgebungen.

Laut Pete Wurman, dem Technikchef von Kiva Systems, werden sich an dem Amazon-Wettbewerb etwa 30 akademische Teams aus aller Welt beteiligen. Abgehalten wird er auf der International Conference on Robotics and Automation (ICRA 2015 in Seattle. In jeder Runde müssen Roboter 25 verschiedene Objekte aus Regalen greifen und einpacken, die denen in den Amazon-Lagern ähneln. Manche der Teams entwickeln dafür eigene Roboter, andere statten kommerziell erhältliche Systeme mit eigenen Greifern und Software aus.

Die Herausforderungen dabei sind beträchtlich. Menschen haben die bemerkenswerte Fähigkeit, Objekte zu identifizieren, herauszufinden, wie sie sich manipulieren lassen, und sie mit genau der richtigen Kraft anzufassen. Für Maschinen ist das besonders schwierig, wenn sie ein Objekt noch nicht kennen, wenn es eine ungewöhnliche Form hat oder wenn es zusammen mit anderen Gegenständen in einem dunklen Regal liegt. Bei dem Amazon-Wettbewerb müssen die Roboter ohne jegliche Fernunterstützung durch ihre Entwickler auskommen.

„Wir haben versucht, unterschiedliche Produkte auszuwählen, die repräsentativ für unseren Katalog sind und die unterschiedliche Herausforderungen beim Greifen mit sich bringen“, erklärt Wurman. Beispiele dafür sind Waren in Plastikhüllen, schwer zu greifende kleine Hundespielzeuge und leicht zerbrechliche Güter wie eben Kekse.

Ein Video zeigt, welchen Ansatz ein Team der University of Colorado dafür gewählt hat. Das Team arbeitet mit fertig erhältlicher Software und baut einen für die Aufgabe spezialisierten Roboterarm, erklärt Dave Coleman, ein an dem Projekt beteiligter Doktorand.

In den vergangenen Jahren hat es erhebliche Fortschritte in der Robotik gegeben – Roboter sind billiger, sicherer und vielseitiger geworden. Beispielsweise haben neue Arten von Werkzeugen Maschinen weniger tollpatschig beim Ergreifen von fummeligen oder ungewöhnlich geformten Objekten gemacht. Mehrere Start-Ups entwickeln bereits Roboterhände, die so flexibel und feinfühlig sein sollen wie menschliche Finger. Fortschritte beim Maschinenlernen könnten zudem dazu beitragen, dass Roboter in den nächsten Jahren weitaus schwierigere Dinge mit Dingen anstellen können als heute. Der Amazon-Wettbewerb könnte dazu beitragen, zu erkennen, wie weit uns diese Fortschritte wirklich schon gebracht haben.

Einen entscheidenden Durchbruch in diesem Bereich gab es 2006. Damals fand eine Gruppe um Andrew Ng, der damals in Standford war und heute bei Baidu arbeitet, eine Möglichkeit, wie Roboter selbst herausfinden können, wie sie mit einem unbekannten Objekt umgehen sollten. Statt konkrete Regeln für bestimmte Objekt oder Formen vorzugeben, ließen die Forscher ihre Roboter Tausende von 3D-Bilder ansehen und dabei lernen, welche Art von Griff bei unterschiedlichen Formen geeignet ist. Dadurch konnten die Maschinen auch herausfinden, wie sich neue Objekte greifen lassen.

In den letzten Jahren nutzen Roboterforscher für solche Fähigkeiten zunehmend einen leistungsfähigen Maschinenlern-Ansatz namens Deep Learning. Ashutosh Saxena, Mitglied des früheren Ng-Teams in Stanford und jetzt Assistant Professor an der Cornell University, will mit dieser Technologie einen Roboter für den Amazon-Wettbewerb trainieren. Unterstützt wird er dabei von Ian Lenz, einem seiner Studenten.

Der Amazon-Wettbewerb mag nicht besonders anspruchsvoll erscheinen, doch für Saxena könnte er rasch spürbare Folgen in der Praxis haben: „Wenn Roboter in der Lage sind, auch nur die einfacheren Arten von Greifaufgaben, wie sie der Wettbewerb vorsieht, zu übernehmen, könnten Roboter Menschen schon bald bei vielen Aufgaben zur Hand gehen“, sagt er.

(sma)