Ballontrip zum Weltraum: Völlig losgelöst

Wie ist es, an der Grenze zum Weltraum zu schweben? Anbieter wie World View Enterprises wollen Touristen einen Eindruck davon vermitteln.

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Von
  • Alexander Stirn

Wer richtig hoch hinaus und die Erde aus einer neuen Perspektive erleben will, sollte schon einmal buchen: Firmen wie World View Enterprises bereiten sich darauf vor, die extremste Ballonfahrt der Welt anzubieten.

Mit hauchdünnen Hüllen wollen sie Passagierkapseln in eine Höhe von bis zu 40 Kilometern transportieren. Dort, in der Stratosphäre, eröffnen sich ungeahnte Ausblicke: oben das Schwarz des Weltraums, unten die gekrümmte Erde mit ihrer dünnen Atmosphäre. "Solch eine Reise vermittelt Menschen einen Blick, der über den eigenen Tellerrand hinausgeht", verspricht der ehemalige Astronaut Michael López-Alegría, der die spanische Ballonfirma zero2infinity berät. Die spanische Ballonfirma hatte eine Raumfahrt für Touristen angekündigt. Doch bisher ist sie nur mit einem Modell abgehoben. Auch das US-Unternehmen World View Enterprises, der zweite große Ballonanbieter, hat sich Raumfahrer ins Team geholt: den ehemaligen Shuttle-Piloten Mark Kelly und den Nasa-Veteranen Ron Garan.

Stratosphärenballons waren bislang eine Domäne der Forschung. Sie brachten wissenschaftliche Instrumente in die Höhe und füllten damit die Lücke zwischen den Beobachtungen am Boden, die stets unter dem störenden Einfluss der Erdatmosphäre leiden, und den exzellenten, aber teuren Satelliten.

Entsprechend ausgereift ist die Technik: Die Hüllen der Ballons sind dünner als Einkaufstüten. Am Boden reicht die Heliumfüllung gerade aus, um sie wie eine Qualle durch die Luft wabern zu lassen. Doch je höher der Ballon steigt und je dünner die Atmosphäre wird, desto mehr dehnt sich das Gas aus – bis schließlich, in mehr als 30 Kilometern Höhe, eine kugelige Blase durch die Stratosphäre schwebt. Mehr als 120 Meter Durchmesser soll der Ballon erreichen, mit dem World View seine Touristenflüge anbieten will.

Ein Mini-Prototyp im Maßstab 1:10 hob im Oktober 2015 erstmals ab. Für 2016 sind die ersten Flüge mit der ausgewachsenen Gondel geplant. Sie wird vier Tonnen schwer sein, deckenhohe Fenster besitzen, eine Bar und genug Platz für sechs Passagiere plus Pilot und Barkeeper bieten – zunächst allerdings noch unbemannt fliegen. Vielleicht noch dieses Jahr, spätestens 2017 sollen dann die ersten Passagiere zusteigen. Dann soll es auch ein bordeigenes WLAN für Facebook-Selfies vom Rande des Weltraums geben. Anbieter wie Virgin Galactic oder XCOR wollen zwar weit höher hinaus. Ihr Ziel ist die 100-Kilometer-Marke und damit die inoffizielle Grenze zum Weltraum.

Doch das "Space Ship Two" von Richard Bransons Weltraumfluglinie Virgin Galactic stürzte am 31. Oktober 2014 ab, der Pilot starb. Am 19. Februar dieses Jahres stellte das Unternehmen den Nachfolger vor, aber der Beginn für die Touristenflüge steht noch immer in den Sternen. Der "New Shepard" des Amazon-Gründers Jeff Bezos kämpft bei seinen Testflügen mit der 100-Kilometer-Hürde. Und XCOR verlost zwar munter Tickets für ihren "Lynx", kann aber nicht einmal einen Prototyp vorweisen.

Eine große Herausforderung aber müssen auch Ballonflieger wie Wolrd View Enterprises noch bewältigen: die Landung. Zwar kann ein Ballon durch Ablassen von Helium wieder etwas sinken, er lässt sich aber nicht steuern und wird mit zunehmendem Außendruck instabil. In spätestens 15 Kilometern Höhe ist der Pilot gefordert: Er soll den Ballon abtrennen und anschließend unter einem großen Gleitschirm zum Zielflughafen manövrieren. Auch deshalb suchen die Unternehmen nach ehemaligen Astronauten, die Touristenballons künftig pilotieren sollen.

An die Passagiere werden dagegen – anders als bei den raketengetriebenen Ausflügen ins All – keine besonderen Anforderungen gestellt. "Unser Ziel ist es, weder ein Training noch Raumanzüge vorzuschreiben", sagt World-View-Gründer Taber MacCallum. "Stattdessen soll die Reise vergleichbar sein mit einem Linienflug: Es gibt eine kurze Einweisung, dann geht's los." (bsc)