Biologische Antriebe für Maschinen

Schon immer haben Lebewesen als Vorbild für die Entwicklung von Robotern ­gedient. Nun sollen lebende Zellen selbst zentraler Bestandteil von ihnen werden.

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(Bild: Karaghan Hudson)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Thomas Brandstetter
Inhaltsverzeichnis

Ein wegweisender Schritt in Sachen biohybrider Robotik, also der Kombination von lebenden Zellen mit herkömmlichen Materialien, gelang Forschern 2016 an der Universität Harvard. Sie hatten einen Minirochen entwickelt, der etwa die Größe einer Ein-Cent-Münze besitzt und durch und durch weich und flexibel ist. Sein Körper besteht aus Gummi, gestützt durch ein feines Skelett aus Gold, das die wellenförmige Bewegung der Flossen ermöglicht, mit denen sich auch echte Rochen durch das Wasser bewegen. Um die Flossen anzutreiben, wurden sie mit einer Schicht aus Herzmuskelzellen von Ratten bedeckt.

Diese haben von Natur aus die Eigenschaft, spontan zu zucken. Sie wirken deshalb wie winzige Aktuatoren, die ihre Kraft auf das Substrat übertragen und so die Flossen in Bewegung setzen. Gezielte gentechnische Veränderungen machten die Zellen zusätzlich lichtempfindlich. So konnten die Harvard-Forscher das unkoordinierte Zucken der Zellen mithilfe von Lichtblitzen takten. Auf diese Weise gelang es ihnen, eine gleichmäßige Wellenbewegung in den Flossen zu erzeugen und auch die Richtung vorzugeben, in die sich der Roboter-Rochen bewegen sollte.

„Das war ein relativ einfaches System, aber so ziemlich das erste, das wirklich funktioniert hat“, sagt Christine Selhuber-Unkel, die sich in ihrer Arbeitsgruppe am neu gegründeten Institute for Molecular Systems Engineering an der Universität Heidelberg mit biohybrider Robotik beschäftigt. Die Forscherin sieht großes Potenzial in der Verschmelzung von Robotik und Biologie. „In der Biologie ist alles nass und weich“, bemerkt sie lapidar.