Computer-Wunderkind tritt gegen Chip-Riesen an

Ein erst 19 Jahre alter Schulabbrecher verspricht Hochleistungschips mit deutlich verringertem Stromverbrauch. Das Konzept erscheint sinnvoll, würde aber mehr Programmierarbeit bedeuten.

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Von
  • Tom Simonite

Ein erst 19 Jahre alter Schulabbrecher verspricht Hochleistungschips mit deutlich verringertem Stromverbrauch. Das Konzept erscheint sinnvoll, würde aber mehr Programmierarbeit bedeuten.

Im Märchen hat jeder Riese eine Schwäche. Thomas Sohmers ist der Meinung, dass das in der echten Welt auch für Intel gilt, den Konzern also, der pro Jahr einige 100 Millionen Chips verkauft: In seinen Augen verbrauchen die Intel-Prozessoren zu viel Strom. Sein Start-up Rex Computing arbeitet an alternativen Chip-Architekturen, die nur ein Zwanzigstel des Stromverbrauchs haben sollen.

Sohmers ist 19 Jahre alt und arbeitete am Institute for Soldier Nanotechnologies schon an Highperformance-Computern, als er noch auf der Highschool war. 2013 brach er die Schule ab und gründete Rex. Dafür bekam er 100.000 Dollar von dem Investor Peter Thiel, der damit junge Entrepreneure fördern möchte. Sohmers Mitgründer ist Paul Sebexen, ebenfalls ein Thiel-Stipdendiat und heute Chief Technology Officer von Rex. Vor kurzem erhielt das Unternehmen außerdem 1,25 Millionen Dollar vom Founders Fund, einer von Thiel mitgegründeten Wagniskapitalfirma.

Die "Neo"-Chips von Rex sollen zunächst für extrem leistungsfähige Maschinen wie Supercomputer angeboten werden. Später aber sollen sie laut Sohmers auch breitere Anwendung finden: "Ich würde nicht sagen, dass wir ein reiner Highperformance-Anbieter sind", sagt er. In einigen Jahren könnten Rex-Chips auch in Web-Servern und später auch in allgemeinen Systemen zu finden sein.

Server-Prozessoren, die bei deutlich weniger Stromverbrauch dieselbe Rechenleistung bieten, könnten ein Segen für Cloud-Anbieter wie Google oder Amazon sein, deren riesige Serverfarmen enorme Stromkosten verursachen. Und wenn sie es in Konsumelektronik schaffen, könnten Rex-Chips deren Batterielaufzeit verlängern.

Sohmers spricht nach eigenen Angaben bereits mit Unternehmen, die Hochleistungscomputer für Bildverarbeitung, Maschinenlern-Software oder die Verarbeitung von Funksignalen einsetzen. Das Ziel von Rex ist, Partnern im nächsten Jahr Prototypen seiner Chips zu liefern. Fertige Produkte soll es ab Mitte 2017 geben.

Der Stromverbrauch bei Rex ist geringer, weil die Chips auf klassische Caches verzichten. Bei Intel und anderen Herstellern sind sie Standard, Rohmers aber sieht sie als ineffiziente Relikte der Vergangenheit. Sie seien mittlerweile zu groß und verschwenderisch geworden. Ein typischer Highend-Chip von Intel verbrauche 40 mal so viel Strom, um das Ergebnis einer einzigen Rechenoperation in den Speicher zu bewegen, wie für die Berechnung selbst.

Bei Rex-Chips wird der Speicher stattdessen über Software gesteuert. Dadurch kann auf den sonst nötigen Cache verzichtet werden, so dass Chips mit gleicher Rechenleistung kleiner werden und weniger Strom verbrauchen, sagt Sohmers.

Richard Vuduc, Associate Professor am Georgia Institute of Technology und Experte für Highperformance-Computing, bezeichnet die Grundidee als durchaus sinnvoll. Allerdings lasse sich damit nicht auf magische Weise der Stromverbrauch jeder Art von Rechenarbeit verringern. Das Thema sei auf jeden Fall ein bedeutendes Problem für Betreiber von Supercomputern und Rechenzentren. Die Lösung von Rex nehme Anleihen bei Ideen, mit denen in Forschung und Industrie schon früher geliebäugelt wurde, die aber nicht zu neuen Chip-Konzepten geführt hätten.

Allerdings gibt es die Stromeinsparungen bei dem Design von Rex nicht ohne Nachteile. Bestehende Software müsste dafür zunächst modifiziert werden. Rex arbeitet bereits an Werkzeugen, die das erleichtern sollen, aber Sohmers räumt ein, dass sie noch viel Arbeit erfordern. "Unsere ersten Kunden werden etwas Unterstützung von uns brauchen und einiges selbst zu entwickeln haben – das ist der Preis", sagt er.

Der Plan von Rex ist, zunächst auf Unternehmen abzuzielen, denen am stärksten an Effizienz gelegen ist. Dadurch wäre etwas Zeit gewonnen, um an Methoden für den leichteren Umstieg für andere Kunden zu arbeiten, die weniger dringend nach Stromsparmöglichkeiten suchen.

(sma)