Corning zeigt neues Displayglas Astra

Es ist einige Jahre her, dass Corning einen neuen Glastyp für die LCD-Industrie vorgestellt hat. Dies ändert sich nun mit der Ankündigung von Astra, einem neuen Glastyp für die LCD- und OLED-Industrie.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 6 Kommentare lesen
Corning zeigt neues Displayglas Astra
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Norbert Hildebrand

Seit vielen Jahren dominieren Muttergläser für LCDs mit Pixeltransistoren aus amorphem Silizium den Markt für Panelsubstrate. In High-End-Mobilanwendungen werden alternativ immer häufiger LTPS-Panels (Low Temperature PolySilicon) eingesetzt. Mit der wesentlich höheren Elektronenmobilität der LTPS-basierten Transistor-Backplanes erreichen mobile Displays eine deutlich bessere Performance. Da es schwierig und auch teurer ist, das LTPS-Verfahren für große Substrate anzuwenden, nutzen die meisten Fernseher weiterhin TFTs aus amorphem Silizium. Mit dem Einzug der OLED-Technik und dem Wechsel zu größerer Auflösung bei höheren Bildraten müssen schnellere TFT-Backplanes für High-End-Fernseher her.

Norbert Hildebrand

Norbert Hildebrand ist seit 22 Jahren in der europäischen und nordamerikanischen Industrie tätig. Er konzentriert sich auf neue Materialien und Technologien, die die Unterhaltungselektronik und die Displayindustrie beeinflussen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Wearables, Displaymaterialien (insbesondere glasbasierte) und mobile Produkte.

Diese Anforderungen lassen sich laut Han Yim, Business Direktor in Cornings High Performance Display Division, mit Oxid-TFTs realisieren. Die gebräuchlichste Form der Oxid-Technik ist IGZO (Indium Gallium Zinkoxid). IGZO erreicht zwar nicht dieselbe Elektronenmobilität wie LTPS, ist aber immer noch um mindestens den Faktor zehn besser als amorphes Silizium (a-Si). Zudem kann man IGZO auch für Substrate in Fabriken der Generation 10.5 nutzen. Allerdings musste man dafür ein Etch Stop Layer (ESL) einführen, um die Zuverlässigkeit der Oxid-TFTs zu gewährleisten. ESL erfordert einen zusätzlichen Patterning-Schritt, was die Produktion komplizierter und damit teurer macht.

Der BCE-Prozess (Back Channel Etch) ist recht ähnlich, eliminiert aber einen Patterning-Schritt, wodurch die Gesamtprozesskomplexität mit dem a-Si-Prozess vergleichbar ist. Auf der negativen Seite erfordert BCE einen Anealingprozess bei Temperaturen von 400 bis 500 Grad. In diesem Temperaturbereich stoßen übliche Backplane-Gläser an ihre Stabilitätsgrenzen – sie werden zu weich. Hier kommt das neue Astra-Glas von Corning ins Spiel.

Der Etch Stop Layer (ESL) soll die Zuverlässigkeit der Oxid-TFTs gewährleisten.

Dank BCE-Passivierung an Stelle einer ESL-Barriere spart man in der Oxid-TFT-Herstellung einen kompletten Prozessschritt und damit Zeit und Geld.

(Bild: Corning)

Das Problem: Das Substratglas verbiegt sich durch den Stress, der bei Prozesstemperaturen um 400 Grad auftritt. Um Verformungen zu vermeiden, muss das Glas bei diesen Temperaturen eine hohe Stabilität und Viskosität aufweisen. Gleichzeitig muss man die Verdichtung oder Schrumpfung bei derartig hohen Temperaturen minimieren, was ebenfalls eine ausreichend hohe Viskosität des Substratglases erfordert.

Neben den Hochtemperatur-Eigenschaften muss das Glassubstrat auch eine sehr gleichmäßige Gesamtdicke und eine sehr geringe Welligkeit besitzen. Das wird durch Cornings Fusionsprozess erreicht. Es gibt noch diverse andere physikalische und chemische Merkmale, die ein Glas zu einem guten Trägermaterial machen. In einem neuen Glastyp muss man all diese Eigenschaften optimieren und gleichzeitig die Viskosität bei hohen Temperaturen verbessern. Das bedeutet, dass das Substrat bei wesentlich höheren Glasformungstemperaturen hergestellt werden muss, da dieser Formschritt eine spezifische Viskosität erfordert, die die Glasformung ermöglicht.

Cornings thermisch stabiles Astra-Glas soll für die Produktion großer TVs mit IGZO Pixeltransistoren genutzt werden.

(Bild: Corning)

Astra-Glas ist ein alkalisches Boro-Alumino-Silikatglas ähnlich Cornings EAGLE XG-Typ Sein Erweichungspunkt (definiert als die Temperatur, bei der das Glas eine Viskosität von 107,6 Poise erreicht) wurde allerdings von 971 Grad bei Eagle XG auf 1013 Grad bei Astra erhöht. Der Temperaturplus für Astra beträgt damit etwa 42 Grad am Erweichungspunkt und steigt auf 56 Grad am unteren Kühlpunkt (1014,5 Poise). Die neue Zusammensetzung erhöht zugleich den Youngs-Modul von 74GPa für das Eagle XG Glas auf 81GPa für Astra. Insgesamt ist Astra ein Glas, das eine höhere Temperaturbelastung ohne Verformung erträgt; es bietet damit genau das, was für das IGZO BCE-Verfahren erforderlich ist.

Astra ist zunächst als Substrat für Fabs der Generation 7.5 bis 8.5 verfügbar und soll künftig auch in Gen 10.5 einsetzbar sein. Die Glasdicke reicht von 0,25 mm bis 0,5 mm – auch wenn Astra Glass für mobile Geräte die gleichen Vorteile bietet wie für Fernseher, ist das für mobile Anwendungen zu dick. Da Mobildisplays auf Gen 6-Linien statt auf Gen-10.5-Fabs hergestellt werden, muss das Glas für die aktuelle Smartphones auf geringere Dicken heruntergeätzt werden. Daher wurde Astra-Glas zusätzlich auf schnellere Ätzraten bei minimaler Schlammbildung optimiert, womit es auch für mobile Displays zu einem optimalen Kandidaten wird. Angesichts der genannten Vorteile ist sich Corning sicher, dass Astra für die Displayindustrie ein großer Schritt nach vorn sein wird. (Norbert Hilldebrand) /

Dieser Artikel erschien zuerst bei Display Daily (uk)