Der Abdruck der Stimme

Sprachbiometrie soll künftig dabei helfen, Geschäfte am Telefon abzusichern - beispielsweise das Telefonbanking. Erste kommerzielle Versuche starten demnächst in Europa.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Duncan Graham-Rowe

Wer Telefonbanking nutzt, wird sie längst kennen: Spracherkennungssysteme, die das Durchführen von Banktransaktionen auch ohne Call Center-Mitarbeiter möglich machen. Allerdings sind solche Systeme nicht besonders intelligent: Sie erkennen zwar inzwischen problemlos Zahlen und Worte, können verschiedene Stimmen jedoch nicht unterscheiden. Kennt ein Dieb die richtige Kontonummer samt passender PIN, kann er sich also problemlos vom Konto des Opfers bedienen, ohne dass er sich wie dessen Besitzer anhört.

Ein britisches Unternehmen will nun bald ein System auf den Markt bringen, das diese Lücke schließt: Es nutzt individuelle Sprachprofile als Türöffner, das so genannte "Voiceprinting", den Sprach-Fingerabdruck. Dadurch ergäbe sich eine weitere Sicherheitsschicht: Die PIN lässt sich zwar stehlen, die eigene Stimme aber kaum. Zudem ließe sich der Kontozugang beschleunigen – Kontonummern und PIN wären womöglich gar nicht mehr notwendig, weil der Computer den Kontobesitzer direkt an der Stimme erkennt.

Das neue System nennt sich "Voice Vault" und wird von Biometric Security aus Surrey hergestellt. Der Kontobesitzer sagt zum Kontozugang einfach seinen Namen, sein Geburtsdatum und ein Passwort auf, wie Technologiechef Vance Harris erklärt. Biometric Security hat bereits einige Banken als Kunden – eingesetzt wird das System bislang allerdings nur für interne Sicherheitszwecke. Bis Dezember soll "Voice Vault" aber auch im Telefonbanking-Kundenverkehr eingesetzt werden – bei einer europäischen Bank, deren Namen Biometric Systems derzeit noch nicht verraten will.

Der Benutzer wird sich nur wenige Dinge merken müssen, um das System bedienen zu können – die Stimme reicht zur Authentifizierung. Vor der ersten Benutzung müssen sich die Kunden allerdings registrieren: In einer Trainingsphase sagt man verschiedene Worte auf, mit denen das System die individuellen Frequenzen des Sprechers aufnimmt. Daraus wird im Anschluss ein statistisches Modell der Sprachwellenform ermittelt, mit dessen Hilfe das System den Kunden auch dann erkennen kann, wenn er einen ganz anderen Satz spricht. Beim Zugriff aufs Konto überprüft "Voice Vault" dann nicht nur, ob Name, Geburtsdatum und Passwort stimmen, sondern auch, ob die Sprachwellenform mit dem gespeicherten Muster übereinstimmt.

Der Aufbau eines Sprachmodells einer Person ist ein aktuell sehr populärer Ansatz bei Sprachverifikationssystemen, wie Aladdin Ariyaeeinia, Sprachforscher an der University of Hertfordshire, bestätigt. In der Tat arbeiten viele Firmen an ähnlichen Systemen. Noch Zukunftsmusik ist allerdings eine Software, die vollkommen unabhängig vom Text arbeitet. Diese würde Stimmen derart gut erkennen können, dass man nur noch bei seiner Bank anrufen müsste, und diese den Kunden sofort authentifiziert, wenn er nach dem Kontostand fragt.

Voiceprinting hat gegenüber anderen biometrischen Verfahren noch weitere Vorteile. Im Gegensatz zu anderen Techniken wie Fingerabdruck-Lesern oder Iris-Scans wird nämlich keine zusätzliche Hardware (bis auf eine Soundkarte mit Mikrofon) benötigt.

"Nahezu alle Computer haben Sensoren für Sprache längst eingebaut. Das ist ein großer Vorteil, während man bei anderen biometrischen Systemen zusätzliche Sensoren braucht", meint Mike Brookes, Experte für Signalprozessor-Systeme am Imperial College of Science, Technology and Medicine in London. Der Spracherkennungsspezialist sieht auch die einfache Bedienung (bei der man beispielsweise die Hände frei hat), als großen Vorteil an.

"Spracherkennungssysteme stehen seit einigen Jahren kurz vor dem Durchbruch", sagt Brooks. Nun sei es endlich soweit. Insbesondere Telekommunikations- und Handy-Firmen seien daran interessiert, E-Commerce-Dienste über sprachgesteuerte Internet-Endgeräte anzubieten.

Kreditkarten-Anbieter setzen unterdessen zunehmend auf PIN-Systeme, um Transaktionen im Laden zu authentifizieren. Dadurch geht der Kreditkarten-Betrug deutlich zurück – in Großbritannien etwa 2005 um 13 Prozent. Allerdings helfen die PINs bei Transaktionen über das Internet, das Telefon oder bei Katalogbestellungen wenig – hier reicht normalerweise die Angabe der Kartennummer. Biometrics Systems-Technologiechef Harris glaubt, dass Voiceprinting hier künftig Abhilfe schaffen könnte.

Übersetzung: Ben Schwan. (wst)