Der Geruch von Krebs

Forscher haben herausgefunden, dass Hauttumore ein bestimmtes Duftprofil besitzen, das sich für die Früherkennung nutzen lässt.

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Von
  • Corinna Wu

Menschen, die ein erhöhtes Hautkrebsrisiko haben, müssen sich regelmäßig untersuchen lassen und Biopsien verdächtiger Bereiche vornehmen, damit mögliche Tumore in ihrer Frühphase gestoppt werden können. Eine schnelle, nichtinvasive Erkennungsmethode könnte das Leben dieser Patientengruppe nun deutlich erleichtern. Forscher haben ein charakteristisches Duftprofil identifiziert, das Hautkrebstumore abgeben. Damit könnte es in Zukunft möglich sein, problematische Stellen mit Hilfe von Sensoren zu ermitteln.

In den Vereinigten Staaten werden jedes Jahr mehr als eine Million Hautkrebsfälle diagnostiziert. Basalzell- und Plattenepithelkarzinome sind die häufigsten Arten, die sich zum Glück nur selten im Körper ausbreiten und zumeist nicht tödlich sind. Melanome, die weniger als fünf Prozent aller Hautkrebsfälle ausmachen, sind hingegen die Hauptauslöser von Hautkrebstodesfällen.

Forscher haben seit langem vermutet, dass Tumore einen einzigartigen Geruch abgeben – so können Hunde Melanome und andere Krebsarten offenkundig erschnüffeln. Armand Cognetta, Dermatologe aus Florida, trainierte einen Vierbeiner darauf, Melanomproben aufzufinden, die in einem Raum versteckt waren. Das Tier konnte auch Melanome bei Hautkrebspatienten erkennen. "Die Hunde riechen definitiv etwas, doch bislang konnte noch niemand feststellen, was das genau ist", sagt Michelle Gallagher, als Postdoc Wissenschafterin am Monell Chemical Senses Center in Philadelphia und derzeit als leitende Forscherin bei der Chemiefirma Rohm & Haas beschäftigt.

Gallagher und ihr Doktorvater, der Monell-Chemiker George Preti, versuchten deshalb, Geruchsmarker zu identifizieren. In Zusammenarbeit mit Dermatologen an der University of Pennsylvania rekrutierten das Team elf Personen mit Basalzellkarzinom für die Studie. Eine Kontrollgruppe mit passendem Alter, Geschlecht und ethnischer Herkunft stand ebenfalls bereit. Die Freiwilligen gingen zunächst durch einen Waschprozess, der eine Woche lang andauerte – sie nutzten parfümfreie Shampoos und Seifen und trugen T-Shirts, die von den Forschern ausgegeben wurden, um externe Geruchsquellen auszuschließen.

Die Forscher sammelten dann Duftproben, in dem sie einen Trichter mit absorbierenden Fasern 30 Minuten lang über der Haut der Freiwilligen platzierten. Die Haut wurde außerdem mit einer Alkohollösung gewaschen, um Stoffe, die auf der Hautoberfläche saßen, aufzusammeln. "Wir fanden zwei Chemikalien, die sich bei den Versuchsgruppen besonders stark unterschieden", sagt Gallagher. Beide Stoffe waren zwar bei Kranken wie Gesunden vorhanden. Bei den Hautkrebspatienten war einer der Stoffe jedoch über ihren Tumoren in einer höheren Konzentration vorhanden und der andere in einer niedrigeren.

Die Forscher sind sich noch nicht sicher, welcher biochemische Signalweg diese beiden Stoffe erzeugt und welcher Prozess die Veränderungen bei ihrer Konzentration auslöst. "Es ist aber wenig überraschend, dass es eine physiologische oder chemische Basis für dieses bestimmte Geruchsmuster gibt", meint der Dermatologe Paul Nghiem von der University of Washington, der die Studie kennt. Krebszellen unterscheiden sich von regulären Zellen auf vielfältige Art, von der Genexpression bis zur Proteinsynthese. "Wenn einige dieser Proteine volatil sind, liegt es nahe, dass diese Unterschiede erkannt werden können."

Gallagher und Preti untersuchen auch noch andere Biomarker für Hautkrebs. Sind sie einmal erkannt, können Sensortechnologien wie "elektronische Nasen", die sich derzeit in der Entwicklung befinden, auf die chemischen Stoffe programmiert werden und die Tumore anzeigen. "Statt einer visuellen Inspektion und einer Biopsie würde man dann einen Sensor einfach über den Körper bewegen", sagt Gallagher.

Die aktuelle Studie konzentrierte sich auf Menschen mit Basalzellenkarzinom, weil es hier wesentlich mehr Fälle als bei ernsteren Melanomen gibt und sich so einfacher Freiwillige finden lassen. Derzeit suchen die Forscher deshalb nach Patienten mit Melanomerkrankung, um die Studie dort zu wiederholen. "Es gibt ein Fenster, in denen es für Erkrankte sicher ist, nach der Diagnose ein bis zwei Wochen nicht zum Arzt zu gehen", sagt Gallagher. So sei auch die notwendige Waschphase und Aufbereitung der Geruchsproben möglich.

Bei Melanomfällen wäre eine schnelle Erkennmethode am nützlichsten, sag Nghiem. "Das ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die sich klinisch manchmal nur schwer diagnostizieren lässt."Basalzellenkarzinome sind hingegen recht leicht feststellbar, selten lebensbedrohlich und mittels chirurgischer Eingriffe heilbar. (bsc)