Der Pandemie-Stopper

Ein breit wirkender Impfstoff auf DNA-Basis könnte der Schlüssel zur Bekämpfung der Vogelgrippe sein, hoffen Forscher.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Lauren Gravitz

Die Vogelgrippe steht ganz oben auf der Liste potenzieller Pandemie-Gefahren für die Menschheit – ausgelöst durch virulente Influenzastämme, die sich schnell über den Globus verbreiten. Die Vorsorge erweist sich bislang als schwierig. So hat die US-Gesundheitsaufsicht bislang nur einige wenige Impfstoffe zugelassen, die das Virus abwehren können, doch müssen diese in Hühnereiern gezüchtet werden, benötigen bis zu sechs Monate in der Herstellung und wirken jeweils nur gegen einen bestimmten Erregerstamm. Ein neuer DNA-Impfstoff, den Forscher bald am Menschen testen wollen, könnte nun womöglich wesentlich breiteren Schutz liefern.

Die Geflügelinfluenza, ausgelöst von einer Variante des H5N1-Virus, befiel bereits Hunderte Millionen Flugtiere auf der Erde. Das Virus mutiert schnell; einige dieser Mutationen können auf den Menschen überspringen und tödlich sein. Bislang starben weltweit mindestens 250 Personen daran, womöglich sogar noch mehr.

"Alle fürchten, dass das Virus nur ein paar wenige Mutationsstufen durchlaufen muss, um extrem virulent zu werden und sich von Mensch zu Mensch zu übertragen. Aus diesem Grund handelt es sich auch um eine der größten Pandemiegefahren unserer Tage", sagt David Ho, Professor an der Rockefeller University und wissenschaftlicher Direktor des Diamond AIDS Research Center in New York. "Die Gefahr besteht dabei stets weiter, auch wenn das Thema nicht mehr bei vielen Menschen auf dem Radarschirm ist."

Die schnellen Mutationen machen das Virus so erfolgreich. Die paar Impfstoffe, die zur Behandlung zugelassen sind, wurden mit bekannten Erregern geschaffen und immunisieren dadurch nur gegen einen bestimmten Stamm. Um ein breiter wirkendes Impfmittel zu schaffen, erprobten Ho und seine internationale Kollegen von der Academia Sinica in Taiwan einen DNA-basierten Ansatz. Solche Impfstoffe bestehen aus Erbgutmaterial, das gentechnisch so verändert wurde, dass es eine bestimmte Immunantwort im Körper liefert. Dadurch wird eine genauere Kontrolle der Wirkweise ermöglicht als bei traditionellen Mitteln.

Ho und sein Team konzentrierten sich auf das Gen für Hämagglutinin, das das äußere Protein des Virus produziert und auf das die menschliche Immunantwort reagiert. Sie schufen daher eine DNA-Sequenz für das Gen, das Hämagglutinin produziert – und zwar unter Nutzung von Genen, die von verschiedenen H5N1-Stämmen untereinander geteilt werden, also nicht nur bei einem einzelnen Stamm vorkommen.

DNA-Impfstoffe haben viele Vorteile: Sie haben eine lange Lebensdauer, sind stabil und benötigen kein Einfrieren. Außerdem lassen sie sich schnell modifizieren und können billig und schnell hergestellt werden. Sie haben allerdings einen Nachteil: Injektionen in Muskelgewebe ergeben nur eine sehr ineffiziente Aufnahme des Wirkstoffes. Um dieses Problem zu lösen, nutzten Ho und seine Kollegen eine Technik namens Elektroporation, eine Methode, die in frühen Studien positive Ergebnisse gezeigt hatte. Dabei wird der Impfstoff mit kleinen elektrischen Stimuli kombiniert, die an der Einstichstelle angewendet werden. Das sich daraus ergebende elektrische Feld erhöht die DNA-Aufnahme durch die Muskelzellen.

Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass man mit einer Konsenssequenz Mäuse gut immunisieren könne, sagt Ho. Die Immunantwort falle danach ziemlich breit aus für Viren aus den verschiedenen Ästen des H5N1-Baums. Dies habe sich im Tierversuch mit mehreren Stämmen gezeigt.

"Ich halte das für einen sehr interessanten, einfallsreichen und neuen Ansatz", meint der Virologe Peter Palese, Chef des Instituts für Mikrobiologie an der Mount Sinai School of Medicine in New York. "Dabei werden verschiedene neue Erkenntnisse genutzt. Man sollte der Methode eine Chance geben, sie am Menschen zu untersuchen."

Besonders attraktiv an der Wirkweise sei, dass der Impfstoff eine Immunität für verschiedene Virenstämme stimuliere. "Die aktuellen Mittel sind sehr eingeschränkt. Ist eine zirkulierende Virenvariante plötzlich ganz anders, haben wir ein Problem", sagt Palese. (bsc)