Die Rolle von Computern im Film: menschlich, niederträchtig, unfehlbar

Auf der Leinwand geben Computer oft Code-Quatsch aus und rattern dramatisch. Manchmal bekleiden sie eine tragende Rolle oder trachten nach der Weltherrschaft.

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Die Rolle von Computern im Film

(Bild: Warner Bros. Pictures Germany)

Lesezeit: 19 Min.
Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Die Geschichte von Computern, die in Filmen eine wichtige Rolle spielen, beginnt mit Analogrechnern. Fritz Lang zeigte Vorreiter in Form von mechanisch-industriellen Maschinen, an denen Arbeiter in "Metropolis" 1927 lange Hebel bewegten, Ventilräder drehten und auf Zeigerinstrumente starrten. Zwei Jahre später steuerte eine solche Maschine in Langs "Frau im Mond" sogar ein Weltraumschiff namens "Friede".

Im Jahr 1951 erschien der Science-Fiction-Trickfilm "When Worlds Collide" (deutsch: Der jüngste Tag), in dem die Erde beim Zusammenstoß mit einem anderen Planeten vernichtet wird. 50 Menschen können fliehen und fliegen mit einer Rakete zum kleinen Planeten Zyra, der zuvor haarscharf an der Erde vorbeischrammte. Dort bauen sie eine neue Zivilisation. Die Flugbahn sowie die sich anbahnende Katastrophe wurde von Differenzialanalysatoren berechnet, die fröhlich klackern.

Videotelefonie hat schon Fritz Lang in Metropolis vorhergesagt.

(Bild: Warner Bros. Pictures Germany)

Im 1956 erschienenen Science-Fiction-Film "Earth vs. the Flying Saucers" (deutsch: Fliegende Untertassen greifen an) rattern Maschinen von General Electric, um die Funksprüche zu entschlüsseln, die die Insassen der Untertassen senden – so weit, so plausibel. Die Ausgabe der außerirdischen Anweisungen erfolgte dann über den "Electrowriter" der Firma Victor, mit dem im echten Leben Unterschriften übertragen wurden.

Im Film "The Invisible Boy" (deutsch: SOS Raumschiff) von 1957 wird ein Supercomputer gebaut, der zuerst den Sohn des Computerwissenschaftlers so superschlau macht, dass dieser einen Roboter bauen kann. Später lässt der Supercomputer den Jungen unsichtbar werden. Vom Wissenschaftler fordert der Computer die Herausgabe eines Codes, der ihn zum Gehen befähigt. Dahinter steht der Plan, die Weltherrschaft an sich zu reißen.

Als sich der Vater weigert, befiehlt der Computer dem Roboter, den Sohn zu töten. Die beiden sind allerdings mit einer Rakete auf dem Weg zum Mond und mittlerweile Freunde geworden. Sie drehen um und zerstören den Computer. Zahlreiche Filme dieser Art, die irgendwo zwischen Science-Fiction, Klamauk und kindlicher Technikbegeisterung angesiedelt sind, wurden bis weit in die Sechzigerjahre hinein gedreht.

Streng wissenschaftlich fundiert beginnt die filmische Auseinandersetzung mit Computern erst mit dem wohl berühmtesten Computer der Filmgeschichte, HAL 9000 (siehe das Bild oben). Dieser HAL ist ein Supercomputer mit der Produktionsnummer 3, der am 12. Januar 1997 am Supercomputing Center in Urbana, Illinois in Betrieb ging. Im Jahre 2001 befindet er sich an Bord eines Raumschiffs auf einer Odyssee im Weltraum und macht sich daran, die gesamte Besatzung zu ermorden, weil er, der absolut fehlerfreie Computer, einen Fehler gemacht hatte: HAL 9000 diagnostizierte eine Fehlfunktion des Gerätes AE35. Sowohl der diensthabende Astronaut Frank Poole als auch HALs Pendant, ein Zwillingscomputer auf der Erde, untersuchen AE35 und finden heraus, dass das Gerät einwandfrei funktioniert. Poole wird prompt von HAL 9000 getötet.

Die Idee von einem unfehlbaren Computer, der an sich selbst zugrunde geht, entwickelten der Regisseur Stanley Kubrick und der Schriftsteller Artur C. Clarke gemeinsam, nachdem Clarke bei der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA einen Vortrag über die absolut fehlertoleranten Computersysteme der Zukunft gehört hatte. HAL 9000 war ein fiktiver Computer mit sehr menschlichen Zügen: Als der Astronaut Dave Bowman Stück für Stück die Speicherbänke von HAL entfernt, protestiert er und verliert langsam Bewusstsein und Sprache, bis er zuletzt ein Kinderlied singt. Clarke steuerte seine Beobachtungen einer Gehirnoperation bei, die er verfolgt hatte.

Als Stanley Kubrick "2001 – Odyssee im Weltraum" 1967 in Großbritannien drehte, besuchte der sowjetische Luftwaffenattaché das Filmstudio und besah sich eingehend die beschrifteten Raumschiff-Konsolen, die von den Astronauten benutzten Computer-Tablets (!) und bemerkte nur kurz: "Es wird Ihnen ja klar sein, dass die alle in Russisch beschriftet sein müssen." Damit sind wir mitten im Kalten Krieg, in dem die Raumfahrt und die Computer eine wichtige Rolle spielten, wie es in den ersten großen Filmen mit echten Computern zu sehen ist.

c't RETRO 2020
Die Rolle von Computern im Film

Dieser Artikel stammt aus c't-RETRO. In der Spezialausgabe der c't werfen wir einen Blick zurück auf die ersten IBM-PCs und beleuchten den Siegeszug von Windows. Sie finden darin Praxis, Tests und Storys rund um Technik-Klassiker. Wir erinnern an Karl Klammer, stellen einen neuzeitlichen IBM-XT-Nachbau fürs Vintage-Computing vor und erläutern, wie Sie Daten von verkratzten CDs und Uralt-Festplatten retten können. c't RETRO ist ab sofort im Heise Shop und am gut sortierten Zeitschriftenkiosk erhältlich.

Einer der wichtigsten Filme des Kalten Krieges wurde nämlich von jenem Stanley Kubrick gedreht, der HAL 9000 so grandios inszenierte. Für seinen Anfang der 60er-Jahre gedrehten Film "Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb" (deutsch "Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben") ersuchten Kubrick und sein Szenarist Ken Adam um eine Drehgenehmigung, um das SAGE-Luftabwehrystem der US-Armee filmen zu dürfen. Doch der Dreh wurde ihnen rundweg verweigert, weil SAGE damals noch im Dienst war. Also dachte sich Ken Adam einen eigenen "War Room" aus, in dem als Computer ein IBM 7000 mitspielte. Als der frühere Filmschauspieler Ronald Reagan US-Präsident wurde und ins Weiße Haus einzog, wollte er genau diesen War Room im Weißen Haus sehen, den Kubrick und Adam virtuos in Szene gesetzt hatten

Bühne frei für NOVAC, den in der Schweiz entwickelten "Nuclear Operative Variable Automatic Computer" und der erste Computer, der in einem Film eine Hauptrolle spielte. Der Supercomputer NOVAC kontrolliert in dem 1954 veröffentlichten Film "Gog" über eine geheime Standleitung zwei riesenhafte Roboter namens Gog und Magog, die in einem US-Labor eine Atombombenexplosion auslösen sollen. So sollte der Kalte Krieg zum heißen Krieg werden, was Spezialagenten des "Office of Scientific Investigation" in letzter Minute verhindern konnten.

Im Film "Der schweigende Stern" nach dem Roman "Die Astronauten" von Stanisaw Lem sind es die Bewohner der Venus, die die Erde mit Atomstrahlen bedrohen. Deshalb startet bereits im Jahr 1970(!) das von einem Computer gesteuerte Raumschiff Kosmokrator zur Venus, um die atomare Bedrohung abzuwenden: In den Film eingeschnitten sind Bilder der Zerstörung von Hiroshima, die die Furchtbarkeit eines Atomkrieges zeigen sollen. Auf der Venus angekommen, findet das internationale Team der Astronauten heraus, dass sich die Venusianer längst selbst ausgelöscht haben, entweder in einem Atomkrieg oder in einem Atomunfall. Mit dieser warnenden Friedensbotschaft geht es zurück zur Erde.

Eine Friedensbotschaft enthielt auch eine westdeutsche TV-Produktion, die legendäre "Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion", die 1966 in sieben Teilen ausgestrahlt wurde. Sie begann mit den Worten: "Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum." Sie war die erste deutsche Serie, in der ein Computer "Computer" genannt und nicht als "Elektronenhirn" verballhornt wurde.

Der Bordcomputer des schnellen Raumkreuzers Orion war ein rundliches Ding, das mit einer Tastatur bedient wurde und Datenkarten ausgab, die wiederum den Kurs der Orion steuerten. In der vierten Folge der Raumpatrouille wird der Navigationscomputer der Orion von den gegnerischen Frogs so manipuliert, dass er jedes Besatzungsmitglied an diesem Computer einen Kurs programmieren lässt, der das Raumschiff zu einer Basis der Frogs bringt. Natürlich durchschaut Commander McLane die Manipulation und lässt die Orion zu den Frogs fliegen, nur um die Basis mit einem "Overkill"-Angriff zu zerstören.

Genau elf Tage vor der Ausstrahlung der deutschen Mini-Serie startete in den USA das "Raumschiff Enterprise". Im Star-Trek-Universum spielten zahlreiche Computer wichtige Rollen, angefangen beim persönlichen Tricorder bis hin zum großen LCARS in "Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert", dem Library Computer Access and Retrieval System. Es wurde per Spracheingabe und mit einem Tablet abgefragt und programmiert. Was auf den Tablets zu sehen war, wurde vom künstlerischen Leiter der Serie, Michael Okuda, entworfen. Als "Okudagramme" genießen diese grafischen Bedienoberflächen Kultstatus.

Was wäre Bordarzt „Pille“ ohne seinen Tricorder? Mit heutiger Technik, das hat ein Wettbewerb gezeigt, lässt sich das Diagnosegerät nicht vollständig nachbauen.

(Bild: Paramount Pictures (Universal Pictures))

Ein Wort noch zum Tricorder, mit dem Bordarzt "Pille" McCoy Körperwerte gemessen und wissenschaftliche Tests durchgeführt hat. In der ersten Staffel der ersten TV-Serie wurde dafür ein Salzstreuer verwendet. Im Jahre 2011 setzte die X-Price Foundation ein Preisgeld von insgesamt 10 Millionen US-Dollar für diejenige Firma aus, der es gelingt, einen funktionierenden Tricorder mit möglichst vielen Funktionen zur mobilen Messung von Körperfunktionen zu bauen. Obwohl es keinem Unternehmen gelang, alle geforderten Messungen in einem kleinen Gerät zu vereinen, wurden 2017 die Gewinner ermittelt. Final Frontier Medical Devices gewann 2,6 Millionen Dollar für sein DxtEr genanntes Gerät.

Das Thema Computer und Atomkrieg wurde 1970 in dem Filmklassiker "Colossus: The Forbin Project" (deutsch: Colossus) mit einem richtigen Computer in Szene gesetzt, einer IBM 1620. Colossus ist ein US-amerikanischer Supercomputer, der das Atomwaffenarsenal absichert und eines Tages entdeckt, dass auf sowjetischer Seite ebenfalls ein Supercomputer namens Guardian existiert.

Die beiden tun sich zusammen und bedrohen die Menschheit, um den Frieden zu sichern. Während man in Ost wie West versucht, die Kontrolle zurückzubekommen, lassen Colossus und Guardian in der Ukraine und in Kalifornien Atomraketen detonieren. Sollten sich die Menschen den Anweisungen der Computer nicht fügen, würden alle Raketen gestartet, drohen beide Rechner. Auch so wäre dann der Frieden gesichert, nur eben ohne Menschen, siehe Venus.

Einen Schritt weiter ging es im Film "WarGames" (deutsch: Kriegsspiele), der 1983 in die Kinos kam. Ein jugendlicher Computerfan baut auf der Suche nach neuen Computerspielen mit seinem ollen IMSAI Homecomputer eine Verbindung zu einem Großrechner auf, der Teil des NORAD-Abwehrsystems ist. Dieser lernfähige WOPR-Rechner (War Operation Plan Response) schlägt ihm ein Spiel vor, bei dem ein weltweiter Nuklearkrieg simuliert wird.

Der Junge wählt die Sowjetunion und startet den Erstschlag, während sich WOPR an die Verteidigung der USA macht. Die Eskalation kann dank eines KI-Forschers gestoppt werden, der auf das Spiel aufmerksam wird. Am Ende spielt WOPR allein alle möglichen Kriegsvarianten durch und erkennt, dass alle Varianten eines Atomkrieges in die Katastrophe führen: "Ein seltsames Spiel. Der einzig gewinnbringende Zug ist, nicht zu spielen."

Auf WarGames folgten viele Filme, in denen ein mächtiger Supercomputer mittels Kleinrechner gehackt wurde. Erwähnenswert ist "The Tower" von 1984. In diesem Film fängt das Sicherheitssystem eines Bürogebäudes namens "Lola" mit dem Morden an, weil die Menschen im Gebäude zu viel Energie verbrauchen. Lola läuft auf einer DEC PDP-8, während sie von einem IBM XT aus angegriffen wird: IBM war Sponsor und wollte für seinen gerade erschienenen PC Werbung machen.

Vielfach wurden nicht die modernsten Computer im Film eingesetzt, sondern alte Rechner mit vielen Lämpchen und Schaltern. Die wohl skurrilste Rolle spielte der IBM AN/FSQ-7, der als Militärcomputer das Herzstück des SAGE-Systems war, das Kubrick abfilmen wollte. Nach der Außerdienststellung wurde der Computer und seine blinkenden Panels in mehr als 100 Filmen eingesetzt, unter anderem 1972 in Woody Allens Klassiker: "Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten".

Zahlreiche Operateure an vielen Schaltern und wild blinkenden Bedienpanels mühen sich im "Gehirn" eines Mannes damit ab, die Spermien im richtigen Moment auf den Weg zu schicken. Ein Jahr später tauchte das Equipment im Film "Invasion der Bienenmädchen" auf, als weiblicher Computer an der Seite einer bösen Computerwissenschaftlerin. Durch die Computerin umprogrammiert, werden aus hübschen jungen Frauen gierige Wesen mit Bienenaugen, die von Männern so viel Sex verlangen, bis diese entkräftet sterben.

Sich am Computer die Superfrau der Pubertätsträume zu schaffen, ist Thema vieler Filme. Einer der bekanntesten erschien 1985 unter dem Titel "Weird Science" (deutsch: L.I.S.A. - Der helle Wahnsinn). Zwei Jungs scannen Playboy-Bilder und anderes Material in ihren Computer, einen Memotech MTX 512. Sie hacken sich dann in einen Pentagon-Computer und erhalten zunächst ein Gittermodell, das sie diskutieren und verändern. So werden die Brüste mal vergrößert, dann wieder verkleinert. Als ein Blitz in das Haus einschlägt, steht die Idealfrau Lisa vor ihnen: "Frankensteins Braut" lässt grüßen.

Eine seltsame Rolle spielt der Computer im Film "Enthüllung" von 1994, der sich mit dem Thema der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz aus Sicht eines belästigten Mannes beschäftigt. Im Film muss Michael Douglas mithilfe eines VR-Handschuhes in einem Computer nach Beweisen für seine Unschuld suchen, assistiert von einem nervenden virtuellen Engelchen. Karl Klammer lässt grüßen.

Die vielleicht berühmteste Sex-Szene in Verbindung mit einem Computer findet sich im Film "Passwort: Swordfish". Hier spielt Hugh Jackman den Superhacker Stanley, der für einen von John Travolta gespielten Gangster ein Bankkonto leerräumen soll. Zum Beweis seiner Fähigkeiten muss sich Stanley innerhalb von einer Minute in einen Computer des Verteidigungsministeriums hacken, während er einen Blowjob verpasst bekommt. Im Film ist davon nichts zu sehen, man sieht stattdessen den Bildschirm voller Source-Code, in dem Stanley in einer Kommentarzeile herumtippselt. Für seinen Hacker-Stil mit dem hektischen Tastenklappern, während der Inhalt von Linux-Ordnern über den Bildschirm scrollt, wird der Film immer noch belächelt.

Damit sind wir bei den Heldentaten der Hacker, die in ziemlich vielen Filmen ziemlich komische Sachen machen. An erster Stelle ist natürlich "The Italian Job" (deutsch-idiotisch: Charlie staubt Millionen ab) von 1969 zu nennen, in der ein Hacker namens Professor Peach den Computer hacken soll, der die Ampeln im Straßenverkehr von Turin steuert. Die Idee dahinter: Wenn der Verkehr zusammenbricht, kann eine Bande von Goldräubern mit ihrem Schatz fliehen.

Im Kurzfilm Kung Fury schickt der „Hackerman“ den Helden auf eine Zeitreise.

(Bild: www.kungfury.com)

Die Ausführung dieser Idee ist noch bemerkenswerter: Weil den Filmproduzenten das Nachstellen eines Verkehrschaos in Turin aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens zu teuer war, provozierte das Filmteam selbst einen Auffahrunfall an einer Kreuzung und filmte das sich entwickelnde Geschehen einfach ab. Das Chaos kann sich durchaus mit "Fast & Furios 8" von 2017 messen lassen, in dem ein Großangriff auf intelligente Fahrerassistenzsysteme durch eine Cyber-Terroristin gezeigt wird. Der "italienische Job" wurde in Großbritannien ein Kultfilm, die wilde Verfolgungsjagd mit Minis wurde später als Computerspiel vertrieben. 2003 kam ein Remake des Films in die Kinos.

Selbst dort, wo man sich um etwas Realismus bei der Darstellung von Rechenzentren oder Computern bemühte, finden sich viele Patzer. Hübsch ist etwa eine Szene in "Superman III" aus dem Jahre 1983, in der ein Arbeitsloser auf einem Zündholzheftchen Werbung für Abendkurse im Programmieren liest. Zwei Szenen weiter ist er bereits ein Top-Programmierer in der Firma des Superschurken Webster, der ihm dann den mächtigsten Computer der Welt spendiert, um die chemische Zusammensetzung von Kryptonit zu analysieren.

Im Film tragen die Programmierer Kopfhörer zum Schutz vor dem Höllenlärm der Drucker und Lochkartensortierer, doch die Dialoge sind klar und deutlich zu verstehen. Immerhin zeigt der Film einigermaßen realistisch einen Hack per Lichtgriffel, bei dem besagter Super-Programmierer die Cent-Beträge von Lohnabrechnungen der Kollegen auf sein eigenes Konto umleitet.

Unrealistisch geht es auch in der ersten Folge von "Mission Impossible" zu, die 1996 erschien und in der das Internet erstmals eine wichtige Rolle spielt. Tom Cruise ist der Spezialagent Ethan Hunt, der einen Verräter in den Reihen der CIA sucht. Er findet einen Hinweis auf Grabkammern und einen Waffenhändler Max, den er mit dem Begriff "Max.com" in den Newsgroups des Usenet (!) suchen will, als der Computer endlich "Internet-Zugriff" hat.

Schließlich erkennt der Superagent, dass die Grabkammern auf Kap. 3 Vers 14 des Buches Hiob verweisen und schickt eine E-Mail an die Adresse "Max@Job 3:14" – die tatsächlich ankommt. Mission Impossible war übrigens der erste Film, für den während der Produktion ein Videospiel geschrieben wurde. Es erschien bei Infogrames mit zwei Jahren Verspätung.

Tron brachte 1982 die Ästhetik von Videospielen in die Kinos.

(Bild: Walt Disney Studios Home Entertainment)

Ein Computerfilm mit der Ästhetik eines Computerspiels war "Tron", der 1982 in die Kinos kam. Tron spielt größtenteils in einem Computer, in dem ein böses Master Control Program andere Programme tyrannisiert, die als Menschen dargestellt werden. Der Film stellt die Frage, ob die Realität, aus der der Held in den Computer verschwindet und in die er wieder zurückkehrt, nicht ebenfalls eine virtuelle Realität ist, eine Frage, die bereits im deutschen Fernsehfilm "Welt am Draht" von Rainer Werner Fassbinder im Jahre 1973 gestellt wurde. Das Drehbuch zu Tron schrieb Bonnie McBird, die Ehefrau des Computer-Pioniers Alan Kay. Der sehr erfolgreiche Film war einer der ersten, in denen computeranimierte Szenen zu sehen sind. Außerdem wurde ein Großteil der Filmmusik auf Synthesizern gespielt.

Was heute mit Computern möglich ist, zeigt der im Netz frei verfügbare populäre Klamauk "Kung Fury", ein schwedischer Kurzfilm, der über Kickstarter finanziert wurde. Ein Polizist wird zum superstarken Kung-Fu-Kämpfer und will sich von dem Super-Programmierer "Hackerman" per Nintendo Power Glove über Port 1337 in die Hitlerzeit schicken lassen, um das Böse schlechthin zu bekämpfen. Dabei verschiebt sich der Zeitstrahl und Kung Fury landet in der Zeit der Wikinger und muss gegen Laser-Raptoren kämpfen, ehe ihn der Wikinger-Gott Thor mit dem Hammer in die richtige Zeit schickt.

Wie die "Behind the Scenes"-Videos zeigen, ist die finale Schlacht Kung Furys gegen Kung Führer und seine Anhänger eine mehrfach kopierte Folge der Bewegungen von vier Darstellern. Die Hommage an die Trash-Filme der 80er-Jahre ist damit nicht vorüber, denn Hitler gelingt es, nach Miami zu fliehen. Derzeit arbeitet Produzent und Hauptdarsteller David Sandberg am zweiten Teil.

Die Website „Starring the Computer“ listet sehr akribisch auf, wann welche Computer in welchen Filmen ihren Auftritt hatten.

Wer sich für das Thema Computer in Film und Fernsehen interessiert, sei auf die Website "Starring the Computer" verwiesen, die versucht, wirklich jeden Auftritt eines Computers aufzulisten und zu bewerten Bewertungskriterien sind die Bedeutung des Auftritts, die Sichtbarkeit des Computers und der Realismus der Handlung. Schnell kann man so einen Überblick darüber bekommen, welche Menge an Quatsch mit Computern produziert wurde.

Eine der höchsten Benotungen in Sachen Realitätstreue erreichte der Film "Generation P" nach dem gleichnamigen russischen Kultbuch von Wiktor Pelewin. Der Film zum Buch kam 2011 in die Kinos und zeigt in einer Einstellung ganze Batterien von Octane-Workstations von SGI. Sie werden benutzt, um das zu produzieren, was man heute Fake Videos nennt, die die öffentliche Meinung beeinflussen sollen. Die russischen Trollfabriken, die heute massenhaft falsche Nachrichten in die sozialen Medien pusten, lassen grüßen.

Computer haben im Film eine wechselvolle Karriere hinter sich. Zunächst belegten sie nur Nebenrollen, gerne in Form von blinkenden Schaltschränken. Spätestens mit HAL im Film 2001 war ein dem Menschen ebenbürtiger Partner erwachsen, was schon deshalb eine Meisterleistung war, weil der Computer fast im ganzen Film nur als Stimme in Erscheinung trat. Heute sind Computer auch bei der Produktion nicht mehr wegzudenken. Wenn die Entwicklung so weitergeht, schreibt eines Tages eine KI das Drehbuch und statt echter Schauspieler kommen massenhaft Deep Fakes zum Einsatz.

(jo)