Die Vermessung des Bewusstseins

Experten sind sich nicht einig, was Bewusstsein überhaupt ist. Aber das hält Marcello Massimini nicht davon ab, es mit mathematischen Methoden zu suchen.

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Eine gesunde Versuchsperson trägt eine Elektrodenkappe, mit der sich Gehirnströme auslesen lassen. Die am Brillengestell angebrachten Kügelchen dienen als Marker, um die genaue Position des Kopfes erfassen zu können.

(Bild: Russ Juskalian)

Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Russ Juskalian
Inhaltsverzeichnis

In einem isolierten Flügel des Mailänder „Gnocchi“-Krankenhauses sitzt ein regungsloser, schwer hirngeschädigter Mann in einer Art motorisiertem Zahnarztstuhl. Ein Forscher drückt ihm ein weißes Plastikoval an den Schädel, das über drei gartenschlauchdicke Kabel mit einer 250 000 Dollar teuren Maschine verbunden ist. Damit richtet er elektromagnetische Impulse auf erbsengroße Bereiche im Gehirn des Patienten. Jeder Impuls erzeugt ein hörbares Klicken.

Um die richtigen Hirnbereiche zu treffen, muss der Forscher auf einen Monitor schauen. Dort ist ein virtuelles Abbild vom Kopf des Patienten zu sehen, überlagert mit einer Magnetresonanz-Aufnahme seines Hirns. Die genaue Position des Kopfes erfasst ein an der Decke angebrachter Infrarot-Tiefensensor laufend anhand von kugelförmigen Markern, die an der Schläfe des Mannes befestigt sind.

Auf der anderen Seite des Raums beobachten Marcello Massimini, ein blauäugiger, lockiger Neurowissenschaftler, und Angela Comanducci, die Neurologin des Patienten, wie komplizierte blaue Zackenlinien den Bildschirm eines Laptops füllen. Die Linien stammen von 60 Elektroden, welche die Hirnströme des Patienten aufzeichnen. Was die Wissenschaftler darin sehen, sind Anzeichen eines schwachen, vielleicht traumähnlichen Bewusstseins.