Ed Burns: Java kann jede andere aktuelle Sprache in den Schatten stellen

Java muss sich als etablierte Programmiersprache jüngeren Herausforderern stellen. Ed Burns weiß, wieso sie nach wie vor attraktiv ist.

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(Bild: Funtap/Shutterstock)

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(Bild: Avec Meg)

Ed Burns begleitet und prägt die Java-Entwicklung, seit die Sprache entstand. Er beschäftigt sich seit 1994 mit Webtechnologien, war in Projekte wie NCSA Mosaic, Netscape 6, Mozilla, Jakarta Tomcat, JavaServer Faces und Servlet involviert und hat die JCP-Expertengruppen für JavaServer Faces geleitet. Seit 2019 ist er “Principal Architect Java” bei Microsoft. Außerdem hat er die vier Bücher “The Complete Reference”, “Secrets of the Rockstar Programmers: Riding the IT Crest”, “JavaServer Faces 2.0: The Complete Reference” und “Hudson Continuous Integration In Practice” geschrieben.

iX: Java ist eine stabile Programmiersprache für Businessanwendungen, aber wie bleibt sie im Vergleich zu den "coolen" Sprachen wie Kotlin und Rust attraktiv für junge Entwicklerinnen und Entwickler?

Ed Burns: Ich glaube, dass man dazu zwischen zwei Aspekten unterscheiden muss. Wie bei vielen Dingen in unserem Post-Fakten-Jahrhundert ist der bei Weitem wichtigere Aspekt das Narrativ, und leider ist die tatsächliche Wahrheit weniger relevant. Fangen wir mit der Wahrheit an. Java 21 bietet mehr als genug, um jede andere aktuelle Programmiersprache in den Schatten zu stellen: virtuelle Threads, Records, Streams, Funktionen, Pattern Matching und vieles mehr. Java hat schon immer den Spagat zwischen Ausdrucksstärke und der breiten Einsatzfähigkeit geschafft, und das seit über 25 Jahren in beeindruckender Weise.

Und nun zum Narrativ: Hier ist die Antwort weniger überzeugend. Ich kann auf viele großartige Beispiele neuer, junger und überzeugender Fürsprecher für Entwicklerinnen und Entwickler verweisen, bei Oracle und anderswo. Sie leisten tolle Arbeit, um die neue Java-Geschichte in die Öffentlichkeit zu tragen. Das tatsächliche Alter von Java verkompliziert die Erzählung. Es ist sehr wichtig, eine Sichtweise von Java zu präsentieren, ohne den alten Kram in den Vordergrund zu stellen, der zugunsten der Abwärtskompatibilität immer noch enthalten ist, aber nicht die optimale Vorgehensweise darstellt. Gute Beispiele sind NIO (Non-blocking I/O) statt regulärem I/O, Streams anstelle der for-Schleife oder REST statt Servlet.

Es gibt viele Beispiele, bei denen sich Java-Neulinge fragen könnten: "Warum gibt es so viele Möglichkeiten, eine bestimmte Aufgabe zu erledigen?" Ältere Entwicklerinnen und Entwickler wissen, dass die Antwort lautet: "Nun, wir sind diese Aufgabe früher auf die eine Art angegangen, aber wir haben dazugelernt, also machen wir es jetzt auf eine andere. Die alte Vorgehensweise ist jedoch immer noch in Java vorhanden, weil wir nie etwas herausnehmen, damit alte Programme weiterhin laufen." Aus diesem Grund ist das Narrativ als Antwort auf die Frage nach der Attraktivität von Java wichtiger als die Fakten.

Du bist seit Jahren Teil der Java-Entwickler-Community und hast die Sprache als Java Champion mitgeformt. Wie ziehst du Entwicklerinnen und Entwickler für die von dir mitverantworteten Communities für Jakarta und MicroProfile herbei?

Burns: Das ist eine Frage, die mir sehr am Herzen liegt: Ich hole Entwickler in die Jakarta- und MicroProfile-Community, indem ich Beispiele anführe, in denen Entwickler, die zu Jakarta und MicroProfile beitragen, Erfolg und Anerkennung für ihre Beiträge gefunden haben.

Es gibt zahlreiche Beispiele, angefangen damit, wie Open-Source-Facelets zu einem Kernbestandteil von Java EE und jetzt Jakarta EE wurde, bis hin zu neuen und wichtigen Technologien wie MicroProfile Config und Fault Tolerance.

Ed Burns auf der JavaLand-Konferenz

(Bild: DOAG)

Die JavaLand-Konferenz findet dieses Jahr vom 9. bis 11. April erstmals am Nürburgring statt. Die Hauptkonferenz der Jubiläumsausgabe bietet rund 140 Vorträge zu den jüngsten und den kommenden Entwicklungen rund um Java und Jakarta EE. Daneben stehen der Einsatz von KI und das Zusammenspiel mit anderen Programmiersprachen auf der Agenda.

Ed Burns hält dort sowohl einen Vortrag zu Jakarta EE 11, das zwischen April und Juli erscheinen soll, als auch zum Thema „Developer Career Masterplan“. Dabei steht das gleichnamige Buch von Heather Vancura and Bruno Souza im Fokus, zu dem Ed das Vorwort verfasst hat.

Die JavaLand-Veranstaltung ist eine Community-Konferenz für Java-Entwickler und wird durchgeführt von der Deutschen Oracle-Anwendergemeinschaft (DOAG) und Heise Medien in Zusammenarbeit mit dem iJUG, dem Interessenverbund deutschsprachiger Java User Groups.

Künstliche Intelligenz verändert die Softwareentwicklung. Für Developer bedeutet das einerseits, dass sie sich auf die spannenden und wichtigen Dinge konzentrieren können. Andererseits kann KI die Security des Codes und Jobs gefährden. Was ist deine Meinung zu KI in der Softwareentwicklung?

Burns: Es ist durchaus möglich, dass KI eine Bedrohung für Arbeitsplätze darstellt, aber meiner Meinung nach aus einem anderen Grund als dem, den die meisten Leute auf dem Schirm haben. Zum Vergleich betrachten wir einmal Open-Source-Software: Zweifellos hat sie die Art und Weise verändert, wie wir Software entwickeln. Aber ich habe über viele Jahre hinweg auch beobachtet, dass Unternehmen sie vor allem nutzen, um Lizenzgebühren zu sparen. Sie denken eher gewinnorientiert, statt die für Developer wichtigeren Aspekte von Open-Source-Software im Blick zu haben, wie etwa die Möglichkeit, ihre Karriere zu fördern und einen Beitrag zur Entwicklung zu leisten.

Ich gehe davon aus, dass KI auf die gleiche Weise eine Bedrohung darstellen wird. Unternehmen werden sie als Mittel betrachten, um mit weniger Aufwand mehr zu erreichen, um den Gewinn zu schützen, und nicht als eine Möglichkeit, dass die vorhandenen Entwicklerinnen und Entwickler mehr leisten können und dabei mehr Spaß haben. Es steht also außer Frage, dass die KI der Motor des Wirtschaftswachstums ist, aber Developer müssen verstehen, welche ihrer Fähigkeiten durch die KI zur Massenware geworden sind und welche immer noch einzigartig für den Menschen sind.

Das Interview führte Rainald Menge-Sonnentag.

(rme)