Eine Dosis Kreativität

Erfindungsreicher durch psychedelische Pilze und LSD? Anekdotische Berichte über eine Steigerung der Schöpfungskraft bekommen Rückhalt aus der Wissenschaft. Gleichzeitig bringt die Forschung Licht in die Biologie der Kreativität.

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Eine Dosis Kreativität

(Bild: Shutterstock)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christian Wolf

Eben war Eddie Morra noch ein erfolg­loser Schriftsteller, der mit Schreibblockaden zu kämpfen hatte. Im nächsten Moment bringt er in Rekordtempo und mit brillantem Ergebnis sein Buch zu Ende. Dazwischen lag die Einnahme einer echten Wunderpille, die seine Gehirnkapazitäten um ein Vielfaches steigerte. Was im Hollywoodfilm "Ohne Limit" selbst der Kreativität von Drehbuchautoren entspringt, galt lange als realitätsfern. Kreativität ließe sich so einfach nicht pushen. Typische Empfehlungen lauteten stattdessen, einen Ausflug ins Freie mit viel Bewegung zu machen, zu brainstormen oder eine Nacht darüber zu schlafen. Was aber, wenn Hollywood zwar maßlos übertrieben hat, aber im Grundsatz gar nicht so falsch lag?

Dass Chemie vielleicht doch dem Erfindungsreichtum auf die Sprünge helfen kann, legt nun aktuelle Forschung zu psychedelischen Drogen nahe – auch wenn sie keine Wunderpille verspricht. Die Idee, psychedelische Drogen wie LSD als Kreativitätsbooster zu nutzen, ist nicht neu. Schon in den 1960ern wurde ihre Wirkung auf das Bewusstsein intensiv unter die Lupe genommen. Dann aber haben die meisten Länder diese Substanzen als Reaktion auf die Auswüchse der Gegenkultur verboten. Damit brach diese junge Forschung wieder in sich zusammen. Seit einigen Jahren erlebt das Feld jedoch eine wahre Renaissance. Quasi nebenbei könnte es helfen, die weitgehend unbekannten biochemischen und neurobiologischen Mechanismen hinter der Kreativität zu beleuchten.

Bereits 2011 werteten Forscher um den Psychiater Roland Griffiths von der Johns Hopkins University School of ­Medicine die Daten zweier Doppelblindstudien zum Thema Psychede­lika und Offenheit aus. "Offenheit ist eine Dimension der Persönlichkeit, die eng mit Kreativität verbunden ist", erklärt Roland Griffiths. Menschen mit einem hohen Maß an Offenheit seien empfänglicher für neue Ideen und Erfahrungen. In den Studien hatten die Probanden im Rahmen verschiedener Sessions entweder Psilocybin – den Wirkstoff aus psychedelischen Pilzen wie dem Spitzkegeligen Kahlkopf – oder eine Kontrollsubstanz bekommen. Anschließende Persönlichkeitstest der Studienteilnehmer zeigen, dass sie noch einen Monat nach der Einnahme von Psilocybin deutlich offener waren und eine lebhaftere Vorstellungskraft hatten als vorher. Die Kontrollsubstanz half der Offenheit hingegen nicht auf die Sprünge.

Die Offenheit ist jedoch nur ein indirektes Kriterium. ­Wollen Psychologen hingegen direkt die Kreativität ihrer ­Probanden mit Tests erfassen, nutzen sie gern den Unterschied zwischen zwei vollkommen verschiedenen Denkansätzen: ­Konvergentes – logisches – Denken führt Schritt für Schritt zu der einzigen Lösung eines Problems, etwa einer mathematischen Aufgabe. Beim kreativen divergenten Denken hingegen liefert das Gehirn experimentierfreudig verschiedene Lösungen für ein Problem, ohne dass eine dieser Lösungen richtig oder falsch wäre. Psychologen fragen Probanden beispiels­-weise, wofür sie einen Backstein alternativ verwenden ­könnten, außer zum Bau einer Mauer. Ob Briefbeschwerer oder billige Hantel – der Erfindungsreichtum bemisst sich unter anderem danach, wie viele Ideen jemand produziert und wie originell diese sind. Genau diese beiden Arten des Denkens – das konvergente und das divergente – nahm die Pharmakologin Kim Kuypers von der Universität Maastricht unter die Lupe.

(jsc)