Er weiß, wo du gewesen bist

Die Software eines Start-ups dokumentiert die Wege der Kunden im Supermarkt – und die Stellen, an denen sie verweilen.

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Von
  • Reiner Wandler

Ein Supermarkt ist für den Betreiber so etwas wie eine Blackbox. Er weiß, wie viele Kunden das Geschäft betreten. Außerdem kennt er am Ende die Einnahmen an der Kasse und die verkauften Produkte. Doch was während des Einkaufs eigentlich passiert – das weiß er nicht. "Genau darüber geben wir jetzt Auskunft", sagt Jorge Bueno. Der 30-Jährige, der an der Madrider Universität Carlos III im Fach Robotik promoviert hat, gründete zusammen mit zwei ehemaligen Studienkollegen das Start-up Proximus.

"Wir benutzen Chips, die ein Bluetooth-Signal senden", sagt Bueno. Sie werden am Einkaufswagen oder -korb angebracht oder dem Kunden mitgegeben. Empfänger an der Ladendecke leiten die Signale an eine Software in der Cloud weiter. Dort wird eine Karte erstellt, die den Kundenstrom auf dem Grundriss des Supermarktes zeigt. Je kräftiger das Rot, umso stärker der Kundenverkehr.

"Das sind wertvolle Daten, die es ermöglichen, die Produkte entsprechend zu platzieren", sagt Bueno, bei Proximus für Kundenbetreuung und Marketing zuständig. "Wenn wir bedenken, dass 70 Prozent der Einkäufe im Supermarkt spontane Impulskäufe sind, lässt sich durch geschickte Anordnung der Produkte der Umsatz erheblich steigern."

100.000 bis 150.000 Käufer pro Monat beobachtet das drei-köpfige Proximus-Team mittlerweile in Spanien, Mexiko, Großbritannien, Singapur und Panama in Supermärkten, Möbelhäusern und Casinos. Dabei hat es vielfältige Erfahrungen gesammelt: In einem Supermarkt etwa seien viele Kunden einfach am Fischstand vorbeigelaufen, weil die Regale schlecht angeordnet waren. In einem Möbelhaus war gleich eine ganze Abteilung vom Kundenstrom abgeschnitten. In beiden Fällen halfen kleine Veränderungen. Die Möbelabteilung steigerte ihren Verkauf um neun Prozent.

"Wir haben eine bereits existierende Technik vom Kopf auf die Füße gestellt", sagt Bueno, der bei Proximus für die Kundenbetreuung und das Marketing zuständig ist. Damit stichelt er gegen Apples iBeacons und vergleichbare Techniken. Diese Beacons sind ebenfalls Bluetooth-Sender, werden allerdings meist stationär am Regal angebracht. Der Kunde wird erst erfassbar, wenn er eine entsprechende App aktiviert. "Das funktioniert im Hochpreissegment, aber wer schaltet eine App ein, wenn er Nudeln kauft?", fragt Bueno.

Das Käuferverhalten interessiert Geschäftsleute seit jeher. Es gibt Unternehmen, die eigens Teams abstellen, um die Kunden zu beobachten und zu befragen. "So wird mit viel Aufwand ein kurzer Zeitraum erforscht. Wir bieten hingegen kontinuierliche Daten in Echtzeit", sagt Bueno. Andere Supermärkte nutzen Kameras an der Decke. "Das stört Kunden, die um ihre Privatsphäre fürchten", glaubt der Robotikfachmann. Proximus ist indes anonym. Einige Geschäfte kennzeichnen sogar die Einkaufswagen mit Sender und stellen zusätzlich welche ohne Beacon zur Verfügung. Wer den Sender wählt, bekommt einen kleinen Rabatt. (bsc)