"Europa hängt Afrika hinterher"

Erik Hersman hat nach der Kartenplattform Ushahidi nun den Router BRCK entwickelt – und setzt auf die neue Innovationskultur in Afrika.

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Von
  • Niels Boeing

Erik Hersman hat nach der Kartenplattform Ushahidi nun den Router BRCK entwickelt – und setzt auf die neue Innovationskultur in Afrika.

TR: Herr Hersman, 2008 haben Sie mit einigen Mitstreitern eine Krisenkarte ins Netz gestellt, um Augenzeugenberichte von den damaligen Unruhen in Kenia zu veröffentlichen. Heute gibt es 48000 solcher Ushahidi-Karten im Netz. Hätten Sie vor fünf Jahren mit diesem Erfolg gerechnet?

Erik Hersman: Nein, das hatten wir nicht erwartet. Wir hatten keine Ahnung, wie sich das entwickeln würde. Inzwischen ist die Ushahidi-Plattform eingesetzt worden, um Wahlen in Indien oder Afghanistan zu dokumentieren, medizinische Engpässe in Sambia darzustellen oder Vorort-Berichte über die Folgen des Erdbebens in Haiti zu sammeln. Wir wollen mit der Plattform helfen, detaillierte Kriseninformationen zu erhalten, die sonst nicht verfügbar sind, und so den Informationsfluss in der Welt demokratisieren.

Wie entstand die erste Karte genau?

Wir hatten das Problem, dass es noch keine Open-Source-Software gab, auf der wir unsere Karte aufbauen konnten. Wir haben die Plattform deshalb in drei Tagen selbst entwickelt. Danach sagten wir, lass uns diese Plattform frei und Open Source machen, damit andere Menschen Krisenkarten in drei Stunden statt in drei Tagen aufstellen können.

Ushahidi hat vor Kurzem den BRCK vorgestellt, einen besonders robusten Internet-Router. Wie kam es dazu?

Wenn Firmen Router entwickeln, haben sie nicht Länder wie Kenia im Blick, in denen es immer wieder zu Stromausfällen kommt, sodass die Internetverbindung abbricht. Wir wollten ein Gerät haben, das bei einem Stromausfall automatisch von einer Backup-Batterie gespeist wird, die acht Stunden hält. Auch sollte das Gerät in solch einem Fall automatisch mittels eingebauter SIM-Karte auf eine Mobilfunk-Verbindung umschalten, für 3G- oder 4G-Netze. Auf diese Weise funktioniert der Router überall, wo man mit einer SIM-Karte hingehen kann. Wir haben ihn für unsere Bedürfnisse hier in Afrika gebaut. Einen Teil der Entwicklungsarbeit an Platinen-Fräsen haben wir an der Universität von Nairobi gemacht.

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