Festnetz entfesselt

Der weltweite Telecom-Markt steht vor einem grundlegenden Wandel: Nach mehr als 100 Jahren hat der Abschied vom Prinzip der geschalteten Verbindungen begonnen, und mit ihm schwindet die Macht der früheren Monopolisten

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Sascha Mattke

(Zusammenfassung aus Technology Review Nr. 2/2004)

Zwanzig Jahre nach seiner Erfindung steht Telefonieren über Internet-Standards (Voice over IP - VoIP) davor, ein Massenprodukt zu werden. Dafür sorgen Fortschritte in der Technik, der Trend zu Breitbandverbindungen ins Internet und das regulatorische Umfeld. Nach Meinung von Marktforschern dürfte bis zum Jahr 2020 jeglicher Festnetz-Telefonverkehr als VoIP abgewickelt werden; die Festnetzsparte der Deutschen Telekom geht sogar davon aus, dass die Umstellung in ihrem Netz viel früher erfolgt.

Mit dem Umstieg auf VoIP ändert sich ein grundlegendes Prinzip, das seit Erfindung des Telefons Gültigkeit hatte: Die Gesprächspartner werden direkt miteinander verbunden und belegen die Leitung während der gesamten Kommunikation. Bei VoIP dagegen wird die Sprache in Datenpakete umgewandelt, die auf unterschiedlichen Wegen durch das Internet oder andere Netze nach Internet-Standards ihr Ziel erreichen. Damit wird auch die nahtlose Verzahnung von Sprach- und anderen Datendiensten möglich.

Mit VoIP dürfte zudem der Wettbewerb um Festnetzkunden in Schwung kommen: Bislang haben zumeist nur Ex-Monopolisten ein bis in alle Endkunden-Haushalte ausgebautes Netz. Für die Benutzung der so genannten letzten Meile müssen alternative Anbieter Gebühren zahlen. Wenn Gespräche über das Internet zu normalen Telefonnummern geleitet werden können, fällt diese Gebühr weg. Umgekehrt können VoIP-Anbieter Gebühren vom Ex-Monopolisten kassieren, wenn ihre Kunden aus dessen Netz angerufen werden. Und weil die Nutzer sich von jedem Internet-Rechner aus beim Telefon-Server anmelden können, ist der Festnetz-Anschluss nicht mehr an die Wohnung oder das Büro gebunden. (sma)