Fitbit für den Mund

Ein Forschungsprojekt will automatisch erfassen, wann ein Mensch isst. Das soll beim Einhalten von Diäten und der Bekämpfung von Essstörungen helfen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Rachel Metz

Wearable-Geräte wie Fitnesssensoren sind bereits ziemlich gut darin, verschiedene Gesundheits-relevante Aktivitäten ihres Trägers zu überwachen. Eine einfache, automatisierte Methode, die tägliche Nahrungsaufnahme zu tracken, fehlt bislang allerdings noch.

Forscher an der US-Universitäten Dartmouth und Clemson haben nun ein Prototypsystem entwickelt, das das ändern soll: Es handelt sich um ein Stirnband mit verschiedenen Trackingkomponenten. Die Technik ist Teil des Project Auracle und verwendet auf der Haut platzierte Mikrofone, um die Geräusche zu erfassen, die der Mund beim Kauen macht. Aus diesen soll dann ermittelt werden, wann der Träger isst – und nicht etwa, wenn er redet oder hustet.

Ryan Halter, Junioprofessor für Ingenieurwissenschaften in Dartmouth und einer der Projektleiter, sagt, dass das Team bereits an einer Miniaturisierung arbeitet. Letztlich soll die Auracle-Hardware nur so groß sein wie ein Hörgerät und hinters Ohr passen.

Kalorien lassen sich allerdings nicht zählen. Das sei eine derzeit enorm schwere Aufgabe, so Halter, weil viele Nahrungsarten ähnlich aussehen oder ähnlich klingen, aber einen gänzlich anderen Kalorien- und Fettgehalt haben – etwa Vollmilch- oder Low-Fat-Joghurt.

Halter glaubt aber, dass die Auracle-Hardware in naher Zukunft für andere Wissenschaftler und Ärzte interessant sein könnte, die Diäten oder Essstörungen untersuchen wollen. Das System könnte erfassen, wann eine Versuchsperson isst und für wie lange – und zwar ohne dass diese selbst Buch darüber führen muss. Letzteres gilt als notorisch problematisch im Forschungsfeld. "Die Leute vergessen, die Angaben zu notieren. Ihnen unterlaufen Fehldeutungen." Auracle könne hier mehr "Ground Truth" zum tatsächlichen Essverhalten liefern.

Neben dem Einsatz in der Forschung wäre auch eine Kommerzialisierung als Gesundheitsgadget denkbar, mit dem Nutzer ihr Essverhalten automatisch überwachen könnten. In Verbindung mit einer Smartphone-App könnte Auracle Nutzer auch ermahnen, wenn man zu viele Snacks hintereinander in sich hineinstopft oder ein Essvorgang ungewöhnlich lange dauert.

Noch ist das Projekt in einer frühen Phase. Es wurden aber bereits Experimente mit Testpersonen gemacht, bei denen verschiedene weiche und knackige Nahrungsmittel konsumiert wurden, während sie das Prototypsystem trugen. Neben dem Essen sprachen, husteten oder schnieften sie. Im Endergebnis konnte das Verfahren in 90 Prozent aller Fälle das Essen von anderen Aktivitäten unterscheiden.

Als nächstes soll Auracle auch außerhalb des Labors getestet werden. Das wird nicht ganz einfach. Schließlich kann das Geräuschumfeld ständig wechseln und auch der Hautkontakt zum Mikrofon sich verändern. Intelligente Algorithmen könnten hier helfen, Störsignale auszufiltern. (bsc)