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Fünf Wege, zum Cyborg zu werden

Rachel Metz
Fünf Wege, zum Cyborg zu werden

(Bild: David McMillan)

Ob man sich gleich einen Chip unter die Haut pflanzt, oder erstmal ein robotisches Exoskelett überstreift: Es gibt bereits zahlreiche Möglichkeiten, den Körper mit Technologie zu verbessern.

Sie wollten schon immer mal ein Cyborg sein? Die folgende Liste stellt einige der interessantesten Produkte vor, die Ihnen helfen können, Ihren Körper von Kopf bis Fuß zu verbessern – egal, ob Sie sich für ernsthaftes Biohacking interessieren oder einfach nur ein paar coole Tech-Gadgets ausprobieren möchten.

Geht unter die Haut: VivoKey Mini (0 Bilder) [1]

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Produkt: VivoKey Mini

Erfinder: Amal Graafstra

Was wird verbessert? Die digitale Identität.

Was ist das? Ein NFC-Chip, der in die Hand implantiert wird und zur Zwei-Faktor-Authentifizierung dient. Als Amal Graafstra 2013 damit begann, implantierbare RFID-Technologien zu vertreiben, waren seine Kunden hauptsächlich selbst ernannte "Biohacker". Der einstige Nischenmarkt spricht aber mittlerweile auch immer mehr Mainstream-Kunden an, die daran interessiert sind, sich Elektronik in den Körper verpflanzen zu lassen.

Um all diese Kunden zu erreichen, hat er den NFC-Chip VivoKey Mini [3] entwickelt, der in die Hand implantiert wird und als zusätzliches Sicherheitsfeature dienen kann, wenn man seine Identität bestätigen muss. So kann er etwa beim Onlinebanking zur Zwei-Faktor-Authentifizierung eingesetzt werden, indem man ihn mit dem NFC-Reader eines Smartphones scannt.

Wie funktioniert das? Nachdem der zwei Millimeter im Durchmesser und 12 Millimeter in der Länge messende Zylinder in den Körper eingepflanzt wurde, kann er mit jedem NFC-kompatiblen Smartphone gescannt werden. Mithilfe einer App wird dann ein Identitäts-Profil angelegt, das Informationen wie den Namen und ein Foto enthält. Diese Daten könnte dann etwa jeder abrufen, der die Hand scannt. Auch das Einloggen in bestimmte Onlinedienste wie WordPress soll laut Graafstra künftig funktionieren. Dabei würde das Scannen des Chips ein Teil des Login-Prozesses sein. Damit das auch mit Banken und anderen Finanzdienstleistern klappt, müssen noch entsprechende Partnerschaften geschlossen werden. Graafstra sagt, er befinde sich in Gesprächen mit einigen Unternehmen.

Verfügbarkeit: Eine erste Version des VivoKey Mini wird für Ende August oder Anfang September 2018 erwartet.

Preis: Der Chip soll für 99 Dollar erhältlich sein.

Benötigte Vorkenntnisse (Smartphone-Kenner, Freizeit-Coder, Biohacking-Genie): Freizeit-Coder.

Cyborg-Faktor: Hoch, da der Chip mithilfe einer Injektionsspritze in den Körper implantiert werden muss. Das sollte auch möglichst nicht selbst gemacht werden, sondern von einem professionellen Piercer. Findet man dafür keinen Willigen, kann Graafstra geeignete Piercer vermitteln.

Screenshot YouTube

(Bild: Screenshot YouTube / Chris Hannemann)

Produkt: OpenAPS

Erfinder: Dana Lewis

Was wird verbessert? Die Bauchspeicheldrüse.

Was ist das? Ein frei verfügbares DIY-Kit für Menschen mit Diabetes, das den eigenständigen Bau von Geräten zur automatischen Regulierung des Blutzuckerpegels ermöglichen soll. Diese Geräte bestehen aus einer Insulinpumpe und einem Blutzuckermessgerät und können dem Blutkreislauf bei Bedarf selbsttätig Insulin hinzufügen.

Kommerzielle "all-in-one"-Produkte kommen langsam auf den Markt, sind aber noch nicht besonders weit verbreitet. OpenAPS [4] (Open Artificial Pancreas System) wurde von Dana Lewis ins Leben gerufen und bietet freie Open-Source-Software, Anleitungen und Entscheidungshilfen für den Kauf der nötigen Hardware. Lewis, die selbst an Diabetes Typ 1 leidet, will es Menschen damit einfach machen, solche künstlichen Bauchspeicheldrüsen kostengünstig selbst zu bauen.

Wie funktioniert das? Der Anwender benötigt zunächst zwei medizinische Geräte: Ein kontinuierlich arbeitendes Blutzuckermessgerät und eine Insulinpumpe, die zur Einstellung der Insulindosierung ferngesteuert werden kann (OpenAPS empfiehlt ältere Medtronic-Modelle). Zusätzlich sind noch ein Raspberry Pi, ein Sendeempfänger und eine Batterie nötig.

Der Raspberry Pi sammelt die Daten vom Monitor, ermittelt, ob der Anwender mehr oder weniger Insulin benötigt, um seinen Blutzucker in einem sicheren Bereich zu halten, und sendet diesen Befehl zurück an die Pumpe.

Verfügbarkeit: Überall erhältlich

Preis: Sind Pumpe und Monitor bereits vorhanden und kompatibel, kosten die restlichen Teile zum Bau der künstlichen Bauchspeicheldrüse knapp 200 Dollar (139 Dollar für eine Platine mit Radio und Display, 14 Dollar für einen Raspberry Pi, 14 Dollar für eine Batterie und 20 Dollar für ein Gehäuse).

Benötigte Vorkenntnisse (Smartphone-Kenner, Freizeit-Coder, Biohacking-Genie): Smartphone-Kenner

Cyborg-Faktor: Mittel

MIT

(Bild: MIT)

Produkt: AlterEgo

Erfinder: Arnav Kapur

Was wird verbessert? Plaudern und Fernsehsender wechseln.

Was ist das? Ein Gadget, das auf dem Gesicht sitzt und geräuschloses Kommunizieren mit anderen Personen und Dingen ermöglicht. Das Forschungsprojekt [5] des Wissenschaftlichen Mitarbeiters Kapur vom Media Lab des MIT ermöglicht es beispielsweise, eine Pizza zu bestellen oder den Fernsehkanal umzuschalten. Wie funktioniert das? Die Elektroden des AlterEgo fangen kleinste elektrische Signale von Gesichts- und Halsmuskeln auf, die erzeugt werden, wenn man leise liest oder Selbstgespräche führt.

Diese Signale werden drahtlos an einen Computer weitergeleitet. Nach außen hin ebenfalls komplett lautlose Knochenleitungs-Kopfhörer geben außerdem Audiosignale über die Schädelknochen ans Innenohr, sodass Träger des Gadgets lautlos miteinander sprechen können.

Verfügbarkeit: Ist momentan noch ein Forschungsprojekt.

Preis: Nicht angegeben.

Benötigte Vorkenntnisse (Smartphone-Kenner, Freizeit-Coder, Biohacking-Genie): Unklar

Cyborg-Faktor: Mittel (man muss ein auffälliges Gerät am Gesicht tragen).

Hersteller

(Bild: Roam Robotics)

Produkt: Robotisches Exoskelett

Erfinder: Tim Swift

Was wird verbessert? Die Skipisten-Skills

Was ist das? Ein Exoskelett, das Skifahren erleichtert. Das von Swift geführte Start-up Roam Robotics [6] will pneumatische robotische Exoskelette entwickeln, die alle möglichen physischen Aktivitäten erleichtern sollen: neben sportlichen auch alltägliche Tätigkeiten, wie Treppen steigen und Lasten heben. Das erste Produkt der Firma wird um die Knie geschnallt und richtet sich an Skibegeisterte. Mit einer Kombination aus Sensoren, Software und aufblasbaren Kissen soll längeres und anspruchsvolleres Skifahren möglich werden.

Wie funktioniert das? An beide Beine werden Knieschienen-ähnliche Gestelle geschnallt, die von den Skischuhen bis zu den Oberschenkeln reichen. Die Gestelle sind mit einer Batterie und einem Luftkompressor im Rucksack verbunden.

Während des Skifahrens sammeln Sensoren an den Beinen Informationen über die Körperhaltung und schicken diese an einen Computer, der berechnet, wieviel Kraft auf die Knie einwirkt. Anhand dieser Informationen werden dann kleine Kissen an den Außenseiten der Beine aufgeblasen, die gegen die Beine drücken und damit laut Roam Robotics die Oberschenkelmuskulatur unterstützen.

Verfügbarkeit: Das Ski-Utensil soll im Januar 2019 in den USA erhältlich sein und zusätzlich in bestimmten Städten zur Miete zur Verfügung stehen.

Preis: Swift kündigt einen Verkaufspreis von 2000 bis 2500 Dollar und einen Mietpreis von 70 bis 100 Dollar pro Tag an.

Benötigte Vorkenntnisse (Smartphone-Kenner, Freizeit-Coder, Biohacking-Genie): Smartphone-Kenner

Cyborg-Faktor: Mittel

Hersteller

(Bild: Nuheara)

Produkt: IQBuds und IQbuds Boost

Erfinder: David Cannington

Was wird verbessert? Das Gehör

Was ist das? Drahtlose Kopfhörer, die bestimmte Geräusche verstärken und abschwächen können. Die Geräte des Start-ups Nuheara [7], das Cannington mitbegründet hat, können so etwa Stimmen verstärken und Hintergrundgeräusche abschwächen – und damit Menschen helfen, die zwar noch kein Hörgerät benötigen, aber trotzdem Schwierigkeiten mit dem Hören in lauten Umgebungen haben. Wie funktioniert das? Die Kopfhörer verbinden sich über Bluetooth mit einem Smartphone (iOS und Android) und können per App gesteuert werden. Voreingestellte Profile stehen für typische Situationen zur Verfügung, etwa Restaurantbesuche, Flüge oder Spaziergänge auf der Straße. Verfügbarkeit: In Online-Shops erhältlich.

Preis: Die IQbuds gibt es für 299 Dollar; die neueren IQbuds Boost, die eine Kalibrierungsmöglichkeit bieten und an ältere Nutzer gerichtet sind, für 499 Dollar.

Benötigte Vorkenntnisse (Smartphone-Kenner, Freizeit-Coder, Biohacking-Genie): Smartphone-Kenner

Cyborg-Faktor: Niedrig

(bsc [8])


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[2] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_4111289.html?back=4111139;back=4111139
[3] http://amal.net/
[4] https://openaps.org/
[5] https://www.heise.de/hintergrund/Rechner-erkennt-Unausgesprochenes-4012919.html
[6] https://www.roamrobotics.com/
[7] https://www.nuheara.com/
[8] mailto:bsc@heise.de