GPLv3 zum Dritten

Der dritte Entwurf der neuen Version der wichtigsten Open-Source-Lizenz präzisiert strittige Punkte wie Softwarepatente und DRM, bleibt sich aber in der Grundaussage treu.

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Inhaltsverzeichnis

Später als geplant hat die Free Software Foundation (FSF) den dritten Entwurf der GPLv3 veröffentlicht. Schon die zweite Fassung hatte gegenüber dem ersten Entwurf eine Reihe substanzieller Änderungen gebracht (siehe Artikel Eine Lizenz entsteht, Neue Entwürfe für GPL und LGPL zur zweiten und GPLv3: Die neue Version der Open-Source-Lizenz steht zur Diskussion zur ersten Fasssung).

Dass sich die Diskussionen um den neuen Entwurf der kommenden Version der populärsten Open-Source-Lizenz neun Monate statt der geplanten sechs hingezogen haben, ist auch aktuellen Ereignissen geschuldet. Vor allem die gegenseitige Freistellung von Patentansprüchen im Rahmen des Abkommens zwischen Novell und Microsoft im November letzten Jahres ist der FSF ein Dorn im Auge. Eben Moglen, Rechtsvertreter der FSF, hatte schon damals angekündigt, dass man den aktuellen Entwurf der GPLv3 "so ändern werde, dass der Novell-Microsoft-Pakt oder ähnliche Abkommen klar gegen die Bestimmungen der Lizenz verstoßen".

Eine solche "Lex Novell" hat dann auch prompt Einzug in den dritten Entwurf der GPLv3 gehalten. Der Patent-Paragraf 11 ist grundlegend überarbeitet und verbietet jetzt unter anderem Vereinbarungen, die Patentlizenzen speziell für ein Produkt enthalten. Er sagt klarer, in welcher Form die Freistellung von eventuellen Patentansprüchen an einer GPL-Software erfolgen muss und unter welchen Bedingungen dieses Regelungen gültig werden.

In Sachen Digital Rights Management wird der dritte Entwurf noch präziser in seinen Aussagen. Bereits der zweite Entwurf vom letzten Sommer verzichtete auf die pauschale Verurteilung des "Digital Restriction Management" schon in der Präambel der GPLv3. Die neue Fassung spricht jetzt ausdrücklich von Produkten für Endanwender, die aus Hardware mit "fest eingebauter" GPL-Software bestehen. Solche Geräte – Beispiele wären etwa DSL-Router oder NAS-Filer mit Linux, aber auch der berüchtigte TiVo, um den sich die ganze GPL-DRM-Debatte dreht – dürfen nicht so konstruiert sein, dass sie mit selbst geänderter Software die Arbeit verweigern. Der Linux-basierte digitale Videorecorder TiVo führt nur Code aus, den der Hersteller digital signiert hat. Obwohl die Quelltexte GPL-konform offenliegen und sich die Software beliebig ändern lässt, läuft sie dann nicht mehr auf der TiVo-Hardware. Die FSF betrachtet das als unvereinbar mit dem Geist der GPL.

Im überarbeiteten Paragrafen 6 ("Vertrieb in Nicht-Quelltextform") haben sich aber auch eine Reihe von Bedenken der Industrie niedergeschlagen. So kann der Hersteller für derart veränderte Geräte Support und Garantie verweigern. Der Netzwerkzugang kann verweigert werden, wenn die Veränderungen den Netzwerkbetrieb beeinträchtigen – einige Anbieter von WLAN-Chips beispielsweise stellen die national gültigen Funkparameter per Software ein.

Vereinfacht präsentiert sich Paragraf 7, der regelt, inwieweit zusätzliche Bedingungen über die GPL-Bestimmungen hinaus mit der GPLv3 kompatibel sind. Die Unterscheidung zwischen weitergehenden Rechten und zusätzlichen Beschränkungen existiert nicht mehr. Die erlaubten Zusatzregeln sind inhaltlich weitgehend gleich geblieben, etwa die Zulässigkeit einer Kündigungsklausel bei Patentklagen, wie sie die Apache-Lizenz enthält, oder markenrechtliche Einschränkungen.

Die Definitionen zu Beginn der Lizenz versuchen, einige Begriffe wie "modifizieren" oder "Standard-Interface" schärfer zu fassen. Die einer Software entsprechenden Quelltexte ("corresponding source") umfassen nun ausdrücklich auch alle Skripte, die nötig sind, um eine modifizierte Version zu bauen – um diese Frage ging es unter anderem in der Auseinandersetzung um die cdrtools.

Ersatzlos gestrichen wurde der alte Paragraf 13, der Einschränkungen für den Vertrieb in bestimmten Ländern vorsah. Auch der (selbstverständliche) Passus, dass der Autor einer GPL-Software auf Anfrage auch ausnahmsweise einen GPL-Verstoß erlauben kann, ist entfallen.

Der neue Paragraf 13 regelt das Verhältnis der GPL zur Affero General Public License. Die von der GPL 2 abgeleitete AGPL enthält eine Regelung für den Fall, dass ein Anwender ein Open-Source-Programm lediglich auf seinem eigenen Server laufen lässt, aber anderen Zugriff übers Netz darauf gewährt – etwa ein Blog- oder Groupware-Hoster: Nach AGPL ist dieser Anwender auch dann zur Bereitstellung des Quellcodes verpflichtet, obwohl er die Software nicht im klassischen Sinne vertreibt. Die FSF, die diese Regelung begrüßt, stellt klar, dass man GPL-Code jederzeit der AGPL unterstellen darf.

Die öffentlichen Debatten, die in den letzten Monaten um die GPLv3 geführt worden sind, wird auch der dritte Entwurf nicht beenden. Nach wie vor will die GPLv3 verhindern, dass die Freiheit von GPL-Software durch Softwarepatente eingeschränkt wird. Die Patentregelungen sind jetzt zwar etwas präziser formuliert, aber dem Grundeinwand gegen derartige Bestimmungen – Softwarepatente sind kein Thema für die Softwarelizenz – entgegnet man nach wie vor mit einem klaren "Doch, sind sie, wenn sie die Freiheit der Software bedrohen". Ein Kompromiss ist da schwer vorstellbar.

Die neuen Regelungen zu DRM sind jetzt zwar konkreter und beschreiben sehr genau, was man nicht will: Hardware, die das Ausführen modifizierter GPL-Software verweigert. Aber auch hier bleiben die grundlegenden Positionen unvereinbar: Stellt ein Gerät wie der TiVo eine legitime Nutzung von freier Software dar, die nicht untersagt werden sollte (so Linux-Vater Linus Torvalds), oder handelt es es sich dabei um einen illegitimen Vertrieb freier Software, der dem Anwender wesentliche Rechte vorenthält (die Position der FSF)? Der dritte Entwurf der GPLv3 bezieht hier ebenso eindeutig Stellung wie die vorherigen Fassungen.

Das weitere Vorgehen steht bereits fest. Der dritte Entwurf steht ab sofort für zwei Monate zur öffentlichen Diskussion. Gleichzeitig will man die Debatte aber auch nutzen, um Missverständnisse auszuräumen. Anschließend soll ein letzter Entwurf formuliert werden, der den in dieser Zeit vorgetragenen Kommentaren, Bedenken und Vorschlägen Rechnung trägt. Der steht dann nochmals für 30 Tage zur Diskussion. Kurz danach soll die GPLv3 dann in ihrer finalen Version veröffentlicht werden – möglicherweise also noch in diesem Jahr. (odi) (odi)