Geheimdienst-Technik für das Heimkino

Eine Videooptimierungssoftware, die eigentlich für den US-Geheimdienst entwickelt wurde, ist demnächst auch für Endkunden verfügbar.

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Von
  • Kate Greene

Immer mehr Menschen tragen heutzutage kleine Videokameras mit sich herum – ob im Handy oder in anderen mobilen, digitalen Geräten. Die Qualität der Bilder, die diese Kameras liefern, ist allerdings noch immer verhältnismäßig schlecht, wie man auf Plattformen wie YouTube tagtäglich sehen kann: Ruckelige Fußballspiele, schlecht beleuchtete erste Schritte eines Babys oder verpixelte Party-Ausschnitte sind die Regel, nicht die Ausnahme. MotionDSP, ein Unternehmen aus dem kalifornischen San Mateo, will in diesem Frühjahr nun eine PC-Software zum Download anbieten, die einige der schlimmsten Probleme digitaler Bewegtbildaufnahmen lösen soll – von Verwacklern bis zur schlechten Ausleuchtung. Das Produkt namens "vReveal" soll 40 Dollar kosten und wendet sich an den durchschnittlichen Hobbyfilmer, der etwas bessere Urlaubsaufnahmen machen möchte, dafür aber möglichst wenig Geld ausgeben will.

Laut MotionDSP-Chef Sean Varah wurden die Bildverbesserungsalgorithmen ursprünglich für den US-Auslandsgeheimdienst CIA entwickelt. Die nun vor der Veröffentlichung stehende Endkundenversion beinhaltet ein leicht bedienbares Schnittwerkzeug, mit dem sich Clips schneiden und zusammensetzen lassen. Sie läuft unter Windows XP und Vista.

Die Idee, Filme mit Hilfe von Videooptimierungstechniken zu verbessern, ist keineswegs neu. Seit Jahren setzen Software-Hersteller unter anderem auf so genannte "Super-Resolution"-Algorithmen, die Szenen weniger verschwommen erscheinen lassen. Dabei werden Informationen über die Farbe und Position der Bildpunkte zunächst für eine Handvoll Einzelbilder gesammelt und daraus dann zusätzliche Bildinformationen extrapoliert. Dadurch werden Kanten schärfer und abgehackte Bewegungen, die durch eine zittrige Kameraführung entstehen, teilweise behoben. Salient Stills, ein MIT-Spinoff, das im Jahr 2000 gegründet wurde, verwendet solche Super-Resolution-Algorithmen und andere Techniken, um Videos für Strafverfolgungsbehörden zu verbessern. In jüngerer Zeit hat außerdem Intel das Potenzial der Bildoptimierung im Rahmen von neuen Anwendungsmöglichkeiten für Mehrkern-Prozessoren untersucht.

Apple, dessen iMovie-Software zu den beliebtesten Amateur-Schnittprogrammen zählt, kündigte auf der Macworld-Messe im Januar eine neue Version an, die eine automatisch Bildstabilisierung enthalten wird. Außerdem bieten Sony und Adobe ebenfalls Videoeditoren an, die entsprechende Optimierungsfunktionen für unter 100 Dollar anbieten.

Varah sieht dennoch Vorteile bei seiner hausgemachten Technik. vReveal sei spezifisch für Heimanwender entwickelt worden. "Sony und Adobe haben hingegen mit High-End-Programmen angefangen. Denen wurden dann schrittweise Funktionen entzogen, um sie billig genug zu machen, um sie an Ottonormalverbraucher verkaufen zu können." Varah betont außerdem, dass die MotionDSP-Algorithmen aufgrund ihrer Nutzung bei der CIA höhere Anforderungen hätten erfüllen müssen. Zudem könne man auf mehrere Spezialpatente setzen, die Forscher der University of Santa Cruz entwickelt hätten, wie MotionDSP-Technologiechef Nikola Bozinovic sagt.

Die Algorithmen der Firma untersuchen Bewegungen über mehrere Einzelbilder hinweg, um festzulegen, welche Teile davon aufgrund abrupter Kameraführung entstanden. Diese Bewegungen werde dann "abgezogen" und das Endergebnis entsprechend angepasst berechnet.

Um die Helligkeit zu erhöhen, ohne die Bildqualität leiden zu lassen, setzt vReveal auf einen weiteren Trick: "Jede Software kann das, dabei wird einfach die Bildpunktintensität um den Faktor zwei hochskaliert." Das Problem dabei, so Bozinovic: Dabei würde auch das Rauschen im Signal erhöht, was zu einer körnigen Darstellung führe. MotionDSP eliminiere das Rauschen deshalb, indem über eine Anzahl Einzelbilder hinweg ein Mittelwert genommen werde.

Eine weitere Funktion von vReal erhöht die effektive Anzahl an Einzelbildern in einem Video. Viele Handys nehmen nur 15 Frames pro Sekunde auf, was dazu führt, dass Bewegungen für das menschliche Auge abgehackt wirken. Rund wirkt ein Video erst ab 30 Einzelbildern pro Sekunde. Durch die Analyse der Bewegungen einzelner Objekte innerhalb mehrerer Einzelbilder synthetisiert vReveal deshalb Zwischenaufnahmen.

Laura Teodosio, Mitbegründerin von Salient Stills, meint, dass die von MotionDSP eingesetzte Super-Resolution-Technologie nicht gerade bahnbrechend sei: "Bei diesen Algorithmen und Techniken hat sich in den letzten Jahren eigentlich nur wenig geändert."

Interessant sei aber der Versuch, diesen Ansatz nun spezifisch in den Endkundenmarkt zu holen. "Die Herausforderungen in diesem Sektor sind stets zweierlei: Erstens muss ein Produkt einfach genug sein, damit es bedienbar bleibt, zweitens muss die Bildverbesserung eindeutig genug sein, damit vom Nutzer immer wieder angewendet wird."

Sollte vReveal erfolgreich sein, könnten die MotionDSP-Algorithmen ihren Weg auch in andere Software-Produkte finden. Mitte nächsten Jahres will die Firma einen Teil ihres Quellcodes anderen Entwicklern zur Verfügung stellen. Firmen wie der Internet-Telefonieanbieter Skype könnten sie dann beispielsweise für ihre Video-Chat-Dienste einsetzen, um die Bildqualität zu verbessern, ohne mehr Bandbreite zu nutzen. Außerdem könnten Internet-Video-Anbieter wie YouTube von der Technik profitieren, um die dargebotene Bildqualität zu steigern. (bsc)