Der richtige Code zum Erinnern

Ein neuer implantierbarer Chip soll Menschen mit Gedächtnisproblemen helfen. In ersten Tests mit Patienten als Kontrollgruppe zeigte der Algorithmus bereits sein Können.

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Ein neuer implantierbarer Chip soll Menschen mit Gedächtnisproblemen helfen. In ersten Tests mit Patienten als Kontrollgruppe zeigte der Algorithmus bereits sein Können.

Viele seiner Kollegen aus der Neurowissenschaft hielten Ted Berger zunächst für verrückt. Er arbeitet seit 20 Jahren an einem elektronischen Implantat, welches das Erinnerungsvermögen verbessern soll. Es soll Menschen helfen, deren Gehirn durch Krankheiten wie Alzheimer keine neuen Langzeiterinnerungen mehr bilden kann. Die Idee, diese Gehirnleistung durch einen Chip zu ersetzen, galt unter Neurowissenschaftlerm lange als unerreichbar. Doch nun konnte Berger die Funktionsfähigkeit seines Chips durch den Einbezug von Epilepsie-Patienten untermauern.

Auf einem Fachkongress in Mailand hat der Forscher seine Ergebnisse vorgestellt, die er zusammen mit Dong Song von der University of Southern California (USC) und weiteren Wissenschaftlern des Wake Forest Baptist Medical Centers erzielt hat. Das Implantat besteht aus einem Siliziumchip, der als Brücke fungiert, wenn Erinnerungen vom Kurzzeitgedächtnis als elektrische Signale im Langzeitgedächtnis verlagert werden sollen. Bei gesunden Menschen werden Eindrücke und Erlebnisse in elektrische Signale übersetzt und durch verschiedene Regionen des Hippocampus geleitet. In jedem dieser Bereiche werden die Signale neu übersetzt. Ist aber ein Bereich beschädigt, gibt er auch die Signale nicht korrekt modifiziert weiter. Hier kommt der neue Chip ins Spiel. Er übernimmt die fehlende Übersetzung, sorgt so für die Weitergabe und damit die Ablage im Langzeitgedächtnis.

Ob der Chip die Signale korrekt übersetzt, hat Berger jetzt mit Hilfe von neun Epilepsie-Patienten überprüft. Sie dienten als Kontrollgruppe: Die Elektroden, die sie zur Kontrolle ihrer Anfälle ins Gehirn implantiert bekommen haben, erlauben auch, die Signale und die Art ihrer Weitergabe im Hippocampus auszulesen. Die Codes wurden bei Erinnerungsvorgängen der Patienten extrahiert und an Bergers Chip gesendet, der sie übersetzte. So konnten die Forscher die Codes der Patienten mit denen, die Bergers Chip erstellte, vergleichen. In hunderten von Tests mit den neun Patienten generierten die Algorithmen zu 90 Prozent genau den Code, mit denen auch die Nervenzellen der Testpersonen ihre Signale weitergeben, berichten die Forscher. „Die neuronalen Signale mit dem Chip vorhersagen zu können, legt nahe, dass unser Implantat beschädigte Teile des Gehirns unterstützen oder ersetzen kann“, sagt Robert Hampson vom Wake Forest Baptist Medical Center.

Als nächstes will das Forscher-Team seine Chip-generierten Signale direkt an einen Patienten weiterleiten, der eine beschädigte Region im Hippocampus hat. Dort sollen dann die Signale als tatsächliche Langzeiterinnerungen abgelegt werden. (jle)