Hayabusa 2: Ein Bremer für Japans Raumfahrtprogramm

Japans Raumsonde Hayabusa 2 brachte am Wochenende wohlbehalten Staub vom Asteroiden Ryugu zurück. Ein Star der Mission war ein deutsch-französischer Rover.

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(Bild: Jaxa)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Kölling
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Japans zweite Hayabusa-Mission markiert einen Wendepunkt für die ferneren Weltraumexpeditionen der Menschheit. Der erste Versuch, Bodenproben von einem Asteroiden zur Erde zurückzubringen, glich noch einem dramatischen Abenteuer, bei dem die Sonde mehrfach fast havarierte. Der jetzige Hin- und Rückflug zum Asteroiden Ryugu, den Hayabusa 2 innerhalb von sechs Jahren absolvierte, glich dagegen eher Routine. Doch nicht alles lief wie geplant, weiß Tra-Mi Ho, eine Projektleiterin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR in Bremen.

Hos Team war für einen Star der Mission zuständig: dem Lander Mascot. Bei dem kleinen, räderlosen Rover handelt es sich um eine Co-Produktion vom DLR und der französischen Raumfahrtbehörde CNES. Das knapp 10 kg schwere Geräte sollte auf dem kleinen Asteroiden landen, um seine Oberfläche aus allernächster Nähe in Augenschein zu nehmen.

Dazu hatte der Rover ein Mikroskop zur Bestimmung der Mineralogie, eine Kamera, ein Magnetometer und ein Radiometer für die Messung der thermischen Emission des Asteroiden an Bord. Die gewonnenen Erkenntnisse dienen wie der Rest der Mission dazu, durch die Erforschung des kleinen Himmelskörpers die Entstehung des Sonnensystems und von Leben auf der Erde zu erhellen.

Der Grund: Asteroiden gehören zu den ältesten Objekten im Sonnensystem. Ryugus Alter wird beispielsweise auf 4,6 Milliarden Jahre geschätzt. Die japanische Weltraumbehörde Jaxa hofft nun, in den Proben organisches Material zu finden, das mit Asteroideneinschlägen vor Urzeiten der Erde quasi Leben eingeimpft haben könnte.

Die Landung des Rovers war dabei eine besondere Herausforderung, erzählt Ho. Denn das Studienobjekt ist klein und hat nur eine sehr geringe Anziehungskraft. "Da muss man dem Himmelskörper sehr nahekommen, damit die Gravitation wirkt", erklärt die Wissenschaftlerin. Zudem muss die Landung sehr genau erfolgen, damit der Rover nicht zurückgeworfen wird.

Damit nicht genug: Auch nach der Landung macht der Rover zuerst Purzelbäume, bis er zur Ruhe kommt. Und dann müssen die Forscher schauen, ob das Gerät auch richtig liegt. Schauen die Sensoren in die falsche Richtung, dient ein Schwungarm dazu, die Lage zu korrigieren. Soweit die Theorie, nun zur Praxis.

Zweiter Touchdown von Hayabusa2 (6 Bilder)

4 Sekunden vor dem Touchdown
(Bild: JAXA)

"Die Landung war extrem spannend", erinnert sich Ho. "Die erste Herausforderung war, dass Mascot nicht von der Sonde separierte." Als der Absprung dann gelang, war die Begeisterung erst groß. Doch als der Lander dann zur Ruhe kam, folgte das nächste Problem. Die Sensoren zeigten, dass der Rover richtig liegen sollte. Allerdings erste Bilder zeigten, dass dies nicht stimmte. "Der Grund war, dass die Oberfläche viel dunkler war, als wir angenommen hatten", sagt Ho. Der Lander habe daher seine Lage falsch interpretiert. Die Forscher schrieben kurzerhand ein Programm, um den Rover anzuleiten.

Das folgende Manöver war dann zwar erfolgreich. Allerdings gelang es dem Mikroskop nicht, zu fokussieren. Denn auf der zerklüfteten Oberfläche stand es ausgerechnet über einer Spalte. Die anderen Geräte arbeiteten dagegen zur Zufriedenheit ihrer Erbauer auf der Erde.

"Die Messungen haben unsere Erwartungen erfüllt", meint Ho. "Wir waren begeistert von der Auflösung der Bilder der Kamera." Die habe den Boden bis auf den Millimeter genau gezeigt. Das Ergebnis: Die Oberfläche von Ryugu besteht nicht aus Regolith, jenem feinen Staub, der den Mond bedeckt, sondern größeren Brocken aus verklumptem Material mit hellen Einschlüssen. "Das versuchen wir nun mit den Meteoriten zu vergleichen, die auf der Erde gefunden wurden", sagt Ho. Zudem ergaben die Messungen, dass Ryugu kein Magnetfeld hat.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Auch die Jaxa scheint mit der eurasischen Kooperation zufrieden zu sein. Denn auf der nächsten spektakulären Expedition der Japaner ist wieder ein Platz für einen Rover aus Europa reserviert. Dieses Mal wird er allerdings Räder haben. Denn die Jaxa will 2025 als erste Raumfahrtorganisation auf dem Mars-Mond Phobos landen und von dort 10 bis 100 Kilogramm Gestein zur Erde zurückbringen. Und der Rover aus Bremen genießt dann erneut das Privileg, die Oberfläche eines unbekannten Himmelskörpers zu erkunden.

(bsc)