Humanoid zum Mond

Die NASA und der Automobilkonzern GM arbeiten an einem fortschrittlichen menschenähnlichen Roboter, der es bis in den Weltraum schaffen soll.

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Von
  • Brittany Sauser

Die NASA und der Automobilkonzern GM arbeiten an einem fortschrittlichen menschenähnlichen Roboter, der es bis in den Weltraum schaffen soll.

Die nächste Generation von Mondforschern hört möglicherweise auf den Namen "Robonaut2" – und sie könnte ähnliche wissenschaftliche Aufgaben erfüllen wie reguläre Astronauten, nur in Sachen Lebenserhaltungssysteme deutlich genügsamer sein. Darauf laufen jedenfalls Pläne der NASA hinaus, die bereits in drei Jahren erste humanoide Roboter zur Internationalen Raumstation ISS schicken will, um der dortigen Besatzung zur Hand zu gehen.

Die aktuelle Modellgeneration wird gerade zusammen mit dem Automobilkonzern General Motors entwickelt. Im Gegensatz zum Mars-Rover orientiert sich der Roboter an Form, Bewegungsmöglichkeiten und Verhalten von Menschen. Das soll ihn zum idealen Hilfsmittel für die bemannte Raumfahrt machen. Er könnte aber auch neue Raumfahrzeuge oder Quartiere im All testen, bevor sie für Astronauten freigegeben werden.

Bis es so weit ist, müssen allerdings noch diverse ingenieurtechnische Hürden genommen werden. Bei GM hofft man, dass eine Abwandlung von Robonaut2 in der Autoherstellung verwendet werden könnte. Außerdem ist der Einbau bei dem Projekt entwickelter Technologien in Produkte denkbar, etwa für Sicherheitssysteme. Die Ingenieure hinter Robonaut2 arbeiten bereits seit 2007 an dem Projekt; sein Design stammt von Ideen ab, die die NASA vor mehr als 10 Jahren vorlegte.

Robonaut2 besteht derzeit nur aus einem Rumpfelement. Er wiegt rund 45 Kilogramm und ist mit über 350 Sensoren ausgestattet. Dazu gehören taktile Elemente, die an Kontaktpunkten an den Fingern und Handflächen angebracht sind, außerdem enthalten die Arme Entfernungsmessgeräte. Eingebaut wurden außerdem Federn und elastische Materialien an den Gelenken, um dem Roboter menschliche Flexibilität zu geben. Der Automat kann derzeit Lasten von bis zu neun Kilo tragen – mehr als jeder andere Humanoid.

Rob Ambrose, Leiter für den Bereich Software, Robotik und Simulation am Johnson Space Center der NASA in Houston, sieht in Robonaut2 deutliche Verbesserungen gegenüber der Vorgängergeneration. "Er ist so aufgebaut, dass er mit geschwindigkeitstechnisch auf dem Niveau von Menschen agieren kann. Außerdem arbeitet er sicher mit ihnen zusammen."

"Die Wahrnehmung von Menschen und ein adäquates Antwortverhalten sind ein Thema, an dem Roboterforscher auf der ganzen Welt arbeiteten", meint Matthew Mason, Professor für Robotik und Computerwissenschaften an der Carnegie Mellon University (CMU). "Robonaut2 ist eine wichtige Plattform zur Entwicklung und zum Test solcher Techniken."

Eine weitere zentrale Herausforderung war die Kommunikation mit den Astronauten. "Das ist ein wirklich neues Gebiet", meint Bilge Mutlu, Mitglied des Labors für Human Computer Interaction an der CMU. "Wie interpretiert ein Roboter soziale Signale? Wie kommuniziert er zurück? Wir wollen, dass Roboter zu Teammitgliedern werden und Robonaut2 ist ein Schritt in diese Richtung." Aktuell beherrscht der NASA-Automat allerdings nur relativ einfache Kommunikationsübungen. Beispielsweise kann er seinen Kopf in eine bestimmte Richtung drehen, um den Menschen neben sich darauf hinzuweisen, dorthin zu sehen.

Robonaut2 habe 42 Freiheitsgrade und sei bereits jetzt sehr geschickt, meint NASA-Mann Ambrose. "Wir haben die Bewegungsmöglichkeiten erhöht, in dem wir ihm menschenartige Daumen und schnellere Manipulatoren gaben." Der Roboter besitzt außerdem vier Kameras mit Standard- und HD-Auflösung in seinem goldenen Helm, der den Kopf schützt. Das erlaubt die Aufnahme stereoskopischer 3-D-Bilder der Umgebung, über die eine Tiefenkarte aller Objekte erstellt werden kann. Außerdem existiert eine Anzahl von Indikatoren, die dem Astronauten auf einen Blick zeigt, in welchem Betriebsmodus sich der Roboter befindet. Er kann außerdem auch kleine Berührungen interpretieren: Kommt es zum Kontakt mit einem Menschen, hält er sofort an, damit er niemanden verletzt. Die Außenhaut wurde extra weich gestaltet.

Der neue Roboter soll autonom arbeiten können. Seine Sensoren geben ihm Feedback, wann eine Aufgabe erledigt ist. "Neben dem Bau der neuen Hardware liegt die größte Herausforderung in einer Software, die den Roboter clever genug macht, um selbstständig arbeiten zu können", meint Andrew Ng, Professor für Computerwissenschaften in Stanford, der selbst an Haushaltsrobotern arbeitet.

Ambrose zufolge plant die NASA den Einsatz des Roboters bei verschiedenen Missionen – von Reisen zur ISS, um dort Reparaturarbeiten zu erledigen, bis hin zu Missionen zum Mond oder Mars, als Vorhut des Menschen. Im Team könnte der Roboter sogar zurückgelassen werden, um vor Ort weiter wissenschaftliche Jobs durchzuführen. Noch sei Robonaut2 aber noch sehr jung, meint CMU-Experte Mason. "Die menschliche Leistungsfähigkeit ist eine hohe Messlatte. Zwar sind Roboter bislang noch nicht annähernd so weit, doch jeder kleine Fortschritt zählt." (bsc)