Implantate überwachen die Fitness von Kühen

Sensoren an Halsbändern können für Wiederkäuer störend sein. Der "EmbediVet" geht deshalb unter die Haut.

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Implantate überwachen die Fitness von Kühen

(Bild: Embedivet)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Rachel Metz
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Genau wie die anderen Kühe fressen sie, trinken sie und käuen wieder. Gelegentlich benutzen sie auch eine rotierende Bürste, um sich das Fell striegeln zu lassen. Aber im Gegensatz zum Rest der Herde liefern diese drei Kühe auf der Milchfarm in Wellsville (Utah) bei der Gelegenheit an der dortigen Ablesestelle ihre Daten ab. Ein kleines Implantat namens EmbediVet überträgt per Bluetooth Kau-Frequenz, Temperatur und das Bewegungsmuster der Kühe.

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Konstruiert hat den Apparat der amerikanische Software-Entwickler und Biohacker Tim Cannon. Ursprünglich arbeitete er an elektronischen Implantaten für Menschen. Sein Start-up Grindhouse Wetware brachte mit nur 2.000 Dollar Entwicklungskosten ein erstes Implantat namens Circadia heraus. Es konnte die Temperatur messen und leuchtete unter der Haut.

Außerdem sollte eine von Cannon entwickelte Software mit den Daten Krankheiten vorhersagen. 2013 ließ sich Cannon einen Prototyp von Circadia in den Arm implantieren. Aber er fand keine Investoren. Kaum jemand schien Interesse an solchen Implantaten zu haben.

Doch dann meldete sich Cicada Innovations aus Sydney. Der australische Technik-Inkubator fördert den Aufbau landwirtschaftlicher Technologie. Das Land verfügt über einen bedeutenden Viehbestand von rund 25,5 Millionen Rindern. Cannon ließ sich für Kuhsensoren begeistern, zog nach Australien, gründete Livestock Labs und baute EmbediVet. Das Gerät enthält einen ARM-Prozessor, Bluetooth und besitzt zudem eine große Reichweite zur Datenübertragung. Es wird unter örtlicher Betäubung eingesetzt und misst unter anderem Temperatur, Herzfrequenz sowie Sauerstoffgehalt des Blutes. Betrieben wird es mit einer Knopfzelle, die drei Jahre halten soll.

RFID-Sender werden bereits seit Langem zur Identifizierung von Tieren benutzt. Einige Halsbänder überwachen auch die Nahrungsaufnahme und Krankheiten. Aber Cannon glaubt, dass ein Implantat die Kuh weniger stört. Außerdem sei es schwer, die Körpertemperatur bei Tieren mit einer dickeren Haut von außen zu messen, sagt Kerry Rood von der School of Veterinary Medicine an der Utah State University. Er implantierte EmbediVet drei Kühen der universitätseigenen Farm – zweien am linken Unterkiefer und einer zwischen den Rippen.

Vorläufig trainieren die Daten der Geräte lediglich ein künstliches neuronales Netz. Künftig aber soll eine App die Landwirte informieren, wie gut ihre Tiere fressen, ob sie krank werden oder im Begriff sind zu kalben. Bisher müssen die Betreuer ihre Tiere dafür beobachten. Das fällt bei Hunderten oder Tausenden Tieren schwer.

Ryan Reuter, Rinderspezialist an der Oklahoma State University, hält den Tracker für nützlich, weist aber darauf hin, dass sich Kühe beispielsweise gern den Rücken schubbeln. Entsprechend robust müssten die Implantate sein. Auch dürften sie bei Tieren, die verzehrt werden sollen, nicht durch den Körper wandern. Einen wesentlichen Erfolgsfaktor sieht Reuter zudem im Preis, der 20 Dollar nicht übersteigen dürfe.

Laut Cannon soll EmbediVet 2019 in einem öffentlichen Betatest verfügbar sein. "Wir sind auf etwas gestoßen, das viel bedeutender und gefragter ist, als wir dachten", sagt er. Er hofft, dass sein Landwirtschaftsprojekt die Menschen mit Körperimplantaten vertraut macht. Denn noch hat sich Cannon nicht restlos von dem Gedanken verabschiedet, auch seine Mitmenschen mit Sensoren auszustatten.

(bsc)