Interview: Rechtsprechung wie beim Copyshop

Der 3D-Druck wirft eine Fülle rechtlicher Fragen auf – die sich in der Regel mit bestehenden Gesetzen beantworten ließen, sagt Hans Markus Wulf, Rechtsanwalt bei SKW Schwarz in Hamburg.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Bernd Müller

3D-Druck boomt. Auch bei Ihnen in der Kanzlei?

Vor allem das Thema Industrie 4.0 schlägt hohe Wellen. Unsere Mandanten, darunter viele Unternehmen aus der Logistik-Branche, wollen wissen, wie die Rechtslage ist. Big Data, vorausschauende Wartung, auch 3D-Druck sind Themen, die unsere Mandanten gerade umtreiben.

Ein 3D-Druck-Dienstleister könnte ein Maschinenteil scannen und ausdrucken und es dann als Ersatzteil verkaufen. Darf er das?

Das Abfotografieren oder Abscannen eines Bauteils ist grundsätzlich vergleichbar mit dem Abscannen einer Skulptur eines Künstlers. Sie ist durch das Urheberrecht geschützt. Aber nur, wenn eine kreative, schöpferische Leistung darin steckt. Bei rein gewerblichen Produkten ist das in der Regel nicht der Fall. Es kann aber auch sein, dass der Nachbau durch 3D-Druck eine hohe, kreative Eigenleistung aufweist, so dass ein eigenständiges, neues Produkt entsteht. Dann kann die Schwelle zur freien Benutzung überschritten sein, so dass keine Urheberrechtsverletzung mehr vorliegt. Im Regelfall dürfte der Nachbau durch 3D-Druck jedoch als unfreie Bearbeitung als Urheberrechtsverletzung anzusehen sein.

In manchen Fällen kann es deshalb sinnvoll sein, das Erscheinungsbild zu schützen. Dann ist eine Vervielfältigung nicht erlaubt. Gewerbliche Produkten unterscheiden sich aber meist nicht durch das Erscheinungsbild, sondern durch bestimmte technische Eigenschaften, etwa durch die Materialzusammensetzung. Dann greifen andere Schutzrechte, zum Beispiel gewerbliche Schutzrechte oder das Markenrecht.

Das klingt nach einer Inflation der Schutzrechte in Folge des 3D-Drucks.

Das wird tatsächlich unter Juristen diskutiert. Derzeit kann ich nur empfehlen, soviel wie möglich zu schützen.

Was muss ein 3D-Druck-Dienstleister beachten, wenn er von einem Kunden eine Datei bekommt?

Hier greifen die Gerichte zurück auf die bestehende Rechtsprechung zur Haftung von Copyshop-Besitzern bei unbefugter Vervielfältigung von literarischen Werken. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes haftet der Copyshop, wenn er Kenntnis von dem urheberrechtsverletzenden Vorhaben hatte. Der Druck-Dienstleister sollte deshalb vertraglich dafür sorgen, dass der Kunde ihn von der Haftung freistellt. Das heißt, der Kunde ist dann dafür verantwortlich, dass er die Rechte besitzt, um das Teil drucken zu lassen.

Und wer haftet, wenn es durch so ein Bauteil zu einem Unfall oder Schaden kommt?

Es haftet immer der direkte Vertragspartner. Wenn Sie also eine Maschine betreiben und haben dafür ein Ersatzteil bekommen – ob 3D-gedruckt oder nicht, spielt keine Rolle – dann haftet der Verkäufer des Ersatzteils. Das ist oft der Hersteller der Maschine. Hat der das Ersatzteil bei einem Dienstleister drucken lassen, kann er möglichweise den Dienstleister haftbar machen. Grundsätzlich darf bei dieser Regelung bestimmt werden, dass der Hersteller der Maschine für Mängel in den Konstruktionsplänen haftet, während der Dienstleister bei Mängeln der verwendeten Druckmaschinen verantwortlich ist. Im Schadensfall muss dann geklärt werden, wo genau die Schadensursache zu finden ist. Das interessiert Sie als Kunde aber nicht, denn sie haben ja mit dem Druck-Dienstleister keinen Vertrag geschlossen.

Brauchen wir ein eigens 3D-Druck-Recht?

Nein. Die vorhandenen Gesetzesvorschriften reichen für den Umgang mit problematischen Fällen aus. Unternehmen, die 3D-Drucker einsetzen möchten, sollten sicherstellen, dass die notwendigen Rechte an Konstruktionsplänen und Nachbauten vorliegen und dass sie entsprechende, schriftliche Verträge mit den Urheber- beziehungsweise Verwertungsgesellschaften geschlossen haben. Das Übernehmen von Plänen aus dem Internet ist grundsätzlich mit Risiken verbunden, in der gewerblichen Nutzung sollte man das vermeiden.

(anwe)