KI: Was der Trump-Nachfolger plant

Noch hat Joe Biden keine Einzelheiten zu seiner Künstliche-Intelligenz-Strategie vorgestellt, aber seine ersten Ernennungen enthalten wichtige Hinweise.

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(Bild: Rod Long on Unsplash)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Karen Hao

Am 20. Januar hielt die USA den Atem an, als Präsident Trump die Regierung an Präsident Biden übergab. Doch der Machtwechsel verlief friedlich und Biden leitete prompt seine neue Vision für Amerika mit einer Flut von Präsidialdekreten ein.

Zu den dringlichsten Problemen auf seinem Schreibtisch gehören die Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie, die finanzielle Entlastung für Amerikaner und die Umkehrung einer Reihe von Maßnahmen der Trump-Ära in Bezug auf Klimawandel, internationale Beziehungen und Einwanderung. Künstliche Intelligenz (KI) hat es erwartungsgemäß noch nicht ganz oben auf die Liste geschafft. Aber Biden hat bereits mehrere Andeutungen darüber gemacht, wie seine Verwaltung über die Technik denkt und sie behandeln könnte.

Zunächst ernannte Biden den Direktor des Büros für Wissenschafts- und Technologiepolitik (Office of Science and Technology, OSTP) zu einer Position auf Kabinettsebene und besetzte sie mit Eric Lander, einem Top-Genetiker und Gründungsdirektor des MIT-Harvard Broad Institute. Das OSTP berät den Präsidenten in Fragen der Wissenschaft und Technologie und begleitet die Wissenschafts- und Technikpolitik sowie die Haushaltsführung dafür in der gesamten Regierung. Während also Donald Trump KI hauptsächlich als ein wichtiges geopolitisches Instrument ansah und seine Entwicklung für militärische Zwecke und um gegen China anzutreten förderte, sieht es Biden auch als ein Instrument für den wissenschaftlichen Fortschritt.

Es steht auch zu erwarten, dass mehr Geld in die Durchführung von nicht verteidigungsbezogener KI-Forschung fließen wird, ebenso wie in eine stärkere Koordinierung zwischen Regierungsbehörden, um technische Standards für den KI-Fortschritt festzulegen. Jack Clark, der frühere Politik-Direktor bei OpenAI, war ein wichtiger Befürworter des Letzteren. Er hat Regierungsbehörden wie dem Nationalen Institut für Standards und Technologie (NIST) empfohlen, Wissen über die Leistungsbewertung von KI-Systemen sowie für ihr Testen auf Voreingenommenheit zu sammeln. Dann könne die Regierung die Technologie für die Erstellung von Richtlinien nicht nur besser verstehen, sondern auch Zielmarken für die KI-Forschungsgemeinschaft setzen.

Darüber hinaus ernannte Biden einen prominenten Soziologen zum stellvertretenden Direktor der OSTP. Alondra Nelson, Professorin am Institute for Advanced Study, untersucht die gesellschaftlichen Auswirkungen aufstrebender Techniken wie Gen-Editierung und künstliche Intelligenz. Ihre Ernennung legt nahe, dass die Biden-Regierung versteht: Eine wirksame Wissenschafts- und Technologiepolitik muss auch die sozialen Einflüsse und Auswirkungen des wissenschaftlichen Fortschritts berücksichtigen. "Wenn wir Input für den Algorithmus liefern und das Gerät programmieren; wenn wir entwerfen, testen und forschen – stets treffen wir menschliche Entscheidungen, die unsere soziale Welt auf neue und kraftvolle Weise Früchte tragen lassen", sagte Nelson nach ihrer Ernennung.

Vermutlich wird OSTP unter ihrer Führung die Rechenschaftspflicht von Tech-Unternehmen hervorheben, was insbesondere für wichtige KI-Probleme wie Gesichtserkennung, algorithmische Voreingenommenheit, Datenschutz, Einfluss des Unternehmens auf die Forschung und die Vielzahl anderer Probleme von Bedeutung sein wird.

Schließlich machte Bidens neuer Außenminister Antony Blinken klar, dass Technologie weiterhin eine wichtige geopolitische Kraft sein wird. Während der Senatsanhörung für seine Ernennung bemerkte Blinken, dass es "eine zunehmende Kluft zwischen Technodemokratien und Technoautokratien gibt. Ob Techno-Demokratien oder Techno-Autokratien diejenigen sind, die definieren, wie Technologie eingesetzt wird (…) wird einen großen Beitrag zur Gestaltung der nächsten Jahrzehnte leisten."

Wie das Magazin Politico hervorhob, ist dies eine klare Anspielung auf China und auf die Idee, dass die USA in einem Wettlauf mit dem Land stehen, um neue Techniken wie KI und 5G zu entwickeln. Dave Gershgorn von OneZero berichtete 2019, dass dies im Pentagon zu einem Schlachtruf geworden sei. Auf einer KI-Konferenz in Washington beschrieb Trumps Verteidigungsminister Mark Esper das technologische Rennen Gershgorn zufolge als "dramatisch": "Eine Zukunft des globalen Autoritarismus oder der globalen Demokratie."

Blinkens Kommentare deuten darauf hin, dass die Biden-Administration diesen Faden von der Trump-Administration wahrscheinlich aufnehmen wird. Das bedeutet, dass sie möglicherweise weiterhin Exportkontrollen für sensible KI-Technologien durchführen und chinesischen Technologiegiganten bei Geschäften mit US-Unternehmen Verbote auferlegen wird. Möglicherweise investiert die Regierung auch mehr in den Aufbau der High-Tech-Fertigungskapazitäten der USA, um ihre Lieferkette für KI-Chips unabhängiger von China zu machen. (vsz)