Kernel-Log: Apple verschlankt Cups

Mit der kommenden Cups-Version 1.6 sollen einige für Linux-Distributionen wichtige Funktionen wegfallen. Ein Intel-Entwickler hat Patches vorgestellt, durch die der Kernel bald die effiziente Stromspartechnik RC6 standardmäßig nutzen könnte.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Tim Waugh, Entwickler des Drucker-Konfigurations-Programms system-config-printer, hat in seinem Blog auf Änderungen hingewiesen, auf die sich die Linux-Welt mit dem derzeit entwickelten Cups 1.6 einstellen müsse. Denn laut Waugh und dem Openprinting.org-Betreuer Till Kamppeter sollen mit Version 1.6 des seit 2007 von Apple entwickelten Open-Source-Drucksystems einige Funktionen entfallen, die für Mac OS X nicht wichtig sind, bei vielen Linux-Distributionen aber im Einsatz sind.

Dazu gehört die Unterstützung von "Cups Browsing": Bislang melden Cups-Server über den Netzwerk-Port 631 alle verfügbaren Drucker-Warteschlangen, über die Client-Systeme die Drucker automatisch finden können. Für diese Aufgabe setzt Cups bei Mac OS X schon länger auf DNS-SD (_Multicast_DNS.2FDNS-SD:DNS based Service Discovery). Cups arbeitet aber bislang nicht mit Avahi zusammen, das viele Linux-Distributionen für Zeroconf-Techniken wie DNS-SD verwenden. Patches, die das ändern, hat Waugh in Fedora integriert und zur Aufnahme beim Cups-Projekt eingereicht. Zum automatischen Auffinden von Druckern müsse daher in Zukunft Avahi sowohl auf dem Server als auch den Clients laufen, wie Waugh in seinem Blog erläutert; ein Betrieb ohne Avahi sei möglich, aber dann könnte Cups die Drucker-Warteschlangen nicht automatisch finden.

Das Cups-Projekt wird laut laut Waugh und Kamppeter mit Version 1.6 auch einige Filter zum Umwandeln verschiedener Text- und Bildmap-Formate in Postscript unter den Tisch fallen lassen, die MacOS X nicht benötigt. Das OpenPrinting-Projekt hat diese bereits aufgegriffen und will sie im Rahmen von Cups-Filters pflegen. In die Archive sind auch einige Filter zur Handhabung von PDF-Dokumenten eingezogen, die nie Bestandteil von Cups waren.

Waugh hatte bereits zuvor die Fedora-Entwickler auf diese Änderungen hingewiesen. Im Rahmen der dort entstandenen Diskussion deutet Waugh an, einige Entwickler hätten über einen Fork von Cups oder alternative Lösungsansätze nachgedacht. Diese Wege seien auch in Zukunft nicht ausgeschlossen; fürs Erste habe man sie aber als nicht förderlich eingestuft.

Intel-Entwickler Eugeni Dodonov stellte kürzlich zwei Patches zur Diskussion, durch die der Kernel Intels Grafikkern-Stromspartechnik RC6 bei Sandy-Bridge-Prozessoren standardmäßig aktiviert. Damit verwendet der Kernel allerdings die tiefsten Schlafzustände nicht, weil diese auf einigen Systemen Probleme bereiten; die Nutzung dieser "deep rc6" und "deepest rc6" genannten Modi lässt sich bei Kerneln mit diesen Änderungen über einen Parameter aktivieren. Die Entwickler debattieren, ob sie die Patches noch zur Aufnahme für Linux 3.3 einsenden wollen; die Stromspartechnik ist für Notebooks wichtig und kann die Leistungsaufnahme auf manchen Systemen um 5 Watt reduzieren, wodurch die Lüfter seltener und langsamer laufen und der Akku erheblich länger durchhält.

Bereits zuvor hatte Dodonov in zwei Blog-Einträgen einige der jüngsten Entwicklungen rund um die Grafiktreiber für Intels Desktop- und Notebook-Chips zusammengefasst (1, 2). Im zweiten erwähnt er einen Patch, mit dem die Entwickler die Ursachen für die Probleme mit RC6 diagnostizieren wollen.

Greg Kroah-Hartman hat den Stable-Kernel 3.2.6 sowie die Longterm-Kernel 2.6.32.57 und 3.0.21 freigegeben. Wie immer fordert er Anwender von selbst kompilierten Kerneln in den Freigabe-Mails nachdrücklich zum Wechsel auf eine der neuen Versionen auf, die wie üblich Korrekturen und kleine, ungefährliche Verbesserungen enthalten.

Bei den einige Tagen zuvor freigegebenen Kernel-Versionen 3.0.20 und 3.2.5 war das ausnahmsweise anders: Sie brachten lediglich eine Änderung, die war allerdings etwas gewagter als üblich. Durch sie verwenden diese und neuere Kernel die PCIe-Stromspartechnik ASPM auch, wenn die ACPI-Tabellen des BIOS eine bestimmte Inkonsistenz aufweisen. Bei einem Anwender wurden dadurch einzelne PCIe-Geräte nicht korrekt aktiviert; ein Patch korrigiert dies, ist aber in die Kernel-Versionen 3.0.21 und 3.2.6 nicht eingezogen.

Willy Tarreau hat bestätigt, die Pflege von 2.6.32 übernehmen zu wollen, sobald Kroah-Hartman diese einstellt – Letzteres dürfte bald der Fall sein. Ferner hat Tarreau kürzlich den Longterm-Kernel 2.6.27.60 freigegeben, der rund neunzig kleinere Änderungen bringt; kurz danach legte er Version 2.6.27.61 nach, um einen Fehler des Vorgängers zu beseitigen. Es sind die ersten Longterm-Kernel der 27er-Reihe seit April letzten Jahres.

Letzten Donnerstag hat Linus Torvalds die dritte Vorabversion von Linux 3.3 freigegeben. Dabei erwähnte er, sie enthalte keine großen Überraschungen, wie er es mag. Die vierte Vorabversion dürfte in Kürze folgen.

Grafik-Hardware

  • Jeremy Huddleston hat die Versionen 1.10.5 und 1.10.6 des X-Servers von X.org veröffentlicht, die vorwiegend Fehlerkorrekturen bringen. Parallel hat Keith Packard mit dem Xorg-Server 1.11.99.903 eine neue Vorabversion des X-Servers 1.12 freigegeben.
  • Xavier Bachelot hat xf86-video-openchrome 0.2.905 veröffentlicht; mit dieser Version spricht der Treiber für VIA-Grafikkerne erstmals den Chipsatz VX900 an und beherrscht Xvideo beim VX855.
  • Daniel Vetter hat die Version 1.2 der intel-gpu-tools veröffentlicht, die einige vornehmlich auf Intel-Grafikhardware abgestimmte Test- und Diagnose-Werkzeuge enthalten.
  • Nvidia hat die Version 295.20 seiner proprietären Grafiktreiber für x86-32/x86- und x86-64/x64-Linux freigegeben. Sie bringen Unterstützung für die Tesla X2090 und 30-Bit-Farbtiefe bei GeForce-Modellen seit der 8er-Serie. Sie korrigieren zudem eine Reihe von Fehlern; darunter einen, der zu Abstürzen von KDE oder der Gnome Shell führen konnte. Die neuen Treiber-Versionen sollen auch mit einigen Vorabversionen des X-Server 1.12 zusammenarbeiten.
  • Jerome Glisse hat die Version 2.4.31 der Libdrm freigegeben, über die der Kernel und die 3D-Treiber in Mesa 3D kommunizieren.
  • Die auf der diesjährigen Fosdem gezeigte Nouveau-Präsentation, auf die bereits unsere Meldung zu Mesa 3D 8.0 verwiesen hat, liefert einige Informationen zu den neuesten Entwicklungen des Open-Source-Treibers für Grafikchips von Nvidia. So soll das hoch- und heruntertakten von Chipelementen und Speicher bei GeForce-Grafikkernen der NV50-Generation (u. a. GeForce-Serien 8000 und 9000) mit dem Code im Entwicklerzweig schon recht zuverlässig arbeiten; auch bei der Lüftersteuerung gibt es Fortschritte, aber noch einiges zu tun.
  • Im Youtube-Channel der Webseite Phoronix findet sich eine Aufzeichnung des Vortrags, den die Nouveau-Entwickler auf der Fosdem gehalten haben. Der Channel enthält noch eine Reihe anderer Video-Aufzeichnungen von Vorträgen der diesjährigen Fosdem – etwa jenen zur experimentellen Unterstützung von OpenGL bei den NV50-Grafikprozessoren von Nvidia. Einen Überblick über die Entwicklungen im Umfeld der Intel-Grafiktreiber liefert der Talk von Eric Anholt. Ein weiteres Video enthält den Vortrag von Luc Verhaegen, in dem er den von ihm vorangetriebenen, aber noch rudimentären Open-Source-Grafiktreiber für ARM-Mali-Kerne vorstellt, der kürzlich freigegeben wurde. Informationen zu der in den X-Server 1.12 eingebauten Multitouch-Unterstützung finden sich im Video des Vortrags von X.org-Entwickler Peter Hutterer.
  • In einem Blog-Eintrag hat Peter Hutterer erläutert, wie die für den X-Server 1.12 geplante Multitouch-Unterstützung mit Multitouch-tauglichen Touchpads zusammenspielt.

Kernel

  • Einen guten Überblick über Btrfs liefert Josef Bacik im Artikel "Btrfs: The Swiss Army Knife of Storage", der zur Februar-Ausgabe des Usenix-Magazin ";login:" gehört. Der Btrfs-Entwickler erwähnt dabei auch einige Nachteile des experimentellen Dateisystems – etwa hohe Latenzen bei Direct I/O, durch die Btrfs bei den Arbeitsweisen von Unternehmens-Datenbanken häufig langsamer arbeite als XFS oder Ext4.
  • Kernel-Hacker Matthew Garret versucht mit dem Blog-Eintrag "Some things you may have heard about Secure Boot which aren't entirely true" einigen Mythen entgegenzuwirken, die sich seiner Ansicht nach um das Schlagzeilen machende Secure Boot ranken.
  • Mdadm- und MD-Betreuer Neil Brown und Isolinux-Entwickler H. Peter Anvin haben in einer Diskussion klargestellt, dass die Metadaten-Formate 1.0 und 1.2 des Software-RAID-Codes von Linux am besten mit Boot-Loadern harmonieren; 1.2 erfordere spezielle Unterstützung durch den Boot-Loader, unterstütze aber Funktionen wie Größenänderungen.
  • Jim Gettys verweist in seinem Blog auf einige Videos, welche die die Problematik von "Bufferbloat" illustrieren. Dies Schlagwort steht für einige Probleme, die durch zu exzessives Puffern von Daten in Netzwerk-Hardware entstehen. Gettys und einige andere warnen seit einigen Monaten vor Bufferbloat; für Linux 3.3 aufgenommene Änderungen können das Problem mindern.
  • Josh Boyer, einer der Betreuer des Kernel-Pakets in Fedora, hat im Rahmen einer Diskussion erläutert, warum er und seine Kollegen selbst eine neue Major Version des Kernels als reguläres Update für Distributionen herausgeben, die mit älteren Kernel-Versionen veröffentlicht wurden. Die meisten anderen Mainstream-Distributionen wagen keine solche Sprünge in der Kernelversion.

Kernel-Umland ("Plumbing layer"), Userland-Treiber, Entwicklertools, ...

  • Karel Zak hat die zweite Vorabversion der Werkzeugsammlung util-linux 2.21 veröffentlicht. Neben den bereits in einem früheren Kernel-Log erwähnten Verbesserungen enthält sie eine neu geschriebene Version des Programms login, das nur noch Pam-Authentifizierung unterstützt und einige der Funktionen lernt, die bislang Suse-spezifisch waren; Zak erläutert Details in einem Blog-Eintrag. In einem anderen Eintrag stellt er das ebenfalls für 2.21 vorgesehen Programm prlimit vor, mit dem sich die Ressourcen limitieren lassen, die ein Prozess nutzen darf.
  • Die Entwickler des Projekts Hplip (Hewlett-Packard's Linux Imaging and Printing Software) haben die Version 3.12.2 ihres Treiberframeworks veröffentlicht, das über zweitausend Drucker und Multifunktionsgeräte von HP anspricht. Zu den Neuerungen zählen laut den Release Notes Unterstützung für einige HP LaserJet Pro der Serien 300 und 400.
  • Zur Erkennung der verwendeten Distribution bringt Systemd in Zukunft eine Datei /etc/os-release mit, die die distributionsspezifischen Dateien in /etc (redhat-release, SuSE-release, debian_version etc.) ersetzen soll. Lennart Poettering erläutert die Hintergründe für diesen Schritt in einem Blog-Eintrag.
  • Lucas De Marchi hat die Version 5 von kmod freigegeben, das in den Entwicklerzweigen einiger Distributionen bereits die Module-Init-Tools ersetzt hat.
  • Junio C Hamano hat Git 1.7.9.1 veröffentlicht.
  • Die KVM-Entwickler erklären in einem Blog-Eintrag, wie man beim Einsatz des paravirtualisierten Netzwerk-Treibers virtio-net die Performance steigern kann, indem man den Treiber zusammen mit vhost-net verwendet.
  • Die Entwickler von Libvirt haben die Version 0.9.10 ihrer Bibliothek veröffentlicht, die zwischen verschiedenen Virtualisierungstechniken und Management-Tools vermittelt.
  • Alasdair G Kergon hat eine neue Version von LVM2 vorgestellt, mit der sich die bei Linux 3.2 eingezogene Unterstützung für Thin Provisioning nutzen lässt.
  • Die Ende Januar freigegebene Version 2.4.12 der Libgphoto bringt Unterstützung für weitere Kameras; darunter die CoolPix-Modelle P7000, P7100, P500, L120, L23, S5100 und S3100 von Nikon und die Canon-PowerShot-Varianten A2000IS und A3100IS.
  • Knapp ein Jahr nach der Version 1.0.24 hat das Alsa-Projekt Ende Januar die Version 1.0.25 seiner Audio-Treiber, -Bibliotheken und -Werkzeuge freigegeben. Das Wiki liefert eine Übersicht der Änderungen; die meisten Verbesserungen an den Audio-Treibern sind bereits im Laufe des letzten Jahres in den Linux-Kernel eingezogen.

LKML-Diskussionen

  • Vivek Goyal hat Patches zur Diskussion gestellt, durch die das Userspace-Programm resizepart dem Kernel mitteilen kann, wenn sich die Größe einer Partition geändert hat. Nach dem Vergrößern einer Partition mit fdisk, parted und Co. kann der Kernel so im laufenden Betrieb von den neuen Gegebenheiten erfahren und den zusätzlichen Platz nutzen.
  • Rakib Mullick hat einen Prozess-Scheduler vorgestellt, der nach dem "Barbershop Load Distribution Algorigthm" (BLD) arbeitet.
  • KVM-Betreuer Avi Kivity hat einige Überlegungen zu einer neuen, besseren Programmierschnittstelle für KVM zur Diskussion gestellt.
  • VMware arbeitet darauf hin, Treiber für das Virtual Machine Communication Interface (VMCI) und VMCI Sockets (vsock) in den Kernel einzubringen, damit der Linux-Kernel von Haus aus besser mit VMware-Produkten zusammenarbeitet.
  • Bereits Anfang des Monats gab es eine längere Debatte um ein vermeintliches Fehlverhalten der GCC 4.7 beim Übersetzen des Kernels. Linus Torvalds meldete sich dort mehrfach zu Wort und kritisierte die GCC-Entwickler; LWN.net liefert einige Hintergründe in dem Artikel "Betrayed by a bitfield".

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich in den vorangegangenen Kernel-Logs auf heise open und in c't. Neue Ausgaben des Kernel-Logs werden auf den Identi.ca- und Twitter-Konten "@kernellog" erwähnt; die englischen, bei den Kollegen von "The H" erscheinenden Übersetzungen auf den Identi.ca- und Twitter-Konten "@kernellog2". Gelegentlich zwitschert der Autor des Kernel-Logs unabhängig davon über einige Kernel-Log-Themen bei Identi.ca und Twitter als "@kernellogauthor". (thl). (thl)