Kernel-Log – Was 2.6.33 bringt (1): Netzwerk

Linux 2.6.33 kommt mit neuen und verbesserten Treibern für WLAN-Chips von Intel, Ralink und Realtek. Einige Treiber für alte WLAN-Hardware ziehen in den Staging-Bereich um und fliegen vermutlich bald raus. Neu dabei sind auch einige Treiber für LAN-Chips und einige Verbesserungen für den Netzwerk-Stack.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 9 Kommentare lesen
Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis
Inhaltsverzeichnis

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat Linus Torvalds mit Linux 2.6.33-rc3 die dritte Vorabversion der Anfang März erwarteten Linux-Version 2.6.33 veröffentlicht. Sie bringt etwas weniger Änderungen als an diesem Zeitpunkt des Entwicklungszyklus üblich – offensichtlich haben es auch einige Kernel-Hacker über die Feiertage etwas ruhiger angehen lassen.

Alle wesentlichen Neuerungen für die nächste Version des Hauptentwicklungslinie von Linux hatten Torvalds und die ihm zuarbeitenden Programmierer aber ohnehin bereits in der ersten, "Merge Window" genannten Phase des Entwicklungszyklus eingepflegt, daher kann das Kernel-Log bereits jetzt einen umfassenden Überblick über die größten Neuerungen von Linux 2.6.33 geben.

Um nicht in der Fülle an Neuerungen zu ersticken, liefern wir den Überblick wie üblich in einer mehrteiligen Artikel-Serie, die sich den verschiedenen Funktionsbereichen des Kernels widmet. Den Anfang der Serie "Was 2.6.33 bringt" machen die Änderungen rund um die Netzwerkunterstützung des Kernels. In den kommenden Wochen bis zum Erscheinen von Linux-Kernel 2.6.33 werden Artikel zu Storage-Hardware, Dateisystemen, Grafik-Unterstützung, Architektur-Code, Treibern und einigen weiteren Funktionsbereichen des Linux-Kernels folgen.

Der Treiber iwlwifi spricht nun verschiedene, zuvor vom Treiber nicht unterstützte Intel-WLAN-Module der Serien 1000, 5000 und 6000 an (123) und bietet nun auch Unterstützung für die Wimax-Funktion der 6x50-Serie (12). Neu dabei ist der "Intel Wireless MultiCom 3200 top driver (iwmc3200top)" für einen neuen Intel-Funkchip, der GPS, Bluetooth, WLAN und WiMAX unterstützt. Die Stromsparfunktionen des Intel-WLAN-Treiber iwl3945 haben Entwickler aufgrund von Problemen vorerst deaktiviert.

Neu aufgenommen für Linux 2.6.33 haben die Kernel-Entwickler den an diesem Punkt des Entwicklungszyklus noch als "sehr experimentell" und "nur für Entwickler gedacht" eingestuften Treiber rt2800pci, der die bei neueren Net- und Notebooks häufiger zu findenden PCI-WLAN-Chips RT2760, RT2790, RT2860, RT2880, RT2890 und RT3052 von Ralink anspricht. Die ließen sich bislang nur mit einem Treiber des Herstellers nutzen, der sich seit einigen Monaten im Staging-Bereich des Kernel für nicht ausgereifte Treiber befindet. Da manche Distributionen Staging-Treiber aber nicht mit ausliefern und die Treiber aufgrund eines eigenen WLAN-Stack gelegentlich Schwierigkeiten mit Konfigurationstools wie dem NetworkManager machen, waren die Treiber von Ralink zwar besser als nichts, aber auch keine wirklich ordentliche Lösung – das dürfte das allerdings zunächst auch für rt2800pci gelten.

Der neue Treiber stammt maßgeblich aus der Feder der Entwickler des Projekts rt2x00, das sich auch um andere Treiber für Chips von Ralink kümmert. Auch einige andere Treiber des Projekts wurden für 2.6.33 verbessert und sprechen nun mehr USB-WLAN-Hardware an als zuvor – Details finden sich über die Links im Abschnitt "Die kleinen Perlen" am Ende des Artikels. Die neue Unterstützung für den Ralink-WLAN-Chip RT3070 im Treiber rt2800usb gilt allerdings ebenfalls als "noch nicht recht funktionstüchtig" – die Entwickler haben aber bereits einige möglicherweise noch in 2.6.33 einfließenden Patches für die beiden rt2800-Treiber vorbereitet, um die Treiber in einen "brauchbaren Zustand" zu versetzen.

In den Staging-Bereich pflegten die Kernel-Hacker den Treiber rtl8192u für die gleichnamigen Chips von Realtek ein. Zudem sind die WLAN-Treiber arlan, netwave, strip und wavelan in den Bereich für minderwertige Treiber umgezogen, da sie nicht auf den MAC80211-WLAN-Stack des Linux-Kernels aufsetzen und laut den Kernel-Entwicklern vermutlich kaum mehr genutzt werden – deshalb sind sie nach derzeitiger Einschätzung den Portierungsaufwand auf den neuen WLAN-Stack nicht wert. Wenn sich niemand der Treiber annimmt, sollen sie bei Linux 2.6.35 rausfliegen.

Einige weitere Änderungen im Netzwerksubsystem:

  • Der Treiber sfc unterstützt nun die zur SFC9000-Reihe von gehörenden 10-Gigabit-Ethernet-Controller SFL9021 'Siena' und SFC9020 'Bethpage' von Solarflare (12).
  • Neu dabei ist der LAN-Treiber octeon_mgmt für die Octeon-Chips CN57XX, CN56XX, CN55XX, CN54XX, CN52XX und CN6XXX von Cavium Networks.
  • Der Treiber bnx2x spricht jetzt auch die Broadcom-Chips BCM8481/BCM84823 und BCM84823 an (12) und bietet zusammen mit dem Treiber cnic erweiterte iSCSI-Unterstützung (123).
  • Über den neuen Socket-Syscall recvmmsg lassen sich mehrere Messages mit in einem Rutsch annehmen, was den Verwaltungsaufwand bei der Verarbeitung reduzieren soll (siehe auch Kurzbeschreibung bei LWN.net).
  • Die neuen TCP Cookie Transactions sollen eine schnellere, sichere und robustere Initialisierung von TCP-Verbindungen ermöglichen (1234567).
Git-Pull-Request über 1800 Änderungen Commits 1 2

Viele weiteren nicht ganz so wichtige, aber keineswegs unbedeutende Neuerungen finden sich in der folgenden Liste mit den englischen Commit-Überschriften der jeweiligen Änderung. Die Einträge verlinken genau wie viele der Verweise im vorangegangenen Text auf das Webfrontend des von Linus Torvalds gepflegten Git-Zweigs mit den Kernel-Quellen auf Kernel.org. Im Webfrontend liefern normalerweise der Commit-Kommentar und der Patch selbst zahlreiche weitere Informationen zur jeweiligen Änderungen.

LAN

WLAN

Various others network drivers, network stack

Weitere Hintergründe und Informationen rund um die Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich in den vorangegangenen Ausgaben des Kernel-Log. (thl) (thl)