Kommt der Gen-Wein?

Forschern in Italien und Frankreich ist es gelungen, das Genom der Weinrebe zu sequenzieren. Es beherbergt interessante Erkenntnisse.

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Von
  • Michael Gibson

Eine Gruppe italienisch-französischer Wissenschaftler arbeitet derzeit an der Gen-Sequenzierung der Edlen Weinrebe (Vitis vinifera). Ein qualitativ hochwertiger Entwurf des Genoms liegt bereits vor.

Die Daten sollen der Öffentlichkeit vorgelegt werden, um das Auffinden von Genbereichen zu beschleunigen, die etwa mit Resistenzen gegenüber Pflanzenkrankheiten in Verbindung stehen. "Die Forschung hat nun die Werkzeuge an der Hand, um wichtige Gene innerhalb der Weinrebe zu identifizierten", sagt Jean Weissenbach, teilnehmender Genetiker vom französischen Genoscope-Zentrum. Auch gehe es bei dem Projekt darum, die Unterschiede zwischen verschiedenen Weinsorten besser zu verstehen.

Die bisher veröffentlichte Analyse der Sequenz zeigt, dass die Gene, die für die Verstoffwechselung von Tanninen und Terpenen zuständig sind, durch Zucht in den letzten Tausend Jahren selektiv verstärkt wurden. Beide Stoffe tragen zu Grundaroma, Textur und Geschmack des Weines bei. "Die Menschheit hat die Varianten herausgesucht, die aus ihrer Sicht am interessantesten waren. Dadurch tauchen mehr dieser Bereiche in späteren Generationen auf", erläutert Weissenbach.

Die Forscher fanden außerdem heraus, dass die Zahl der Gene, die für die Produktion von Resveratrol zuständig sind, mit der historischen Weinzucht erhöht wurde. Resveratrol ist ein Stoff, der bei Mäusen und anderen Organismen lebensverlängernd wirken kann.

Die in der Gen-Sequenz enthaltenen Informationen leiten auch erstmals die praktische Möglichkeit ein, Weine gentechnisch zu verändern. Reben werden schnell Opfer von Pflanzenkrankheiten und Pilzen. Einige Sorten widerstehen diesen aber auch. Sind die dafür zuständigen Gene einmal entdeckt, ließen sich krankheitsresistente Weinsorten sequenzieren und dann mittels Zucht oder Gentransfer entsprechende Gene in anfällige Sorten einbringen.

"Ich halte die nun veröffentlichte Gen-Sequenz der Weinrebe für extrem nützlich", sagt Peggy Lemaux, Mikrobiologin an der University of California in Berkeley, die an ähnlichen Forschungen arbeitet, mit denen Gräser und Kornfrüchte genetisch optimiert werden sollen. Sie glaube allerdings, dass es noch eine Zeit lang dauern werde, bis nicht nur die mit Pflanzenkrankheiten in Verbindung stehenden Gene, sondern auch die krankheitsauslösenden Organismen sequenziert sind, um herauszufinden, wo diese ansetzten.

Weinbauern müssen derzeit viel Chemie aufwenden, um etwa gegen Mehltau vorzugehen. Sollte sich eine resistente Rebe entwickeln lassen, deren Qualität darunter nicht leidet, gäbe es hierfür durchaus einen Markt, meinen Experten.

"Wir wenden ziemlich viel Geld und Zeit auf, den Mehltau in unserem Weinberg zu bekämpfen. Wir haben einen Spray-Kalender", erläutert Stephen Reustle, Besitzer und Winzer der Reustle Prayer Rock Vineyards im US-Bundesstaat Oregon, wo Pinot Noir hergestellt wird. "Grundsätzlich wäre eine resistente Pinot Noir-Rebe ein reeller wirtschaftlicher Vorteil."

Doch die Skepsis gegenüber genetisch veränderten Organismen bleibt selbst im traditionell Gentech-freundlichen Amerika. 2005 gab es in einem Bezirk in Kalifornien eine Abstimmung über ein Verbot entsprechender Ackerbausorten. Dies wurde zwar abgelehnt, doch weitere kalifornische Regionen haben immerhin Einschränkungen erlassen. In Deutschland ist man noch deutlich zögerlicher.

Steve Smit von US-Weinkonzern Constellation Wines glaubt, dass es noch lange dauern werde, bis es zum Einsatz von Gentech-Reben komme: "Es gibt auf beiden Seiten gute Argumente: Man muss keine Chemikalien einsetzen, aber gleichzeitig verändert man etwas, das womöglich woanders im Ökosystem wichtig sein könnte." (bsc)