Kräne der Zukunft: Forscher bauen Hals der Giraffe als Roboter nach

Der bionische Nachbau eines Giraffenhals vereint Kraft und hohe Flexibilität für die Entwicklung neuartiger Kräne.

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(Bild: © K. Suzumori et al., Titech)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Giraffen kämpfen in ihrem Alltag eher selten – doch wenn, dann durchaus beeindruckend. Wenn zwei Giraffenbullen um die Vorherrschaft streiten, setzen sie ihre kräftigen und flexiblen Hälse gekonnt ein.

Schwungvoll schleudern sie ihre bis zu zwei Meter langen Hälse und gut 30 Kilogramm schweren Köpfe gegeneinander, um ihre Stärke zu messen. Verletzungen sind dabei eher die Ausnahme. Diese Kombination aus Kraft, Flexibilität und Stabilität ahmten nun japanische Wissenschaftler mit einem langhalsigen Roboter nach. Dieser könnte als Prototyp für einen neuen Typus von stabilen und wendigen Kränen dienen.

Als Grundlage für ihren bionischen Giraffen-Nachbau studierten Koichi Suzumori und seine Kollegen vom Tokyo Institute of Technology den Aufbau eines natürlichen Giraffenhals. Rund um sieben, zueinander verdrehbare Halswirbelknochen schlängeln sich Sehnen und Muskeln, die dem bis zu 150 Kilogramm schweren Hals sowohl viel Kraft als auch Flexibilität verleihen. Dadurch können Giraffen der Wucht eines gegnerischen Schlags standhalten, ohne eine Verletzung zu riskieren. Für ihren nur wenige Kilogramm schweren Hals-Roboter kopierten die Bionik-Ingenieure weitestgehend die Anatomie des Giraffenhals.

Für das Gerüst des Roboters setzten die Forscher künstliche Wirbelknochen – aus Kunststoff mit einem 3D-Drucker gefertigt – zusammen. Mit Gummischeiben als Knorpelersatz verknüpften sie die Wirbelteile und stabilisierten diese mit Kunststofffasern anstelle natürlicher Sehnen. Der Nachbau der Muskeln stellte allerdings eine Herausforderung dar. Klassische Stellmotoren ließen sich nicht integrieren und künstliche Muskeln aus Nanofaser sind noch nicht einsatzreif. Die Lösung dieses Problems fanden Suzumori und Kollegen in pneumatischen künstlichen Muskeln, kurz PMA oder McKibben-Muskel genannt.

(Bild: © K. Suzumori et al., Titech)

Diese Muskeln bestehen aus einer länglichen Blase, deren Ausdehnung durch das Einfüllen und Ablassen mit Druckluft kontrolliert werden kann. Aufgeblasen dehnt sich die Blase aus und wird zugleich kürzer, ohne Luft wird sie wieder schlanker und länger. Diese künstliche Muskeln passten sie paarweise und jeweils separat gesteuert an die bionische Halsstruktur an. So konnte je nach Bewegungwunsch ein Muskelstrang gedehnt oder gestaucht werden.

Erste Bewegungsversuche zeigten, dass dieser Roboter-Hals flexibel beispielsweise um eine Tonne geschmiegt werden konnte. Die ausgeübten Kräfte lagen allerdings noch weit unter denen der natürlichen Vorbilder. Aber mit optimierten hydropneumatischen Muskeln wollen die Forscher in Zukunft deutlich kraftvollere Roboter-Hälse entwickeln. Mögliche Anwendungen sehen sie in Spezialkränen etwa bei Räumungsarbeiten in Katastrophengebieten oder auch für wendige und kräftige Rodungsroboter in der Holzwirtschaft.

(jle)