Maschinen lernen Beziehungen kennen

DeepMind, das Google-Projekt hinter der Go-Maschine AlphaGo, arbeitet an neuen Verfahren im Bereich der Künstlichen Intelligenz, die maschinelles Lernen cleverer machen sollen.

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Von
  • Will Knight

Selbstfahrende Autos oder nicht zu schlagende Go-Computer zeigen zwar, was heute im KI-Bereich alles möglich ist. Doch den erhofften durchschlagenden Fortschritt im Bereich der maschinellen Intelligenz scheinen sie noch nicht darzustellen. KI-Forscher bei der Google-Mutter Alphabet Inc. wollen das nun mit neuen Verfahren ändern.

Die Wissenschaftlergruppe hinter dem Projekt DeepMind, die auch das Go-System AlphaGo entwickelt hat, arbeitet an einem Ansatz, der die Bemühungen, Maschinen (fast) so schlau wie Menschen zu machen, entscheidend weiterbringen könnte. In zwei neuen Studien beschreiben die Forscher ihre Bemühungen, Rechnern ein Verständnis für das sogenannte Relational Reasoning zu geben, eine kognitive Fähigkeit, die zu den Grundlagen der menschlichen Intelligenz zählt.

Einfach gesagt bedeutet Relational Reasoning das Können, verschiedene geistige Repräsentationen in Beziehung zueinander zu setzen, seien es nun Objekte, Worte oder Ideen. Diese Form des logischen Denkens ist für die menschliche kognitive Entwicklung ebenso bedeutsam wie für nahezu jede Lösung geistiger Problemstellungen.

Heutzutage verhalten sich die meisten existierenden Systeme im Bereich des maschinellen Lernens eher dumm: Eine Bilderkennungssoftware weiß zwar, dass ein Hund und eine Katze in einem Foto zu sehen sind, kann daraus nicht ableiten, dass der Hund die Katze jagt.

Die zwei neuen Verfahren von DeepMind lösen dies, indem sie existierende Methoden des maschinellen Lernens modifizieren. Sie können dann physische Beziehungen zwischen statischen Objekten ebenso erfassen wie das Verhalten sich bewegender Objekte über einen bestimmten Zeitraum.

Die erste Fähigkeit demonstrierte das DeepMind-Team anhand von CLEVR, einem Datensatz aus einfachen Objekten. Nach dem Trainingsvorgang fragten die Forscher das System, welches der Objekte vor einem anderen lag oder welches Objekt das jeweils naheliegendste war. Die Ergebnisse fielen dramatisch besser aus als bei Vergleichssystemen – manchmal wurde sogar die menschliche Leistungsfähigkeit übertroffen.

In ihrem zweiten Versuch zeigten die Forscher ein ähnlich verändertes System für das maschinelle Lernen, das das Verhalten einfacher Objekte in zwei Dimensionen vorhersehen kann. Der Mensch macht so etwas tagtäglich in drei Dimensionen, wenn er etwa einen Ball fängt oder ein Auto fährt. Psychologische Experimente zeigen, dass der Mensch eine Art "intuitive physics engine", ähnlich der Algorithmen in einem Computerspiel, zu besitzen scheint, mit der das Gehirn die Auswirkungen des Verhaltens eines Objekts vorhersagt. Das ist deutlich mächtiger und ausgefuchster als das simple Erkennen von Gegenständen in einer Szene.

Auch wenn die neuen DeepMind-Ergebnisse auf den ersten Blick nicht nach einem gigantischen Durchbruch aussehen – sie sind wichtige Fortschritte im Bereich der praktischen KI-Forschung. So eindrucksvoll heutige Systeme bereits sind, die meisten von ihnen nutzen maschinelles Lernen, um erstaunlich beschränkte Probleme zu lösen. Ohne neue Ideen bleiben KI-Systeme unfähig, echte Dialoge zu führen oder schwere Aufgaben selbst anzugehen.

Sam Gershman, Professor für Psychologie an der Harvard University, der Intelligenz erforscht, glaubt, dass es notwendig ist, dass Computer das menschliche Verhalten stärker nachahmen, damit KI-Systeme unserer eigenen Intelligenz zu ähneln beginnen.

"Unsere Gehirne repräsentieren die Welt in Form von Objekten, sogenannten Agenten und Ereignissen", sagt er. Das wiederum schränke unsere Ableitungsfähigkeit zum Teil stark ein, was es schwerer mache, bestimmte Dinge zu erlernen und andere Lernprozesse wiederum erleichtere. "In diesem Sinne ist diese Forschung ein Schritt in die richtige Richtung: Beschränkungen wie die beim Menschen einzubauen, hilft Maschinen, Aufgaben zu beherrschen, die für den Menschen natürlich sind."

(bsc)