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Mazda lässt sich Wankel-Hybridantrieb schützen

Florian Pillau
Mazda lässt sich Wankel-Hybridantrieb schützen

Wankel oder nicht? Schemazeichnung der Komponenten eines Hybridantriebs von Mazda.

(Bild: Mazda)

Mazda hat ein – für eine alteingesessene, noch dazu japanische Firma – auf den ersten Blick wildes Patent eingereicht. Der Antrieb für den kommenden Mazda RX-9?

Wer Mazda kennt, kann sich ausrechnen, dass es sich nicht um Hirngespinste handeln dürfte, wenn die Firma einen Antrieb mit Wankelmotor, elektrischen Radnabenmotoren, Lithium-Batterie und Supercapacitors schützen lässt: So könnte ein Sportwagen-Hybridantrieb mit Torque Vectoring aussehen.

Es könnte sich – zumindest in Teilen – um den Antrieb eines kommenden Mazda RX-9-Coupé handeln. Offenbar ist Mazda daran gelegen, den traditionell in seinen RX-Sportwagen gepflegten Kreiskolbenmotor auch weiterhin anbieten zu können. Ohne Hybridisierung ist das bei diesem bekanntermaßen vergleichsweise besonders ineffizienten Verbrennungsantrieb kaum denkbar.

Mazda lässt sich Wankelhybridantrieb schützen (0 Bilder) [1]

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Die Einreichung vom neunten April [3], umgehend entdeckt und schon am 13. April beschrieben vom rührigen japanischen Mazda-Blog T's Media [4], zeigen ein Fahrgestell mit Antrieb in Längsbauweise mit angetriebenen Hinterrädern, vorn mit einer Doppelquerlenker-Radaufhängung. So baut man heute fast nur noch Sportwagen. Sehr ungewöhnlich sind allerdings die vorderen Radnabenmotoren und die Option auf einen Wankelmotor (ja, die Patentschrift erwähnt ausdrücklich auch Sechszylinder „in V-Anordnung” sowie ein Vierzylinder-Reihenmotor „in Schräganordnung”).

Die Hauptantriebsmotoren, der vordere ein Verbrenner, dann eine E-Maschine anstelle eines Schwungrads, geben ihre Kraft auf eine Kardanwelle ab, die zu einem Getriebe in Transaxle-Anordnung führt. Auch das passt zu einem Sportwagen-Layout, dort soll das Getriebe im Heck die Gewichtsverteilung verbessern helfen.

Nabenmotoren galten bisher – zumal in einem Sportwagen – wegen der Erhöhung der ungefederten Massen als nicht realistisch. Zu groß sind die Abstriche bei der Bodenhaftung durch die Vergröberung des Abtastverhaltens. Mazdas Patent geht jedoch explizit auf diesen Punkt ein:

Die Motoren sind extrem klein und sollen durch Hochvolttechnik mit dünneren und damit leichteren Wicklungen auskommen. Ein Trend, der bereits mit der Umstellung der Fahrzeugelektrik von 6 auf 12 Volt in den 50ern begonnen und seit der Schnelladetechnik für E-Autos der letzten Jahre mit bis zu 800 Volt (bei Porsche) [5] so richtig an Fahrt aufgenommen hat. Im Patent ist von einer gar nicht mal überraschend hohen Spannungslage von 120 Volt die Rede.

Möglicherweise will Mazda sie vor allem zum Torque Vectoring [6] nutzen. Das bedeutet normalerweise einen Einsatz für Sekundenbruchteile, höchstens Sekunden, bei dem man die Motoren stark überbelasten kann, ohne sie zu überhitzen. Das ist allerdings unsere Spekulation, in den eingereichten Unterlagen schreibt Mazda davon nichts. Die Stromversorgung der Nabenantriebe sollen Supercapacitors, also besonders leistungsfähige Doppelschichtkondensatoren, sicherstellen. Eine eigene Leistungselektrik ermöglicht, dass diese Motoren auch zur Rekuperation – gleichzeitig oder abwechselnd in die Kondensatoren und den Akku – herangezogen werden können.

Im Patent heißt es: "In der vorliegenden Ausführungsform wird der Hilfsantriebsmotor mit (...) 120 V betrieben und ist für eine Leistung von ungefähr 17 kW (...) bei einer Fahrzeuggeschwindigkeit von rund 130 km/h konfiguriert. Das heißt, (...) der Hilfsantriebsmotor erreicht sein maximales Drehmoment von rund 200 Nm bei ca. 600 bis 800/min." Weiter geht kurz danach aus der Patentanmeldung hervor, dass die Leistungscharakteristik der elektrischen Komponenten genau auf die Anforderungen des Emissionenmessverfahrens WLTP hin abgestimmt ist.

Doppelschichtkondensatoren sind in mild hybridisierten Mazda-Modellen längst Serie [7] und helfen dem Verbrenner im richtigen Moment auf die Sprünge. Ihre Vorteile sind die besseren Lade- / Entladeeigenschaften durch einen minimalen Innenwiderstand, geringes Gewicht, ein niedriger Preis und eine ausgezeichnete Zyklenfestigkeit. Dafür bieten sie eine nur sehr eingeschränkte Kapazität.

Der Permanentmagnet-Synchron-Elektromotor boostet und rekuperiert lediglich mit maximal 25 kW und ist dazu mit einem 48-Volt-Lithium-Ionen-Akku von nur 3,5 kWh gekoppelt. Im Patent ist von einem Drehmoment von „200 Nm bis 1000/min, danach abnehmend” die Rede.

Angesichts der bescheidenen Leistungsdaten und der schon im Patent beschriebenen Abstimmung auf die Forderungen des WLTP scheinen die Ingenieure mit ganz realistischen Annahmen zu rechnen. Zudem wirken die Dimensionen des Antriebsstrangs nicht wie aus einem Science Fiction, sondern sind ganz offensichtlich sehr genau zugeschnitten auf die Verbesserung von Performance und Fahrfreude eines Sportwagens.

Was noch nicht so sicher scheint, sind die Chancen auf einen Kreiskolbenmotor. Denn ausgerechnet im Bereich der traditionellen Verbrennungstechnik lässt sich Mazda die Optionen weit offen. Das muss nicht schlecht sein, denn Mazda hat abgesehen von seinem spektakulären Liebhaber-Antrieb ja auch einen Hubkolbenantrieb mit dem derzeit wohl fortschrittlichsten Brennverfahren – als Benzinselbstzünder [8] – am Start.

(fpi [9])


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[3] https://ipforce.jp/patent-jp-A-2020-55416
[4] https://super.asurada.com/cars/mazda/2020/59830/
[5] https://www.heise.de/tests/Elektroauto-Porsche-Taycan-Turbo-im-Test-Ohne-Ladehemmung-4692474.html
[6] https://www.heise.de/hintergrund/Vorstellung-Audi-e-tron-S-Der-Kraftverteiler-4666017.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/Schlussbilanz-15-000-Kilometer-im-Mazda-6-2071441.html
[8] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-Mazda-3-Skyactiv-X-2-0-M-Hybrid-4566159.html
[9] mailto:fpi@heise.de