"Mehr Chancen, mehr Ungleichheit"

Der Informatiker Peter Norvig leitet seit 2006 die Forschungsabteilung beim Suchmaschinen-Konzern Google. Seine Befürchtung: Die globale Struktur des Internets begünstigt derzeit nur einige wenige Großunternehmen.

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Von
  • Peter Norvig

Der Informatiker Peter Norvig leitet seit 2006 die Forschungsabteilung beim Suchmaschinen-Konzern Google.

Die wichtigste Innovation in der Geschichte des Internets war die Einführung von TCP/IP. Das war 1974. Dieses Protokoll macht das Internet zu einem System, das ohne zentrale Kontrolle auskommt. In vielen anderen Netzwerken ist so eine zentrale Kontrolle notwendig, um Verbindungen zwischen Netzteilnehmern aufzubauen. Nicht so im Internet. Dort kann jeder Dienste oder Inhalte bereitstellen.

Was war der wichtigste technische Durchbruch im Internet in den letzten zehn Jahren? Die unglaubliche Expansion des Internets, besonders des World Wide Web, die bewiesen hat, dass dieses Prinzip der verteilten Kontrolle wirklich funktioniert.

Wie groß war dieses Wachstum? Heute werden im Internet zwei Exabytes Daten pro Tag übertragen. Ein Exabyte entspricht dem Hunderttausendfachen aller Bücher in der Library of Congress. Das ist 60-mal mehr als vor zehn Jahren. Die Zahl der Internetnutzer hat sich auf 2,5 Milliarden vervierfacht. Wenn man also dieses Datenvolumen gleichmäßig auf alle Nutzer aufteilen würde, hieße das, jeder würde pro Tag ein Gigabyte Daten übertragen. Das entspricht tausend Büchern oder etwa 500 Fotos.

Was bedeutet das jenseits der nackten Zahlen? Wir haben unsere Gesellschaft radikal gewandelt. Information war Mangelware, jetzt ist sie im Überfluss vorhanden. Stattdessen ist Aufmerksamkeit zur Mangelware geworden. Wir haben zu wenig Zeit, um zu entscheiden, welche Informationen wir wirklich aufnehmen wollen, und es mangelt uns an Weisheit, um zu entscheiden, was aus diesen Informationen folgt. Auf der anderen Seite sehen wir, dass lernende Algorithmen diese riesigen Ansammlungen von Daten so auswerten können, dass ein nahezu menschlicher Grad an Verständnis auf den verschiedensten Feldern möglich ist: sei es bei der Übersetzung verschiedener Sprachen oder dem Erkennen von Gesichtern und Objekten in Bildern und Videos.

(wst)