Mehr Licht, weniger Wärme

Die US-Firma Soladigm entwickelt kostengünstige elektrochrome Fenster, in denen sich die Durchlässigkeit für sichtbares Licht und Infrarotstrahlung getrennt einstellen lässt.

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Von
  • Ucilia Wang

Die US-Firma Soladigm entwickelt kostengünstige elektrochrome Fenster, in denen sich die Durchlässigkeit für sichtbares Licht und Infrarotstrahlung getrennt einstellen lässt.

Fenster sind die energetischen Lecks von Gebäuden. Auf thermografischen Aufnahmen leuchten sie rot auf, weil sie Wärme entweichen lassen. Umgekehrt heizt im Sommer das Sonnenlicht, das durch sie eindringt, Häuser auf. So genannte elektrochrome Fenster können dieses Leck stopfen, indem ihre Durchlässigkeit für Infrarotstrahlung elektrisch verändert wird. Bislang kosten solche „intelligenten“ Glasscheiben allerdings knapp zehn Dollar pro Quadratmeter. Die US-Firma Soladigm will der Technologie nun mit einem billigeren Herstellungsverfahren und besseren Materialien zum Durchbruch verhelfen. Auch wenn Soladigm selbst noch keine konkreten Zahlen genannt hat, schätzen Experten, dass die Kosten dank des neuen Verfahrens auf ein Fünftel fallen könnten.

Das in Milpitas in Kalifornien ansässige Unternehmen dampft auf einer Glasscheibe ein Sandwich aus fünf dünnen Schichten auf. Die außeren Schichten bestehen aus einem transparenten, elektrisch leitfähigen Film aus Eisenoxid. Dazwischen liegen eine Ionen speichernde Schicht, eine Elektrolytschicht und die eigentliche elektrochrome Schicht. Eine zweite Glasscheibe schließt das Material-Sandwich ein und schützt es vor der Witterung.

Legt man nun eine niedrige Spannung an die Eisenoxid-Schichten an, lösen sich Ionen aus der Speicherschicht und wandern durch die Elektrolytschicht in die elektrochrome Schicht. Deren Material ändert im Zusammenspiel mit den Ionen seine Eigenschaften: Je nach verwendetem Stoff reflektiert oder absorbiert es einfallendes Licht stärker als vorher. Bei diesem Vorgang verdunkelt sich das Glas leicht. Kehrt man die Spannungsrichtung um, bewegen sich die Ionen wieder zurück in die Speicherschicht – das Fenster hellt sich wieder auf.

„Wir haben die Scheiben in fünf Städten getestet“, sagt Rao Mulpuri, CEO von Soladigm. „Durchschnittlich ließ sich damit ein Viertel der Energie für das Heizen, Kühlen und Durchlüften einsparen.“

Dass die Herstellungskosten so viel niedriger als bisher seien, verdanke man geeigneten Werkstoffen und neuester Fertigungstechnik, sagt Mulpuri. Die Geräte für die Ablagerung von Dünnschichten seien dieselben, mit denen auch Flachbildschirme und Dünnschicht-Solarzellen hergestellt würden. Sie seien deutlich effizienter als vor einigen Jahrzehnten, als das Konzept der elektrochromen Fenster erstmals entwickelt wurde.

Die elektrochrome Schicht in den ersten Fenster-Prototypen basiert auf Wolframoxid. Das Material nutze sich in Zyklen aus ionenreichen und ionenarmen Phasen nicht so schnell ab, erläutert Delia Milliron, die am Lawrence Berkeley National Lab (LBNL) ebenfalls an der Technologie forscht. Der Nachteil sei aber, dass sich Wolframoxid so stark aufheizen könne, dass man die Fensterscheibe besser nicht mehr berühre. Zudem blockiere es Infrarotstrahlung nicht besonders effizient, so dass immer noch genug Wärme durch die Fensterscheibe gelange.

Um diese Probleme zu beseitigen, hat Soladigm zwei Materialien des LBNL als Alternative zum Wolframoxid lizenziert, auf die Tom Richardson vom Advanced Energy Technologies Department des LBNL gestoßen ist. In einer Variante enthält die elektrochrome Schicht Magnesium, das mit Wasserstoffionen reagiert und daraufhin Licht reflektiert. Das andere Material ist eine Legierung aus Antimon mit Kupfer oder Gold, die mit Lithiumionen reagiert. Der Vorteil der Reflexion ist nicht nur, dass sich die Scheiben nicht mehr aufheizen. Man könne dank der beiden neuen Stoffe auch genau einstellen, wieviel sichtbares Licht und wieviel Infrarotstrahlung blockiert werde, sagt Richardson.

„Sie können die Durchlässigkeit von sichtbarem Licht und kurzwelligem Infrarot unabhängig voneinander steuern“, betont der LBNL-Forscher. Das ist vor allem im Winter ideal, wenn man möglichst viel vom spärlichen Sonnenlicht in Gebäude hereinlassen, aber Infrarotstrahlung nicht herauslassen möchte. Die beiden neuen elektrochromen Verbindungen könnten die Wärme in Räumen halten und so Heizenergie sparen helfen.

Die Möglichkeit, die Durchlässigkeit Wellenlängen-abhängig zu justieren, ist denn auch der Vorteil gegenüber so genannten "Low-E"-Fenstern aus Wärmeschutzglas, dessen Fertigungskosten nur knapp einen Dollar pro Quadratmeter betragen. Sie sind mit einem Metallfilm beschichtet und reflektieren Infrarot in den Raum zurück, während sie sichtbares und energiereiches ultraviolettes Licht hindurchlassen.

Ob sich elektrochrome Fenster durchsetzen werden, ist aber noch ungewiss. „Wenn Sie eine ganze Fassade damit ausstatten, müssen Sie jedes Fenster mit Strom versorgen“, sagt Aaron Smith vom Lighting Research Center am Rensselaer Polytechnik Institute. Das könne die Gesamtkosten für die Fenster wieder hochtreiben. „Und sie nachträglich in ältere Gebäude einzubauen, könnte recht aufwändig werden.“ (nbo)