Microsoft Software Strategy Summit am 24. April 2009 in Köln

Auf dem Software Strategy Summit kamen 1000 Teilnehmer zusammen, um zu hören, welche Produkte Microsoft als strategisch ansieht. Als Zugpferd der Veranstaltung diente Microsoft CEO Steve Ballmer.

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  • Dr. Holger Schwichtenberg
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Ein wesentlicher Pfeiler des Microsoft-Erfolgs sind die Softwareschmieden und Systemintegratoren, die Microsofts Plattformsoftware zu (Branchen-)Lösungen verbinden. Auf dem Software Strategy Summit am 24. April in Köln kamen fast 1000 Teilnehmer zusammen, um zu hören, welche Produkte Microsoft als strategisch ansieht. Als Zugpferd diente Microsoft CEO Steve Ballmer.

Das Programm des Software Strategy Summit bot in knappen, halbstündigen Vorträgen einen Streifzug durch die zentralen Produktgruppen, die Microsoft zu bieten hat: Betriebssystem, Datenbank, Dokumentenmanagement, Geschäftsprozessanwendungen und Office. Es gab eine vielfältige Mischung aus (seit längerem) verfügbaren Produkten wie SharePoint 2007, Office 2007 und SQL Server 2008 sowie kommenden wie Windows 7 und dem von Microsoft zum "Cloud-Betriebssystem" ernannten Hosting-Angebot "Windows Azure".

Cloud-Computing war für viele Teilnehmer das am wenigsten (be)greifbare Thema, zumal Microsoft noch keine konkreten Geschäftsmodelle vorgelegt hat. Auf Nachfrage hieß es beim Presse-Roundtable, dass Independent Software Vendors (ISVs) zukünftig ihren Kunden anbieten könnten, die von ihnen entwickelten Lösungen in den Rechenzentren von Microsoft zu betreiben, statt eigene Serversysteme zu installieren. Ob und wie die ISVs von einer solchen Vorgehensweise geschäftlich profitieren können, war bislang offen geblieben.

In viel näherer Zukunft liegt Windows 7, und entsprechend groß war das Interesse der Teilnehmer zu erfahren, welche neuen Funktionen Microsoft als strategisch betrachtet. Zum Einstieg gab Thorsten Stockmann, Windows-Client-Produktmanager bei Microsoft, eine interessante Sichtweise auf das aktuelle Betriebssystem: "Über Vista wurde viel diskutiert, es bekommt aber einen immer besseren Ruf."

Getreu dem aktuellen Microsoft-Slogan "Do more with less" versprach er bei Windows 7 mehr Geschwindigkeit, Reaktionszeit und Skalierbarkeit (bis 256 Prozessoren), wobei gleichzeitig Speicherbedarf, Zahl der Festplattenzugriffe und Energieverbrauch sinken sollen. Bei den neuen Funktionen hob er die völlig überarbeitete Taskbar, die Dokumentenbibliotheken, die Direct-Access-Technik als Alternative zum klassischen VPN (Virtual Private Network) sowie die Einbindung von VHD-Dateien (Virtual Hard Disk) als Laufwerke hervor. Der Sprecher verteidigt den Ribbon-Ansatz aus Office 2007, der nun auch Einzug in viele Windows-Anwendungen wie WordPad und Paint hält.

Stockmann versprach eine weitgehende Kompatibilität zu Vista-Anwendungen. Ausgenommen seien hier "Low-Level"-Applikationen aus den Bereichen Sicherheit, Firewall, Imaging und Audio/Video. "Hier arbeitet Microsoft aber eng mit den Anbietern zusammen." Den Windows 7 Release Candidate, der Anfang Mai erscheinen soll, gab es zur Enttäuschung einiger Teilnehmer jedoch nicht in der Konferenztasche.

Die Präsentation zu Microsoft Office stellte merkwürdigerweise ein Feature in den Mittelpunkt, das es schon lange gibt: Smarttags. Recht detailliert zeigte Plattformstrategiemanager Jens Häupel, wie Anwender mit Visual Studio Tools für Microsoft Office (VSTO) ein Smarttag in C# entwickeln, das auf Daten in SAP zugreift. Seine Botschaft am Ende: "Sie brauchen kein VBA (Visual Basic for Applications) mehr." VSTO-Lösungen seien schneller implementiert, man hat bekannte Sprachen und Werkzeuge, und das Deployment sei einfacher. Der Vortrag diente vor allem dazu, die ISVs auf Microsoft Office als Plattform für Lösungen ("Office Business Applications") einzuschwören.

Enttäuschend war der Vortrag zur Integration von SharePoint mit anderen Anwendungen, denn alle angekündigten Beispiele liefen nicht. Aber die Sprecher verkündeten den Partnern interessante Marktdaten. Microsoft habe weltweit 17.000 SharePoint-Kunden mit mehr als 100.000 Lizenzen und damit mehr als eine Milliarde Euro Umsatz eingefahren. Dadurch sei SharePoint das derzeit am schnellsten wachsende Produkt aus Redmond.

Eine Statistik zur Anzahl der Partner zeigt, dass Microsoft vor allem in den Gebieten Portale, Zusammenarbeit und Business Intelligence stark vertreten ist. Zu den Bereichen Content Management und Suche, die SharePoint ebenfalls abdeckt, gibt es in Deutschland nur 17 beziehungsweise 21 Partner (weltweit jeweils rund 400). Wolfgang Brehm, Direktor Partner Strategy and Programms bei Microsoft Deutschland, rief die Partner dazu auf, sich in diesen Bereichen stärker zu engagieren.

Auf das Thema "Suche" ging Steve Ballmer ein, als Damir Tomicic stellvertretend für die anwesenden Partner Fragen an ihn richtete. Tomicic wollte wissen, wie Ballmer die Abgrenzung und den Wettbewerb zu Google sehe. Ballmer antwortete erst mal scherzhaft: "Fangen wir so an: Wer ist Google?" Nach die Erheiterung abgeklungen war, gab er zu, dass Google eine "sehr gute Suchmaschine sei" und Microsoft jeden Tag viel Geld dabei verliere, es mit Google aufzunehmen zu wollen. "Das betrifft nicht unsere Partner", beruhigte Ballmer die Anwesenden sogleich und spielte den Wettbewerb ansonsten herunter: "Google versucht viele Dinge, wir realisieren viele Dinge."

Microsoft CEO Steve Ballmer auf der Microsoft-Veranstaltung

(Bild: Microsoft)

In Ballmers Rede zuvor gab es den obligatorischen Dank an die ISVs für ihre Arbeit, aber auch Warnungen vor den Auswirkungen der aktuellen Krise: "Die IT-Budgets sinken, und sie werden auch nach der Krise nicht den Stand wie zuvor erreichen." Umso mehr sei es Aufgabe der ISVs, den Kunden zu demonstrieren, dass man mit Microsoft-Software das Prinzip "Do more with less" umsetzen könne. Zum Krisenthema passte die Presseankündigung von Microsoft, durch Sonderkonditionen und eine Null-Prozent-Finanzierung mit Zahlungszielen bis zu 36 Monaten den Mittelstand zu unterstützen. Als Krisenunterstützung sieht Microsoft zudem seine neuen Hosting-Angebote für Exchange, SharePoint und Office Communication, deren Verfügbarkeit der Konzern unter dem Oberbegriff "Cloud Computing-Lösungen" zu Beginn des Summit bekannt gab. Die Online-Angebote kosten alle weniger als 10 Euro pro Monat pro Benutzer.

Ballmer flog in wenigen Sätzen durch die aktuellen Produktreihen und Produkte der kommenden zwölf Monate. Hier nannte er unter anderem Windows 7, SharePoint 2010, Office 14, Windows Server und SQL Server jeweils in der Version "2008 R2" und Windows Mobile 6.5. Auch "Windows Azure" war auf dieser Folie zu lesen. Ballmer ging aber nicht explizit darauf ein, ob auch dafür die Jahresfrist gelte.

Mit Hinblick auf Azure fragte Tomicic provokant: "Wir wissen, dass Sie Softwareentwickler lieben, aber lieben Sie auch ISVs?" Ballmer gab zu, dass Microsoft sich mit Azure ein wenig mit dem überschneiden werde, was einige ISVs bisher getan haben. Die Grenze zwischen Plattform und Lösungen sei ein fließender Übergang. Microsoft bleibe aber im Wesen ein Plattformanbieter, sodass es genug Geschäftsmöglichkeiten für die Partner geben werde.

Überraschend nannte Ballmer den Teilnehmern seine E-Mail-Adresse und forderte auf, ihm in wichtigen Fragen und Kritikpunkten zu schreiben. Dies wiederum veranlasste Tomicic zu der Frage, wie er denn die ganzen E-Mails handhabe, die er nun bekommen werde. "Ich bekomme nur 70 bis 80 E-Mails pro Tag, nur wenig mehr nach einer solchen Veranstaltung", war Ballmers überraschende Aussage. Aus einem Auditorium dieser Größe erhalte er in der Regel nur zwei bis drei E-Mails, weil sich Teilnehmer sehr gut überlegten, wann sie ihm schrieben. Deren gebührende Beantwortung nehme er dann auch ernst.

Intern mache er Microsoft-Mitarbeiter höflich, aber deutlich darauf aufmerksam, wenn ihn der Inhalt einer E-Mail gar nicht interessiere. Das habe die Anzahl der bei ihm eingehenden Nachrichten drastisch reduziert. "Einige Manager bei uns erhalten 200 bis 300 E-Mails pro Tag, und einige von denen denken doch tatsächlich, das wäre ein Zeichen von Wichtigkeit!"

Der Strategy Summit war kein Feuerwerk von Neuankündigungen, wie man es sonst oft auf Microsoft-Veranstaltungen erlebt. Der Summit dient dazu, den anwesenden Partnern zu zeigen, wo Microsoft Schwerpunkte in der Vermarktung und Lösungsentwicklung sieht. Diese Anforderung hat der Summit erfüllt, wie auch einige Teilnehmer beim abendlichen Kölsch in einem Brauhaus am Dom betonten.

Dr. Holger Schwichtenberg
ist selbstständiger Technikberater, Softwarearchitekt, Dozent und Fachjournalist mit dem Schwerpunkt "Softwareentwicklung auf der Windows-Plattform".
(ane)