Mini-Mikrofone für persönliche Technik

Sprachsteuerung kann mobile Computer-Nutzung noch komfortabler machen, doch die dafür nötigen Mikrofone sind stromhungrig und anfällig. Ein Start-up will das mit einer grundlegend neuen Konstruktion ändern.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Elizabeth Woyke
Inhaltsverzeichnis

Die zunehmende Verbreitung von tragbaren, sprachgesteuerten Geräten wie dem Amazon-Lautsprecher Tap oder den intelligenten, drahtlosen Ohrstöpseln von Doppler Labs macht es möglich, zuhause und unterwegs mittels Sprachbefehlen Musik abzuspielen, das Web zu durchsuchen oder Anrufe anzunehmen. Das Problem dabei ist jedoch, dass diese Technik anfällig für Schmutz und Feuchtigkeit ist und nur einige Stunden Batterielaufzeit hat, so dass wir sie weniger benutzen, als es sonst vielleicht der Fall wäre.

Das Start-up Vesper aus Boston hat eine Lösung für dieses Problem entwickelt: winzige piezoelektrische Mikrofone, die Energie aus Schallwellen gewinnen und robuster und energieeffizienter sein sollen als konventionelle Mikrofone. Später in diesem Jahr sollen sie in die ersten Geräte integriert werden. Laut Vesper ließe sich Technik mit Sprachsteuerung dann auch draußen und bei schlechtem Wetter bedenkenlos einsetzen und würde mit einer einzigen Ladung tagelang funktionieren.

Um die Robustheit seiner Mikrofone zu demonstrieren, taucht Vesper sie in Bier und Limonade oder setzt sie heißem Dampf mit Speiseöl darin aus. Auch simulierte Staubstürme und Abstürze auf harte Oberflächen müssen sie überstehen. Die Mikrofone, ungefähr so große wie zwei nebeneinander liegende Sesamkörner, sind nicht unzerstörbar, aber sie sind wasser-, staub- und stoßfest. Selbst nach den Stresstests bleibt ihre Leistung fast unverändert, während die Signale bei konventionellen Mikrofonen deutlich schlechter werden.

Der Chip im Größenvergleich neben einer Bleistiftspitze.

(Bild: Vesper)

Konventionelle Mikrofone nehmen Geräusche über eine flexible Membran auf, die in der Nähe einer starren Rückwand vibriert. Die Membran muss ständig unter Spannung stehen, und die Lücke zwischen ihr und der Rückwand bedeutet, dass das Mikrofon anfällig für Beschädigungen durch Partikel oder Wasser ist (was mit Abdeckungen aus Geflechten und Gummi abgemildert werden kann).

Vesper dagegen verzichtet ganz auf Membran und Rückwand und nutzt stattdessen eine einzelne Schicht mit flexiblen Hebelarmen aus Aluminiumnitrid. Wenn eine Schallwelle auf ein solches Mikrofon trifft, beugt sie die Hebelarme ähnlich wie ein Schwimmer, der auf einem Sprungbrett federt. Dadurch entstehen elektrische Signale, die sich in Töne umsetzen lassen.

Diese Energie wird bei Vesper gleichzeitig genutzt, um das Mikrofon anzuschalten – und es, wenn keine akustischen Signale eintreffen, zu deaktivieren. Konventionelle Mikrofone dagegen lassen sich allein mit Tönen nicht aktivieren, wenn sie ausgeschaltet sind. "Konventionelle Mikrofone müssen immer angeschaltet sein und Stimmen mit digitaler Signalverarbeitung erkennen", sagt Bobby Littrel, Technik-Chef von Vesper. "Das verbraucht viel mehr Strom als unsere Methode, die einem System im Grunde sagt, dass es keinerlei Berechnungen vornehmen muss, wenn keine Audiosignale registriert werden."

Mit der Vesper-Technologie können auf Mikrofonen basierende Geräte mit Stromversorgung mittels Batterie über lange Zeiträume genutzt werden, ohne dass man sie manuell per Knopfdruck aufwecken muss, um zwischendurch Strom zu sparen. Vor kurzem hat das Start-up eine Finanzierung vom Amazon Alexa Fund bekommen. Angaben darüber, ob die Mikrofone künftig auch in Amazon-Geräten zu finden sein werden, wurden aber nicht gemacht.

Forscher und Unternehmen experimentieren schon seit den 1980er Jahren mit piezoelektrischen MEMS-Mikrofonen, taten sich aber bislang schwer damit, die richtigen Bauweisen und Materialien dafür zu finden. Vesper ist der erste Anbieter, der ein solches Mikrofon auf den Markt bringt.

Wie Experten jedoch warnen, ist es immer noch eine Herausforderung, mit gleichbleibender Qualität die Art von piezoelektrischem Material (also Aluminiumnitrid-Film) zu fertigen, die Vesper benötigt. "Aluminiumnitrid-Umformer gibt es inzwischen seit einiger Zeit, aber es ist schwierig, einen stabilen Film mit wenig Belastungen gleichmäßig, in hoher Qualität und in großen Mengen herzustellen", sagt Mark Sheplak, Maschinenbau-Professor an der University of Florida, der auf MEMS-Mikrofone spezialisiert ist. Die Qualität des Films habe entscheidende Auswirkungen auf die Eigenschaften der Mikrofone wie Empfindlichkeit und Rauschpegel.

(sma)