Mit Donald Trump ins All

Der US-amerikanische Präsident hat manchen mit seiner Weltraumpolitik überrascht. Ein Überblick.

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Trump bei der Wiedereinrichtung des National Space Council.

(Bild: White House / PD)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Neel V. Patel
Inhaltsverzeichnis

Das Weltraumprogramm der Vereinigten Staaten war bei jeder Präsidentschaftswahl nur eine Fußnote – und das seit Kennedy-Nachfolger Richard Nixon. Nichts – nicht einmal das Space Shuttle oder die Internationale Raumstation (ISS) – konnten eine Präsidentschaft oder eine Ära amerikanischen Lebens so beeinflussen wie es das Apollo-Programm einst getan hatte. Auch diese erste (und möglicherweise letzte) Präsidentschaftsamtszeit von Donald Trump wird nicht über den Weltraum definiert. Dennoch hat der New Yorker Immobilienmogul durchaus Impulse gesetzt, die die Raumfahrtszene erstaunt haben.

Denn noch bevor Trump ins Weiße Haus zog, gab es während seiner Kampagne und von einigen seiner Berater in der US-Weltraum-Community Hinweise darauf, dass seine Regierung ein großes Interesse an NASA und Co. haben würde. Und tatsächlich gab es große Veränderungen. Viele dieser neuen politischen Entscheidungen hatten ihren Ursprung noch vor Trump. Doch seine Regierung beschleunigte Dinge in einer Geschwindigkeit, die das Programm in Jahrzehnten nicht gesehen hat.

Unabhängig davon, ob Trump nun wiedergewählt wird oder nicht, er hatte einen bemerkenswert großen Einfluss auf das Weltraumprogramm. Dieser Einfluss wird über die nächsten vier Jahre spürbar sein, egal, wer sich im Weißen Haus befinden wird. Hier kommen die fünf größten Einflüsse, die Trump auf die amerikanischen Weltraum-Gesetze hatte.

Am 11. Dezember 2017 unterzeichnete Trump die "Space Policy Directive 1", in der die NASA offiziell dazu aufgefordert wurde, mit einem bemannten Programm zu starten, bei dem Astronauten sich wieder auf die Mondoberfläche begeben und ein Fundament für eine anhaltende menschliche Präsenz legen sollten (beispielsweise in Form einer Mondkolonie). Das entstammt Präsident Obamas Anweisungen an NASA, ein Programm aufzubauen, mit dem Menschen schon in den 2030ern zum Mond zurückkehren könnten.

Der neue Plan der Mondmission ist nun, dabei gleich die Architektur zu nutzen, die für den Mars entwickelt wurde, etwa das Space Launch System der nächsten Generation oder die Orion Deep Space Crew Capsule. Anfang letzten Jahres beschleunigte die Regierung den Zeitplan, um bis 2024 auf den Mond zurückzukehren. "Der rote Faden bei vielen der politischen Optionen (...) ist ein Fokus auf Projekte, die auf starke Wählerzustimmung stoßen und die innerhalb von Mr. Trumps vierjähriger Amtszeit als Präsident realistisch abgeschlossen werden können", meldete das "Wall Street Journal" schon 2017. Wenngleich eine Landung im Jahr 2024 in die zweite Amtszeit fallen würde, sollte Trump wiedergewählt werden, würde sie eine maßgebliche Errungenschaft seiner Präsidentschaft darstellen. Die meisten Experten sind sich jedoch darin einig, dass es immer unwahrscheinlicher wird, dass die NASA diesen Zeitplan wird einhalten können.

Es gibt Argumente für den Mond. Wie der amtierende NASA-Chef Jim Bridenstine gern zu sagen pflegt, ist der Mond ein "Erprobungsgelände" für Deep-Space-Missionen an Orte wie den Mars. Man kommt einfacher zum Mond, findet eine schwerelose Umgebung vor, um lebenserhaltende Systeme auszutesten und auch andere Technologien, die für das Leben im All nötig wären. Außerdem könnte es ein Standort sein, an dem Treibstoff für zukünftige Raumschiffe produziert wird.

Während Obamas Präsidentschaft hatten viele Menschen der Weltraumgemeinde den Eindruck, dass es für die Administration "ein großes Problem" war, den Mars direkt anzugehen und dass das bereitgestellte Geld "dermaßen unangemessen" war, dass "quasi nichts erreicht wurde", meint Casey Dreier, Weltraumpolitik-Experte bei der Planetary Society. "Die meinten, die gehen zum Mars, haben dann aber fast nichts zu dieser Anstrengung beigetragen."

Als Obamas Amtszeit sich dem Ende zuneigte, "wurde es sehr deutlich, dass der Mond das Ziel werden müsste", sagt James Vedda, ein Politikberater bei der Aerospace Corporation. "Trump hat das einfach nur offiziell gemacht." Das wird sich nicht ändern, auch dann nicht, wenn es im kommenden Januar einen neuen Chef im Weißen Haus gibt. Das in diesem Jahr veröffentlichte demokratische Präsidentschaftsprogramm legt nahe, dass die Partei ebenfalls zum Mond will, auch wenn sich das unwahrscheinliche 2024-Ziel verschieben wird.

Hier handelt es sich um einen weiteren Trend aus vergangen Präsidentschaften. Das Commercial-Resupply-Services-Programm (das private Unternehmen mit Versorgungsmissionen zur ISS beauftragte) nahm seinen Anfang unter George W. Bush und reifte unter Obama. Der Erfolg dieses Programms half dabei, Unterstützung für das "Commercial Crew Program" (CCP) unter Obama zu sichern (als Joe Biden Vizepräsident war), das den Space-Shuttle-Service durch kommerzielle Raumfahrzeugen ersetzte, die von SpaceX und Boeing entwickelt wurden und Astronauten zur Raumstation bringen können.

Nach einigen Verspätungen – während derer zum Unwohlsein der NASA die Russen aushelfen mussten –, erreichte CCP im Mai endlich sein Ziel, als SpaceXs Crew-Dragon-Raumschiff Astronauten zur ISS brachte. CRS oder CCP sind nicht Trumps Verdienst, wohl aber, dass deren Pläne für das gesamte Weltraumprogramm angewandt werden (auch wenn der CCP-Erfolg noch aussteht). Trump hat die Kommerzialisierung des Erdorbits begrüßt.

"Zu sehen, wie [CRS und CCPS] sich wirtschaftlich so erfolgreich entwickeln, führt auch dazu, dass die NASA [diese Kommerzialisierung] auch angeht und einsetzt, wo es nur möglich ist", sagt Dreier. NASA will Mondgestein von privaten Unternehmen kaufen, außerdem geowissenschaftliche Bilder von kommerziellen Satelliten, die ISS für private Besucher öffnen und Privatunternehmen auf den Mond bringen.

Dreiers Ansicht nach wird die große Frage sein, ob der Erfolg, Menschen mit kommerziellen Partnern auf die Raumstation zu senden, auch in Gebieten erreicht werden kann, die noch nicht erprobt sind. Ein kommerzielles Unternehmen ist noch nie auf dem Mond gelandet – und doch wird in weniger als vier Jahren genau das von einem kommerziell gebauten Landemodul erwartet, mit Astronauten an Bord. Die Trump-Regierung hat die Dinge in den Turbo-Modus versetzt, was zu einem Boom an neuen Aktivitäten und Möglichkeiten im kommerziellen Sektor geführt hat. Bedenkt man aber, wie unbeständig Weltraumreisen sind, könnte eine neue Regierung beschließen, diesen Ansatz zu verlangsamen, um stattdessen die Sicherheitsprüfungen zu stärken.

Der Aufstieg Chinas und die Verschlechterung der Beziehungen zu Russland, die einzigen anderen echten Weltraummächte, die den USA Konkurrenz machen könnten, sind auf beiden Seiten der politischen Lager eine Sorge für US-Funktionäre. Das Konfliktpotential im Orbit ist mit der Zeit gewachsen. Die Antwort der Trump-Regierung? Space Force. Das klingt zwar ein bisschen wie aus einem Comic-Buch der Fünfzigerjahre, aber im Grunde handelt es sich um einen einprägsamen Weg, um sicherzustellen, dass genug Aufmerksamkeit und Ressourcen sich der Überwachung der Erdumlaufbahn widmen. Auf diese Weise sollen Bedrohungen entdeckt und US-Eigentum vor An- und Eingriffen geschützt werden. Die Luftwaffe kann sich so auf die Erde konzentrieren.

Nicht jeder hält das für eine gute Idee. Ein Hauptargument gegen die Space Force ist, dass die Organisation nichts leisten würde, was die Air Force nicht schon im Griff gehabt hätte. Zwar werden diese Operationen unter demselben Dach reorganisiert, doch kommen damit auch neue Hierarchie- und Bürokratieebenen hinzu. Wie Michael O'Hanlon von der Brookings Institutions argumentiert hat: die Einrichtung eines kleinen US-Weltraumkommandos, das die militärischen Weltraumoperationen im Griff behält, war sinnvoll; die einer aufgeblasenen Space Force ist es nicht. Sowohl Demokraten und Republikaner hatten längere Zeit darüber nachgedacht, so eine Organisation einzurichten, erklärt Vedda. Er sieht Trumps tatsächlichen Einfluss darin, dass er diesen Zeitplan um ein Jahrzehnt beschleunigt und die Unternehmung permanent gemacht habe. Es gibt nun keine realistische Möglichkeit mehr, Space Force aufzulösen, selbst wenn eine neue Regierung das wollen würde (und die Biden-Kampagne hat keinen Hinweis darauf gegeben, dass sie das versuchen würde). Zunehmende Anti-Satelliten-Aktivitäten von Russland haben verdeutlicht, dass Konflikte im Weltraum sich in Zukunft zuspitzen könnten. Space Force mag albern klingen – aber sie wird wahrscheinlich Teil des US-Militärs bleiben.

Es ist kein Geheimnis, dass Trump während seiner gesamten Amtszeit darum bemüht war, die Arbeit der NASA in der Klimawandelforschung zu beenden. Die Regierung versuchte sowohl das CO2-Überwachungssystem der Weltraumbehörde zu beseitigen als auch die "Orbiting Carbon Observatory 3"-Mission. Noch immer versucht sie, die ozeanstudierende "PACE"-Mission und die den Klimawandel beobachtende "CLARREO"-Mission abzubrechen. Die National Oceanic and Atmospheric Administration leidet unter Kürzungen der Finanzierung für sein Umwelt-Satelliten-Programm.

Trump hat nicht die geowissenschaftlichen Beobachtungen, die aus dem All stattfinden, abgeschafft, aber er hat deren Möglichkeiten reduziert, indem er eingeschränkt hat, wie die Daten verwendet werden dürfen. In einer Zeit, in der der Klimawandel immer stärker voranschreitet, sollten solche Programme erweitert werden. Stattdessen hat die Trump-Regierung beschlossen, aus dem Paris-Abkommen auszutreten und Treibhausgas-Emissionen nicht einzuschränken.

Die Wiedereinrichtung des NSC ist eine Errungenschaft Trumps, die kaum bekannt ist. Die Behörde bestand seit 1993 nicht mehr und bringt Funktionäre verschiedener Regierungsbereiche zusammen (zum Beispiel aus der nationalen Sicherheit, der Energie, dem Wirtschaftsektor und dem Transportwesen). Hier wird das US-Weltraumprogramm in großen Linien zu besprechen.

Die Raumfahrt betrifft sehr viele verschiedene Bereiche, doch Vedda argumentiert, dass Menschen dazu neigen, sich nur auf einen zu spezialisieren, was es schwieriger macht, Dinge zu berücksichtigten, die außerhalb ihrer eigenen Expertise liegen. "Probleme können hier schnell durchs Raster fallen", sagt er. "Der National Space Council stellt sicher, dass das nicht passiert".

Dass sich die Trump-Regierung dafür entschlossen hatte, den Ausschuss wieder ins Leben zu rufen, war ungewöhnlich. Dies wurde dadurch begünstigt, dass Vizepräsident Mike Pence (der den Vorsitz innehat) ein großes Interesse am Weltraum hat. Dies hatte eine überraschende Wirkkraft, um die Richtung der US-Weltraumpolitik vorzugeben. Hier werden Diskussionen aller Bereiche zusammengebracht, von der möglichen Zusammenarbeit zwischen dem Militär und der NASA, über Satelliten-Regulierung bis hin zu Kommunikationsstandards für zukünftige Technologien oder Energie-Experimente. Es ist nicht klar, ob Biden den Ausschuss weiterführen würde. Funktionäre aus dem ganzen Land kamen kürzlich zusammen, um das durchzuspielen – ein hypothetisches Planspiel, bei dem überlegt wurde, wie man unter Biden arbeiten würde. Doch falls seine Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris kein Interesse zeigen sollte, könnte es damit leicht wieder vorbei sein.

(bsc)