Mit Hirnstimulation das Rauchen aufgeben

Rauchen ist eine Sucht und entsprechend schwierig ist das Aufhören. Eine neue Studie belegt nun, dass Transkranielle Magnetstimulation Entzugswilligen hilft.

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(Bild: Luke Malic / Unsplash)

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Unterstützungsmethoden für Menschen, die mit dem Rauchen aufhören wollen, gibt es viele: Nikotinkaugummis und -pflaster oder sogar Hypnose sind nur die seriöseren. Aufhören ist allerdings eine vielversprechende Idee, denn allein 2018 sind in Deutschland etwa 85.000 Menschen als Folge des Rauchens an Krebs erkrankt und 127.000 an den Folgen des Rauchens gestorben. Leider empfindet unser Gehirn den Konsum von Nikotin jedoch als angenehm – das Nikotin überflutet unser internes Belohnungssystem mit Dopamin. Das löst ein Wohlgefühl aus, auf das unser Gehirn nur sehr ungern verzichten möchte.

Forschende aus den USA und Israel haben nun in einer großen Studie untersucht, ob Transkranielle Magnetstimulation (TMS) Rauchern helfen kann, das Gehirn auszutricksen. Neu ist die Idee nicht – bereits 2013 erregte eine Studie der Medical University of South Caroline in Charleston Aufmerksamkeit und weitere Studien folgten. Allerdings haben diese Studien bislang nur wenige Probanden in ihre Untersuchungen eingeschlossen. In Charleston waren es gerade einmal 16 Teilnehmende. Das liefert zwar Hinweise, aber keine belastbaren Beweise dafür, dass die Methode wirkt.

Bei der Transkraniellen Magnetstimulation wird das Gehirn von außen durch die Schädeldecke angeregt. Eine Magnetspule erzeugt kurze Magnetfelder. Diese Spule wird an der Stelle über den Kopf gehalten, an der der Gehirnbereich liegt, der aktiviert werden soll. Dort löst das Magnetfeld nach dem Prinzip der elektromagnetischen Induktion einen kleinen Strom im Hirngewebe aus. Da Nervenzellen elektrische Impulse verarbeiten, wirkt die TMS direkt auf die Informationsverarbeitung der Nervenzellen. Die Methode existiert seit etwa 30 Jahren und wird bereits seit 20 Jahren therapeutisch eingesetzt.

Die Transkranielle Magnetstimulation ist eine nicht-invasive Methode, tiefergelegene Gehirnregionen zu erreichen.

(Bild: ©DGKN/A. Zangen/Brainsway Inc., Jerusalem, Israel)

Für die Rauchentwöhnungs-Studie haben die Forschenden eine spezielle Form der TMS eingesetzt, die das Gehirn großflächig in den Bereichen aktiviert, in denen vermutlich das Suchtverhalten des Menschen verankert ist. In den Frontallappen des Gehirns sitzen die Regionen, die jede Art von Kontrolle ausüben. Die Signale werden in tieferen Zonen des Gehirns verarbeitet. Durch die magnetisch induzierten leichten Ströme soll die Erregbarkeit des Suchtzentrums reduziert werden und damit das Verlangen der Sucht zurückdrängen. Wie das genau funktioniert, ist jedoch nicht klar.

Insgesamt haben 262 Menschen an der Studie teilgenommen, die mindestens schon einen Versuch hinter sich hatten, sich das Rauchen abzugewöhnen. Die eine Hälfte der Teilnehmenden wurde tatsächlich, die andere nur zum Schein mit TMS behandelt. Nach sechs Wochen Behandlung ist die Abstinenzrate bei den Probanden mit TMS mit 28 Prozent mehr als doppelt so hoch, wie bei der Vergleichsgruppe. Ein erstaunlich deutliches Ergebnis, das dazu geführt hat, dass die amerikanische Zulassungsbehörde FDA, die Therapie auf Basis der Studie anerkannt hat.

Da die TMS bereits für die Behandlung von unterschiedlichen psychiatrischen Erkrankungen zugelassen ist, war das nur ein kleiner Schritt im Zulassungsprozess. Bereits seit 2008 darf TMS in den USA gegen Depressionen eingesetzt werden. In den Folgejahren kamen Zulassungen gegen verschiedene Migräneformen und Zwangserkrankungen hinzu. In Deutschland ist der Einsatz der Methode zwar grundsätzlich möglich. Die Kosten dafür werden von den Krankenkassen allerdings in der Regel nicht übernommen.

Ein Garant für dauerhafte Abstinenz gegenüber Zigaretten ist die Behandlung mit TMS allerdings nicht. Je größer der zeitliche Abstand zu den Behandlungen wurde, desto mehr Probanden wurden rückfällig. Ob sich das Abschwächen der Wirkung mit Booster-Behandlungen auffangen lässt, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Da die TMS die Resilienz des Gehirns gegenüber dem Suchtmittel erhöht, aber keine spezifische Anti-Nikotin-Wirkung hat, ist auch denkbar, dass die Methode bei anderen Abhängigkeiten – etwa von Alkohol oder Opiaten – helfen kann.

(jsc)