Möbelkauf mit erweiterter Realität

Das Start-up Vizera hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich realistische Oberflächen auf Objekte in einem Raum projizieren lassen. Das soll verbesserte Shoppingerlebnisse ermöglichen.

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Von
  • Rachel Metz

Das Start-up Vizera hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich realistische Oberflächen auf Objekte in einem Raum projizieren lassen. Das soll verbesserte Shoppingerlebnisse ermöglichen.

In einem abgedunkelten Raum im hinteren Bereich eines kleinen Möbelgeschäftes südlich des Flughafens von San Francisco steht ein Sofa, dessen Farbe und Musterung sich ständig verändern. Erst ist es rot, dann blau, dann beige und schließlich grau, weiß oder grün gemustert.

Das Sofa selbst ist ganz real, man kann seine Kissen berühren – doch der Trick mit der Oberflächenveränderung wird mit Hilfe einer Augmented-Reality-Technik erzeugt, die Stoffmuster auf das Möbelstück projiziert, das in Wahrheit in einem langweiligen Grauton gefertigt ist.

Hinter dem Verfahren steckt die Firma Vizera Labs, deren Gründer an eine Zukunft glauben, in der gewöhnliche Ladengeschäfte durch kleinere, billigere und einfacher eingerichtete Räumlichkeiten ersetzt werden. In denen würden dann statt eines reichhaltigen Inventars nur wenige Ausstellungsstücke stehen, auf die sich verschiedene virtuelle Designs projizieren lassen.

Der Vorteil wäre nicht nur die Kostenersparnis. Kunden könnten auch eine bessere Vorstellung davon bekommen, wie ein Muster oder eine Farbe an einem Produkt aussieht. "Sie können immer noch die Stoff- und Ledermuster anfassen, es gibt also keine Nachteile in Sachen Anfassbarkeit", sagt Vizera-Mitbegründer Ali Cevik.

Bislang steht die Technik des Start-ups nur in einer Handvoll von Möbelgeschäften. Einige zahlen eine Abogebühr für die Hardware und die projizierten Musterbilder. Zwei der Läden befinden sich in der türkischen Heimat von Cevik und seinem Mitbegründer Mert Kücük, drei in den Vereinigten Staaten. Zu den Teilnehmern gehört auch die französische Designermöbelkette Ligne Roset mit ihrem Laden in San Francisco. Auch in Paris soll die Technik bald installiert werden.

In dem kleinen Laden in Burlingame nahe dem Flughafen von San Francisco kann man ein iPad zur Steuerung verwenden. Damit schaltet man zwischen verschiedenen, realistisch wirkenden Bezugsoptionen um, die über einen Overhead-Projektor auf die Möbelstücke geworfen werden.

Damit das funktioniert, fertigt Vizera zunächst einen 3D-Scan des Produktes an und verwendet dann eine Software, mit der sich das daraus ergebende Modell in Teile zerlegen lässt, ähnlich wie ein Polsterer einen Bezug herstellt. Vizera digitalisiert anschließend verschiedene Bezüge aus Stoff und Leder mit Hilfe eines Scanners. Dabei sollen die Muster so weit wie möglich dem Original entsprechen.

Anschließend wird das 3D-Modell verwendet, um das Möbelstück virtuell mit dem 3D-Überzug zu beziehen. Daraus werden dann Tiefen- und Skalierungsinformationen gewonnen, um festzulegen, was der Projektor genau auf die Möbelstücke werfen muss, um einen realistischen Eindruck zu erzielen. Eine angeschlossene Kamera dient zum Abgleich.

Die Technik ist bereits in ihrer jetzigen Form durchaus beeindruckend, doch perfekt ist sie noch nicht. Das Sofa in Burlingame präsentierte sich nicht ganz korrekt ausgerichtet, auch nachdem Kücük die Daten erneut mit dem Vizera-Server abgeglichen hatte. Würde man ein punktgenau auf dem Möbel platziertes Zusatzkisten verschieben, hätte das ebenfalls unangenehme optische Folgen.

Trotzdem kommt die Technik bei den Kunden gut an. Elnaz Davoudi, Möbelberaterin in Burlingame, meint, das Vizera-Verfahren helfe dabei, ihnen das tatsächliche Aussehen ihres Wunschsofas näherzubringen. Und die Stoff- und Lederauswahl sei häufig das Hauptproblem bei der Produktauswahl – Kunden fragten sich lange, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hätten. "Die Technik sorgt nun dafür, dass das keine Rolle mehr spielt und das ist wirklich nett", sagt Davoudi. (bsc)