Navigation ohne GPS: Hybrid aus Funk und Glasfaser ist zentimetergenau

Niederländische Forscher haben ein kombiniertes System aus Funk- und Glasfasernetzwerk entwickelt, das selbst in dicht bebauten Gegenden funktioniert.

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(Bild: Shutterstock/Peshkova)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Mit Satellitensystemen wie Galileo, GPS oder BeiDou lässt sich eine Position meistens auf etwa fünf, technisch sogar bis auf einen Meter genau bestimmen. Doch in Häuserschluchten von Metropolen, Tunneln oder Innenräumen wird nicht selten der Kontakt zu mindestens vier Satelliten unterbrochen, die Signalqualität und damit die Präzision schwindet. Eine Alternative schlagen nun Jeroen C. J. Koelemeij von der Freien Universität Amsterdam und seine Kollegen von der Technischen Universität Delft vor. Mit terrestrischen Sendestationen von Mobilfunknetzen könnten auch Positionen in Städten – zuerst rein theoretisch – auf mindestens zehn Zentimeter genau bestimmt werden. Ein Testlauf dieser Technik auf dem Delfter Unicampus bestätigte diese Leistungsfähigkeit.

Grundlage der Ortungstechnik bildet – wie in den Satellitensystemen auch – die Laufzeit eines von einem Empfänger empfangenen Signals. Für eine hohe Datenrate nutzen Mobilfunknetze dabei Multiplexverfahren, mit denen mehrere Signale auf einer Trägerfrequenz gebündelt werden können. Sind die Orte von Mobilfunksendern exakt bekannt, können die Funkwellen der 4G- und 5G-Netze auch für die Positionsbestimmung genutzt werden. Bei einer ausreichenden Dichte an Sendern ist es selbst in engen Straßenschluchten von Großstädten möglich, in direkter Linie mit einem Empfänger in Kontakt zu stehen. Aber auch Signal-Reflexionen an Gebäuden ließen sich in den Laufzeit-Berechnungen mit berücksichtigen.

Doch allein das Senden und Empfangen von Signalen mit Gigahertz-Frequenzen und großen Bandbreiten von etwa 160 Megahertz reichen nicht aus. Zusätzlich müssen alle Sendestationen zeitlich synchronisiert sein, um die Laufzeiten der Funksignale und damit eine Position genau bestimmen zu können. Denn schon eine Nanosekunde Abweichung verursacht einen Positionsfehler von etwa 30 Zentimetern. Dieses Problem lösten Koelemeij und Kollegen mit einer optischen Datenverbindung der Sendestationen über ein Glasfasernetz. Ein solches Hybrid-Netzwerk mit Funk- und Glasfaserverbindungen erlaubt theoretisch eine Ortsbestimmung auf nur wenige Zentimeter genau.

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Dieses Konzept setzten die Forschenden auch in die Praxis um. Auf einem 660 Quadratmeter großen Areal verteilten sie sechs Sendestationen. Über ein lokales Glasfaser-Netzwerk wurden diese Stationen mit einem einheitlichen Zeitsignal miteinander synchronisiert. Das Funknetz für den direkten Kontakt zu einem Empfänger gründete auf einer Trägerfrequnez von 3,96 Gigahertz und einer effektiven Bandbreite von 160 Megahertz. Erste Testläufe mit diesem Aufbau ermöglichten eine exakte Positionsbestimmung mit nur kleinen Abweichungen von weniger als fünf Zentimetern.

So zeigt dieses Konzept, dass auch in eng bebauten Innenstädten eine extrem genaue Navigation möglich ist. Aber ob in Zukunft Glasfasernetzwerke abertausende Sendestationen miteinander für den Austausch eines synchronisierenden Zeitsignals verknüpft werden, lässt sich heute noch nicht sagen.

(jle)