Opioid ohne Nebenwirkungen

Ein neuer Wirkstoff verspricht, Schmerzen zu stillen, ohne Nebenwirkungen zu verursachen. Mediziner der Berliner Charité haben dazu das weit verbreitete Opioid Fentanyl modifiziert.

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Von
  • Marco Lehner
Inhaltsverzeichnis

Opioide werden bei besonders starken Schmerzen und für die Narkose bei Operationen eingesetzt. Die erwünschte schmerzstillende Eigenschaft wird leider von schweren Nebenwirkungen, wie Depressionen und Angststörungen, begleitet. Medizinern an der Charité Berlin ist es nun gelungen, einen Wirkstoff herzustellen, der keine Nebenwirkungen besitzt.

Die Nebenwirkungen werden vermieden, indem der neue Wirkstoff nur in entzündetem Gewebe wirkt. Zunutze gemacht haben sich die Forscher den Umstand, dass dort ein niedrigerer pH-Wert herrscht als in gesundem Gewebe. Die Ursache ist eine höhere Menge an den positiv geladenen Protonen. Die Wissenschaftler haben das Schmerzmittel nun so designt, dass es erst bei dieser höheren Protonen-Menge seine Wirkung entfaltet.

Dazu haben sie zunächst das weit verbreitete Opioid Fentanyl modifiziert, indem sie einige von seinen Wasserstoffatomen durch Fluoratome ersetzten. Die Fluoratome ziehen Protonen aus der Umgebung an. Erst ab einer gewissen Protonenkonzentration im Umfeld binden sich diese an die Fluoratome. Die Opioide mit Fluoratomen können nur nach der Protonierung an die Rezeptoren für Opioide binden.

Das Besondere bei der Entwicklung: Das Molekül wurde zuerst am Computer entworfen. Die Forscher haben verschiedene Szenarien mit verschiedenen Molekül-Designs durchgespielt bis schließlich der passende Bauplan des Wirkstoffs vor ihnen lag.

Im darauf folgenden Laborversuch an Ratten wurde die Simulation bestätigt. Eine Gruppe von Ratten, deren Hinterpfoten entzündet waren, wurde der neue Wirkstoff verabreicht, der Kontrollgruppe Fentanyl. Beide Gruppen hatten weniger Schmerzen an den entzündeten Pfoten. Fentanyl führte jedoch zu Nebenwirkungen wie Verstopfung, Trägheit und bei hohen Dosierungen Atemstillstand. Bei den Ratten mit dem neuen Wirkstoff blieben Nebenwirkungen aus, auch macht der neue Stoff nicht mehr süchtig.

Bis das Medikament auf den Markt kommen kann, muss es noch toxikologisch getestet werden, bevor Versuchsreihen an Menschen starten können. Bis zur Marktreife werden noch mindestens fünf Jahre vergehen.

Die Forscher vermuten, dass in Zukunft mehr Medikamente krankheitsspezifisch entwickelt werden können, die nicht mehr im gesunden Rest des Körpers wirken. Sie gehen davon aus, dass ihre Erkenntnisse sowohl auf andere Schmerzarten als auch auf die allgemeine Rezeptorforschung übertragen werden könnte. (jle)