PFAS: Eine einfache Lauge könnte die ewigen Chemikalien abbauen

PFAS haben die planetaren Belastbarkeitsgrenzen überschritten. Die gute Nachricht: Es gibt eine neue Methode, die ewigen Chemikalien zu zerstören.

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Die Teflonschicht stößt dank PFAS alles ab.

(Bild: Shutterstock)

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Sie stecken in der Outdoorjacke ebenso wie im Teppichboden, der beschichteten Pfanne, dem Feuerlöschschaum oder dem Skiwachs. Sie schützen Pizzakartons vor dem Durchweichen, Elektronikkabel davor, in Brand zu geraten, und machen Autositze unempfindlich gegen Flecken: Per- und Polyfluoralkylsubstanzen, kurz PFAS. Diese Chemikalien bestehen aus Kohlenwasserstoffketten, bei denen an mindestens einem Kohlenstoffatom die Wasserstoffatome vollständig durch Fluor ersetzt sind.

Sie sind so verführerisch für die Konsumgüter-Industrie, weil sie wasser-, fett- und schmutzabweisend, feuerhemmend, extrem stabil und damit sehr widerstandsfähig auf Oberflächen sind. Aber leider behalten sie diese Eigenschaften auch, wenn niemand sie mehr braucht, wenn sie von den Gebrauchsgegenständen oder aus den Industriebetrieben in die Natur gelangen.

4.730 Substanzen dieser Familie hat die OECD identifiziert und in regelmäßigen Abständen setzen Behörden wie die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA oder das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) die zulässigen Grenzwerte für PFAS in Trinkwasser, Oberflächengewässern und Böden herab. Diverse Experten sehen die Stoffgruppe sogar in der gleichen Kategorie wie DDT oder PCB.

Bereits 2015 hat Greenpeace PFAS an den entlegensten Orten der Welt nachgewiesen – in unberührtem Schnee auf 5.000 Metern Höhe oder in Bergseen. Eine in der Zeitschrift "Environmental Science & Technology" kürzlich veröffentlichte Studie der Universität Stockholm und der ETH Zürich legt nun nahe, dass PFAS bereits die planetarische Belastungsgrenze überschritten haben.

"Basierend auf den neuesten US-Richtlinien für PFOA im Trinkwasser würde Regenwasser überall als nicht trinkbar eingestuft werden. Obwohl wir in der industriellen Welt nicht oft Regenwasser trinken, erwarten viele Menschen auf der ganzen Welt, dass es sicher zu trinken ist, und es versorgt viele unserer Trinkwasserquellen", sagt Ian Cousins, der Hauptautor der Studie und Professor am Institut für Umweltwissenschaften der Universität Stockholm.

Das Team der schwedischen Universität hat in den letzten zehn Jahren den Transport von PFAS in der Atmosphäre untersucht. Die Forschenden haben festgestellt, dass die Konzentrationen der untersuchten PFAS in der Atmosphäre nicht merklich zurückgehen, obwohl beispielsweise 3M, einer der großen Produzenten, die Produktion der Chemikalien bereits vor zwei Jahrzehnten eingestellt hat.

Bislang galten die Chemikalien als so gut wie unzerstörbar. Auch in der Natur werden sie nicht abgebaut. Die "Washington Post" verlieh ihnen daher 2018 den Spitznamen "Forever Chemicals" – ewige Chemikalien. Da PFAS in den letzten Jahren zunehmend in das Bewusstsein vorgerückt sind, hat sich auch die Forschungslandschaft mit ihrem Abbau beschäftigt. Viele der Verfahren sind komplex, energieintensiv und weder technisch noch aus Kostengründen für flächendeckende Sanierungen geeignet. Aber nun haben Forschende der Northwestern University im US-amerikanischen Evanston eine einfache Methode entwickelt. Mit einer Mischung aus Lauge und Lösungsmittel ist es ihnen gelungen zumindest einige PFAS-Verbindungen zu zerstören.

Sie kombinieren das Lösungsmittel Dimethylsulfoxid (DMSO) mit Natriumhydroxid in Wasser, brachten die Mischung zum Kochen und beobachteten, dass sich in dieser Lösung eine PFAS-Untergruppe abbaute. Die PFAS-Gruppe, die die Forschenden untersucht haben, gehört unter Umweltaspekten zu den Bedeutsamsten. Sie stellt etwa 40 Prozent aller PFAS. Sie sind in Feuerlöschschäumen enthalten, sowie in Antihaftbeschichtungen. Das für den Abbau entscheidende Kriterium bei diesen PFAS ist, dass sie organische Säuren sind. Das DSMO spaltet die Säuregruppe ab und daraufhin zerfällt das gesamte Molekül.

Zurück bleiben laut den Forschenden lediglich leicht abzufangende Fluor-Ionen und eine Mischung aus harmlosen, natürlich vorkommenden kohlenstoff- und sauerstoffhaltigen Nebenprodukten. Die Forschenden schlagen vor, die Chemikalien auf konventionellem Weg aus Trink- oder Abwasserströmen zu filtern und nachträglich zu zerstören.

(jsc)